"Protokolle"-Plag (Schauungen & Prophezeiungen)

Ulrich ⌂, München-Pasing, Donnerstag, 25.10.2012, 08:38 (vor 4194 Tagen) @ throne (6426 Aufrufe)

Hallo throne,

ich würde mir gerne nachvollziehbar erklären lassen, wie es möglich sein kann, dass sich der Inhalt eines Stapels gefälschter Papiere von 1897 mit jedem Tag mehr zur Realität verdichtet ...
Das grenzt für mich an Zauberei oder außerordentliche Sehergabe.

weder noch, wenn man die Entstehungsgeschichte berücksichtigt: Es handelt sich weniger um eine "Fälschung" als um ein Plagiat. Wenn 160 Text-Passagen, das sind 40 % des Umfangs der "Protokolle", teilweise wörtlich mit Maurice Joly's "Dialogue aux enfers entre Machiavel et Montesquieu ou la politique de Machiavel au XIXe siècle, par un contemporain" übereinstimmen, dann wäre doch eher zu klären, woher Joly seine hellsichtige Vorahnung der zukünftigen kollektiven Entwicklung bezog.

Zu den Quellen und Vorläufern der "Protokolle", die allerdings noch nicht im Kontext einer angeblichen Weltverschwörung standen, findest Du einen lesenswerten Vortrag von Michael Tilly:
http://www.kgkw.de/Vortrag_Tilly.pdf

Vom "Echtheitsbeweis wegen Übereinstimmung mit der Realität" war auch Henry Ford zunächst überzeugt, über den Tilly urteilt: "Fords Behauptungen sind immun gegen jede vernünftige Argumentation". Das gilt ja nunmal für Glaubenssätze aller Art.
Letzlich hat Ford sich jedoch in einem öffentlichen Brief entschuldigt und seine Behauptungen widerrufen.

...und wie ein Herr Pike um 1907 von 3 Weltkriegen faseln konnte, wo der Erste noch nicht mal angefangen hatte.

zum Tonnen-Bewohner Pike hatte Taurec einen Dreizeiler verfasst, der Deine Frage eigentlich beantwortet:
https://schauungen.de/forum/index.php?id=11797

Wenn es ausführlicher sein soll, empfehle ich die Lektüre von Konrad Hausner's Recherche:
http://www.theintelligence.de/index.php/wissenschaft/geschichte/4152-drei-weltkriege-1871-von-hochgrad-maurer-albert-pike-vorhergesagt.html

Die Zeit des Vermögens, eine Sache mittels rationalem Verstehen beurteilen zu können, scheint vorüber.

Wenn das keine Ironie war, dann waren die drei Links uberflüssig.

Gruß,
Ulrich


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