Antwort @Johannes, in Sachen Freigeld et cetera
Geschrieben von NoPasaran am 12. Februar 2005 13:32:06:
Hallo Johannes,
das hier kommt als sozusagen Antwort auf dieses Prophforums-Posting deinerseits.
Und das ist jetzt wahrscheinlich etwas länger geraten - kommt drauf an, wie man lang definiert. Schau' mer mal .....
Ein paar Dinge vorweg, weil sie Kontext bilden:
Erstens mal bin ich überzeugt, daß dieses System, in dem wir da so vor uns hinrödeln, inzwischen nicht mehr sehr weit vom dem Punkt entfernt ist, wo's endgültig krachen geht. Wieso ich das glaub', das kommt noch. Und dann, zweitens, halt' ich dieses Geschehen - Weltwirtschaftscrash zum Quadrat - in ein weitaus umfassenderes eingebettet, das zu tun hat mit der ganzen Geschichte Kampf Licht gegen Finsternis, beziehungsweise daß wir relativ kurz vor dem Punkt stehen dürften, wo die Finsternis zwar einmal noch so richtig einen losmachen wird, aber danach ist dann einmal bis auf weiteres Ruhe im Karton, denn dann wird Satanas erdgebunden sein, und mit ihm alle, die in der Zeit der Bedrängnis das Malzeichen des Tieres angenommen hatten, denn die werden in das, was da dann ist, a.k.a. das tausendjährige Friedensreich, nicht reininkarnieren können - und das ist nicht so empfehlenswert, wie ich das einschätz': Das ist schon verdammt nahe am Abgrund.
Wie auch immer - keine Ahnung, wie diese Sachen bei Dir ankommen -, das ist für mich die zentrale Thematik, mit der wir alle konfrontiert sind - ich nehme an, daß es nicht mehr allzu lang dauern wird, bis das, zumindest bei den Leuten, die da eine einschlägige Antenne haben, klarer werden wird - in die eine Richtung oder die andere. Und jegliche andere Problematik ist in die eine eingebettet und läßt sich imho nur in deren Kontext vernünftig erklären und einordnen.
Was man - wie legitim auch immer - auch sehen könnte als "kräftiger Beziehungswahn, den der Junge da hat". Ja mei. Ich kann nur, unter Aufbietung aller intellektuellen Ehrlichkeit, die mir zugänglich ist und/oder derer ich fähig bin, die Ergebnisse der Auswertung dessen, was ich erlebt hab', weiterzureichen versuchen, die Erlebnisse selbst sind, qua ihrer selbst, eben leider äußerst subjektiv.
(Ich wollt' da mal für's Reli-Forum schreiben - ist zu nicht ganz der Hälfte als schon etwas elaborierterer Entwurf fertig, aber o mei again, es ist definitiv ein Zeitproblem .....)
Also: Die Wirtschaftsthematik ist Teil eines weitaus größeren Geschehens. Dann: Im Unterschied zu dem, was in meinen Augen sozusagen 'echte' Wissenschaften sind, speziell die Naturwissenschaften, noch spezieller Physik, wovon ich doch ein bißchen Ahnung hab', ohne allerdings irgendeinen akdemischen Titel zu haben, weiß ich von der ganzen Kiste "Ökonomie" als (pseudo-)wissenschaftlicher Systematik relativ wenig. Der Punkt ist der, daß ich die 'Wirtschaftswissenschaften' für einen Witz halte, und zwar einen etwas merkwürdigen. Was ich damit meine, ist folgendes: Es gibt, dessen bin ich mir hübsch sicher, obwohl ich das durch keinerlei - vermutlich am ehesten auf dem Gebiet der Soziologie möglicherweise zu findenden - Fakten belegen kann, unter den führenden 'Wirtschaftswissenschaftlern' einen umfassenden Konsens, daß es nur ein Wirtschaftssystem gebe/geben könne, daß imstande sei, wirklich zu funktionieren, und das sei der Kapitalismus. Das aber ist, angesichts der Zustände auf diesem Planeten, entweder Ideologie und/oder Lüge, oder aber grottenschlechte Wissenschaft. Oder ein Mix aus beiden. Der Punkt ist nicht, daß ich hier dem Marxismus das Wort reden will, denn die These, daß das nicht funktioniert, kann man als verifiziert, und somit das Marx'sche Modell als flasifiziert betracheten, wissenschaftliches Vorgehen im Popper'schen Sinne. Der Punkt ist vielmehr, daß es da sehr wenig Raum gibt im gängigen wirtschaftswissenschaftlichen Kosmos für Gedanken über Alternativen zum bestehenden System, das ist sehr erfolgreich diffamiert worden.
Ich halte detailliertes Wissen innerhalb des gängigen 'wirtschaftswissenschaftlichen Kosmos' für nicht zwingend, aber potentiell doch schon eher hinderlich, was das über-den-Tellerrand-des-gängigen-wirtschaftswissenschaftlichen-Kosmos-hinausblicken betrifft. Die Tatsache, daß zum Beispiel mathematische Modelle und/oder Methoden wie Statistik, Spieltheorie, Computersimulationen et cetera zum Einsatz kommen, verleiht der Sache noch nicht den Rang der Wissenschaftlichkeit. Nicht dort, wo's um's wirklich Eingemachte geht, nämlich darum, wieso es periodisch immer wieder zu katastrophalen Zusammenbrüchen kommt, wieso die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufklafft, sowohl hier bei uns als auch in internationaler Hinsicht, warum - letzlich - immer noch etwa dreißig Menschen pro Minute an Hunger verrecken, tausendachthundert pro Stunde, dreiundvierzigtausendzweihundert pro Tag, und so weiter, und das der Tatsache zum Trotz, daß wir seit schon fast einem halben Jahrhundert imstande wären, das ein für allemal abzustellen - es steht auf der politischen Prioritätenliste ziemlich weit unten, und das hat mit handfesten wirtschaftlichen Interessen zu tun. Für den Fakt daß überhaupt, dafür gibt's übrigens eine sehr hochkarätige Studien.
Wie grandios dieser Beschiß ist, ist mir anläßich der letzten Nobelpreisverleihungsrunde plötzlich klargeworden, da bin ich echt Lade bei Fuß gestanden. Nobelpreise ? Das war doch - ah ja, Medizin, Literatur, Wirtschaftswissenschaften, Frieden, Physik und Chemie, oder ?
Schnecken, wie man auf gut österreichisch zu sagen pflegt: Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften hat nichts mit Alfred Nobel zu tun, außer daß dafür der Name gekrallt wurde, gestiftet wurde das Kapital, aus dem das Preisgeld rentiert, von einem erlauchten Bankenkonsortium, womit die Sache jetzt endgültig hofnarrenfähig ist. That's real big time P.R., folks .....
Nämlich: Hör' dir mal den Schwachsinn an, den zum Beispiel der Herr Hans-Werner Unsinn vom Münchner ifo-Institut so absondert. Der ist so kraß, daß sogar schon andere Ökonomen sagen, daß da wohl was daneben sei. Ader der Mann gilt als Koryphäe, mit Publikum: Guido Westerwelle liebt ihn - nein, nein, nicht wörtlich zu nehmen. Kommentar von der Abteilung Schandmaul: Das letzte, was zu vernehmen sein wird, bevor's diesen Planeten endgültig zerlegt, wird sein die Stimme eines Experten, der da sagt: "Das ist absolut unmöglich !".
Ich will damit nicht wirtschaftswissenschaftliche Ansätze in Bausch und Bogen verdammen, das sicher nicht: Aber so, wie das Ding heutzutage positioniert ist, halt' ich es eher für getarnte Ideologie denn für Wissenschaft.
Man sieht nur mit dem Herzen gut (Antoine de Saint-Exupéry). Meiner Erfahrung nach ist Erkenntnis etwas, was nur-intellektuell nicht zu bekommen ist. Erkenntnis beinhaltet Input von Hirn, Bauch und Herz, mit letzterem in der pole position. Auf der Basis also:
aber wenn man die Situation betrachtet, so bleibt es doch immer das selbe - einige schimpfen und lamentieren (z.B. wir), während andere (z.B. die Banken) handeln. Und dann jammern und lamentieren wir weiter, daß die ihre Ziele, die wir nicht teilen, auch erreichen - und beklagen uns weiter darüber, daß die Welt so ist, wie sie ist.Ja, klar, und das hat einen ganz klaren Grund. Wenn der Ackermann zum Beispiel irgendetwas umsetzen will, dann macht er das, und ich würd' sagen, innerhalb gewisser Grenzen muß er noch nicht mal allzusehr darauf achten, ob das, was er da macht, auch wirklich voll auf dem Boden der Legalität steht. Wenn Du und Ich finden, daß zum Beispiel das, was da gerade abläuft bei der Deutschen Bank, schon nicht so ganz in Ordnung sei, und wir was unternehmen wollen dagegen, haben wir - realistische gesehen - keine Chance damit: Was immer wir machten, es ginge im allgemeinen Hintergrundrauschen der Medien unter, oder wir müßten damit rechnen, Ärger zu kriegen. Der Ackermann hat nämlich etwas, was Du und Ich nicht haben: Muskel. Von Macht ist hier die Rede, und Du hast drei Möglichkeiten: Militant zu werden, Dich anzupassen, äußerlich und innerlich, oder das Spiel, so gut es geht, mitzuspielen und zu versuchen, Dich nicht verbiegen zu lassen und Dir selbst so weit als möglich treu zu bleiben.
Ja, aber müssen wir uns denn da wundern? Was glaubst Du, warum ich das Zinsthema im Zukunftsforum so intensiv anspreche? Vielleicht hört sich meine Unterscheidung zwischen Zins und Verschuldung so an wie die Diskussion darum, was früher war (die Henne oder das Ei?), aber für die Suche nach dem richtigen Lösungsansatz halte ich das für sehr wichtig. Denn einmal schieben wir die Verantwortung wieder auf die anderen (das System sei falsch; die anderen müssen was ändern; ich bin ja nur Opfer; ...), während es im anderen Fall deutlicher wird, daß es an uns liegt, den Kreislauf zu beenden. Und zwar angefangen bei uns, nicht durch Forderungen an andere, die sich auf absehbare Zeit doch nicht erfüllen werden.Wie ich das einschätz', ist da nix mehr zu stoppen. Ich sag' das nicht aus Verantwortungslosigkeit; ich hab' im Laufe meines Lebens einiges an Zeit und auch Geld investiert in Projekte, um da eine Richtungsänderung zu bewirken, aber mir ist irgendwann klargeworden, daß das Wunschdenken ist. Diese System ist nicht mehr reformierbar, das muß zerschlagen werden, bevor etwas Neues entstehen kann, aber das zu zerschlagen ist nicht unser Job, das passiert schon von selber.
Frag doch mal den Durchschnittsfori, wo er seine Lebensmittel einkauft: Im Tante Emma Laden, wo die Preise hoch sein müssen, oder dort, wo durch Großmengen und Rationalisierung die Preise etwas billiger sind? Und ich bin überzeugt, über 90% geben ihr Geld dort aus, wo es sie am billigsten kommt. Sie berücksichtigen noch den Weg zum Laden bzw. wie bequem man dort hinkommt, aber soweit ihr Einsatz vertretbar ist, kaufen sie dort, wo es am billigsten ist - also die meisten Arbeitsplätze wegrationalisiert wurden im Verhältnis zum Umsatz.Ja sicher. Wir sind - wie hat's Henry ausgedrückt ? - Systemsklaven, prisoners in a chain gang. Unterhalb einer gewissen Einkommensschwelle mußt Du das tun, da hast Du keine Wahl. Und sonst ? Ich hab' kein Problem damit, für Backwaren der Hofpfisterei - das ist jetzt Lokalkolorit der Münchner Gegend - zwischen eineinhalb- oder zwei- oder vielleicht auch dreimal soviel zu zahlen wie für tiefgekühlte Semmeln zum Aufbacken beim Aldi oder Lidl, aber das hat mit der Qualität der Sache zu tun. Irgendwer sahnt dabei immer ab, und es macht imho keinen wirklichen Unterschied, wer. Wenn's da ein Kriterium gibt, dann eher, was ist gut für mich und/oder was schmeckt denn da besser. Sorry, wenn das als Defätismus rüberkommt, aber ich fürchte, das ist einfach so. Immerhin: Ich esse seit fünfzehn Jahren keine toten Tiere mehr, einerseits aus gesundheitlichen Gründen, andererseits aber auch ganz klar, weil ich weiß, was den Tieren angetan wird - ich mein', würdest Du gern geschlachtet und aufgegessen werden ? -, und weil ich mit dem Karma, das daraus entsteht, absolut nichts zu tun haben will: Solange es Schlachthöfe gibt, wird es Schlachtfelder geben - Leo Tolstoi. Aber mir ist völlig klar, daß ich damit im großen Maßstab nicht viel bewirken werde.
Oder nimm ein anderes Beispiel, da bei Lebensmitteln vielleicht doch ein wenig das gute Gefühl mitspielt, nicht nur der Preis: Bei welcher Bank ist denn der Durchschnittsfori? Wohl seltener bei der Deutschen Bank, aber im allgemeinen doch bei der örtlichen Sparkasse/Volksbank oder der Postbank. Ja, aber machen die denn wirklich etwas anders als die Deutsche Bank, nur eben etwas in kleinerem Maßstab?Kannst Du ohne Bankkonto leben ? Geht nicht mehr in diesem System. Okay, vielleicht gibt's die eine oder andere Ökobank, aber wie ist das da dann mit der Infrastruktur, wo gibt's Geldautomaten et cetera ? You're a prisoner in a chain gang, that's what you are, baby, better put up with it.
Nämlich: Mir ist schon klar, daß nur rumjammern auch eine Eins A Superprime Ausrede sein kann, und ich anerkenne Deinen Ansatz und Deinen Wunsch / Dein Streben nach alternativem Handeln. Dennoch: Ich glaube inzwischen nicht mehr, daß es möglich ist, da eine - um einen Ausdruck aus der Kernphysik zu entlehnen - kritische Menge zusammenzubringen. Der Film wird anders ablaufen.
Aber zurück zum Thema:
Ich spreche hier nicht speziell Dich an, eher die allgemeine Situation. Die Diskussionen gehen doch oft in die Richtung, Schuldige auszudeuten (DIE betrügen uns, DIE sind an allem Schuld, DIE sind sogar bereit, New York einzuäschern, um an der Macht zu bleiben, DIE ...). Und sogar für die Folgen der Verschuldung (für die auch Du und ich Leistungen bekommen haben) machen wir dann DIE verantwortlich bzw. das System. Aber eben wiederum nicht uns selbst, die wir vorher die Vorteile genossen haben (all die Leistungen, die auf Pump finanziert wurden), uns nun aber beklagen, wenn wir die Rechnung in Form des Zinses präsentiert bekommen.Das ist sehr unspezifisch und verwaschen. Man unterscheide zwischen dem System und DENEN - wobei ich DIE lieber 'the powers that be' nennen möchte und werde, abgekürzt als PTB. Das System ist Struktur, dir PTB sind Menschen. Das System ist offensichtlich, die PTB - nun ja, geben tut's die schon, nur wer genau das jetzt ist, darüber kann man streiten. Wenn's soetwas wie die große Verschwörung gibt - was nicht ganz so unwahrscheinlich ist, um's mal vorsichtig auszudrücken -, dann werden die echten PTB versuchen, nicht oder möglichst wenig als PTB in Erscheinung treten zu müssen.
Was das System betrifft, so ist das anders: Das kann man sich anschauen und analysieren. Ich folge hier - etwas aus dem Gedächtnis, aber ich glaub', es stimmt so - einer Darstellung von Helmut Creutz aus dem 'Geldsyndrom': Wir haben da also ein zivilisatorisches Werkel, innerhalb dessen wir in unseren individuellen Laufrädern dahinrödeln. Dieses ganze zivilisatorische Werkel nun braucht, damit es nicht auseinanderfällt, eine wirtschaftliche Basis, auf eben diesem Umstand beruht des Brechtbertus Satz, wonach zuerst das Fressen komme, und dann die Moral. Die Grundlage des Wirtschaftssystems wiederum ist das Geldsystem. Das ist sozusagen des Fundament.
Nun gab es im neunzehnten Jahrhundert zwei große sozialutopische Ansätze, den Marx/Engels'schen und den von Silvio Gesell. Der Marx/Engels'sche Ansatz wurde im zwanzigsten Jahrhundert in einer sozusagen Art Großexperiment implementiert, mit den bekannten Folgen. Interessant in diesem Zusammenhang, daß es sehr ernstzunehmende Hinweise dafür gibt, daß sowohl die aufstrebenden Bolschewiki in Rußland als auch der aufkeimende Nationalsozialismus hier in Deuschland von ein und derselben Wall-Street-Clique massiv unterstützt wurde - kann sein, daß hier ein Stückchen PTB sichtbar wird.
Dem Gesell-Ansatz hingegen waren nur ein paar kleine, regionale Versuche vergönnt, der größte unter ihnen ist bekannt als das "Wunder von Wörgl", wer da nix drüber weiß und sich informieren möchte, möge nach [unterguggenberger wörgl wunder] googeln. Kurz gesagt: Der Ansatz scheint zu funktionieren, und er wurde, zumindest was Wörgl betrifft, höchstgerichtlich verboten. Kann sein, daß auch hier ein Stückchen PTB sichtbar wird.
Was mich und die Thematik Silvio Gesell betrifft, zum ersten Mal hab' ich irgendwann Mitte der Siebziger davon gehört, und ich hatte instinktiv das Gefühl, der Mann habe recht, aber damals war's für mich nicht wirklich ein Thema, und wieder draufgestoßen bin ich jetzt so etwa Mitte der Neunziger Jahre. Hab' ein paar Bücher gelesen dazu, dem Creutz sein Geldsyndrom leider nur zum Teil, weil das wirklich Arbeit ist, und mir an einem bestimten Punkt die Zeit ausging, too much monkey business aside, und ich den Wiederaufsetzer danach nicht geschafft habe.
Um's kurz zusammenzufassen, so, wie ich's kapiert hab': Geld, so wie's heute ist, hat eine Doppelfunkion, es ist Tauschmittel und Mittel zur Wertaufbewahrung zugleich, und genau das funktioniert nicht. Das ist wie den Kuchen essen und ihn gleichzeitig in die Tasche stecken wollen.
Was unter all dem letztlich drunter steckt, ist Mangel. Der ganze Vulgärdawinismus, der unser geistiges Umfeld vergiftet, beruht letztlich auf einem existentiellen Mangel, und dieser Mangel verdankt sich in letzter Konsequenz unserem Getrenntsein von Gott - da sind wir, hopperla, plötzlich bei der Metaphysik angelangt. Oder kennst Du wen, der meinte, nicht im Zweifelsfall doch noch nicht ganz so viel Geld zu haben, wie er eigentlich haben müßte, um ganz relaxt zu sein ? Okay, es mag Ausnahmen geben - Jan Philip Reemtsma kommt mir in den Sinn, obwohl ich das aber nicht weiß -, aber nach dem, was man so von Leuten hört, die wirklich Geld haben und das auch selbst auf die Beine gestellt haben, so sind die im großen und Ganzen eher nicht der Meinung, sie hätten schon genug, unabhängig von der Höhe des Vermögens. Oder aber es interessiert sie überhaupt nicht, das gibt's auch, nur ist das auch keine Lösung des Problems.
Also: Du hast Geld, und Du brauchst es im Moment nicht unmittelbar für Dein Überleben oder sonstwelche Projekte, also was machst Du damit ? Bingo, Du trägst es auf die Bank, die Dir dafür ein bißchen Zinsen zahlt und Dein Geld für etwas höhere Zinsen jemandem verleiht, der Geld braucht, und von der Differenz der Zinssätze lebt die Bank. So die gängige Lesart.
Und sogar für die Folgen der Verschuldung (für die auch Du und ich Leistungen bekommen haben) machen wir dann DIE verantwortlich bzw. das System. Aber eben wiederum nicht uns selbst, die wir vorher die Vorteile genossen haben (all die Leistungen, die auf Pump finanziert wurden), uns nun aber beklagen, wenn wir die Rechnung in Form des Zinses präsentiert bekommen.Nu. Nimm' mal an, wir seien in der glückliche Lage, daß niemand mehr gezwungen wäre, Sachen auf Pump zu machen. Das würde unmittelbar zum Zusammenbruch des Systems führen. Die Bank kann Dir die Zinsen, die sie Dir zahlt, nämlich nur zahlen, wenn sie die Kohle, die sie dafür braucht, irgendwo anders herkriegt, zusätzlich zu dem Geld, das Du ja eigentlich jederzeit, oder zumindest im Rahmen getroffener Vereinbarungen, wieder beheben können solltest. Das ganze Werkel funktioniert nur, wenn sich - gemittelt über alles - Einlagen und Kredite die Waage halten. Wenn die Einlagen wegbleiben, hat die Bank ein Problem. Wenn die Nachfrage nach Krediten wegbleibt, hat sie aber genauso eines, das ist systeminhärent: Die Summe aller Guthaben ist letztlich gleich der Summe aller Schulden, mit Vorzeichenwechsel. Dieses System kann ohne 'auf Pump' nicht leben, Schulden sind ein integraler Bestandteil des Systems. Das System braucht Leute, die Schulden haben, und es produziert sie.
Das Problem ist nicht lösbar dadurch, daß man einfach keine Schulden mehr macht, das würde das System binnen kürzestem zu Kleinholz machen - und ja, damit wäre das Problem natürlich schon gelöst, in gewisser Hinsicht, aber es gibt vermutlich was Besseres. Marktwirtschaft per se ist absolut vernünftig: Allerdings nur, wenn Geld, das universale Tauschmittel, wirklich nur universales Tauschmittel ist, und als solches müßte es, um die materiellen Eigenschaften der Güter, die es abbilden soll, wirklich darstellen zu können, einem gewissen Verfall unterliegen - so wie alle Materie, zumindest in dem Zustand, wie dieser Planet momentan - noch - beinand ist.
Was da aber in die Quere kommt, ist die gegenwärtig leider implementierte Doppelfunktion des Geldes als sowohl Tausch- als auch Wertaufbewahrungsmittel, der Zins ist eine Funktion des letzteren, und das verschafft dem, der - jenseits der Erfüllung der Gundbedürfnisse, wobei das auch noch ein ziemlich weit gefächertes Spektrum sein dürfte, in Funktion des Füllstandes des Portmonaie - die Doppelfunktion verschafft dem, der jenseits der Erfüllung der Grundbedürfnisse noch frei verfügbares Geld hat, einen aberwitzigen Vorteil gegenüber dem, der das nicht hat. Angesichts dieses Umstandes noch irgendwie von Chancengleichheit reden zu wollen, zeugt von entweder blankem Zynisimus zum Quadrat oder von "strunzdumm hoch drei". Letztere Aussage ist - fast: Man muß noch den Mix zwischen Zynismus und Dummheit dazunehmen als dritte Möglichkeit - bijektiv abbildbar auf die eingangs gemachte Feststellung angesichts der Resultate unserer globalen Wirtschafterei, daß das entweder böser Wille, das Resultat grottenschlechter Modelle/Theorien, oder ein Mix aus beidem sei. Und Zynismus gemixt mit Dummheit ist ja nun auch nicht das seltenste Phänomen.
Es ist einerseits irgendwie so klar und andererseits doch so schwer in Worte zu fassen. Was Du zunächst einmal hast, ist, daß die, die Geld schulden, denen Geld zahlen müssen, denen sie das Geld schulden, weil das so vereinbart ist, dafür, daß sie ursprünglich das Geld überhaupt bekommen haben. An dem Punkt kommt jetzt überlicherweise das Standardargument, wonach das ja auch okay wäre so, denn dafür verzichtet der, der das Geld hergeliehen hat, für die Dauer des Darlehens auf den Zugriff darauf, und er hat auch das Risiko, daß er das Geld vielleicht verliert, und als Ausgleich für all das sei es nur recht und billig, daß er eben ein bißchen mehr zurückbekomme, als er Dir ursprünglich gegeben hat.
Recht und billig. Recht und billig ? Genau das eben nicht.
Ich behaupte, daß wir auf "Teilen" angelegt sind - auf miteinander teilen. Wieweit diese "Teilen" geht, hängt davon ab, wieviel Liebe im Spiel ist. Wo viel Liebe im Spiel ist, wird viel geteilt. Wo Liebe fehlt, herrscht Mangel. Das ist, in etwa, die Metaphysik des Geldes, oder zumindest eines ihrer Axiome.
Und der Mangelkontext, in dem wir durch unser Geldsystem gefangen sind, der hat sich gewaschen.
Die ursprüngliche Idee Gesells war es, Geld einfach periodisch an Wert verlieren zu lassen. Größenordnung vielleicht ein Prozent pro Monat - das war, wenn ich mich recht erinnere, zumindest der Wert, mit dem die in Wörgl gearbeitet haben. Damit wird dem Geld die Wertaufbewahrungsfunktion genommen - wer Geld hortet, dem geht's peu a peu flöten. Für Geld dieser Art gibt's den schönen Begriff Freigeld.
Es hab' da ein Bild dazu, daß ich nicht 'wirtschaftswissenschaftlich' deduzieren kann, aber irgendwie hab' ich das Gefühl, da ist was dran, as follows: Erstens mal werd' ich das Gefühl nicht los, daß das, was in einem Freigeldsystem der eingebaute Wertverlust des Geldes ist, in einem Zinsgeldsystem als Inflation wiederauftaucht. Und zweitens find' ich folgendes nicht uninteressant: Lassen wir mal, gedankenexperimenthalber, die Inflation weg. Dann ergibt sich nämlich folgendes für das Verhältnis von zwischen Freigeld und Zinsgeld: In beiden Fällen kommt man besser davon, wenn man sein Geld herleiht. Im Zinsgeldsystem, weil man dafür Zinsen kriegt - Inflation wegdenken bitte -, im Freigeldsystem, weil man das, was man hergliehen hat, wieder zurückkriegt. Wenn man auf seinem Geld sitzen bleibt, dann wird's im Zinsgeldsystem nicht mehr, und im Freigeldsystem verliert's an Wert. Die Relation selber ist sozusagen geldsysteminvariant: Wer sein Geld herleiht, gewinnt. Man erinnere sich: Wir sind auf "Teilen" angelegt.
Als ob die beiden Systeme auf einer Skala ein bißchen gegeneinander verschoben lägen: Dort, wo im Zinssystem Geld mehr wird, bleibt es, wie es war, im Freigeldsystem. Dort, wo es im Freigeldsystem Wert verliert, bleibt es im Zinssystem, wie es war. Will sagen: Bleibt es in Realität eben nicht, weil Inflation, zumindest, solange die Konjunktur röhrt. Aber da steckt was drin in dem Ganzen, das Ding ist mal wieder typisch Widersacher: Die ultimative Absaugmaschine. Mangelnde technische Rafinesse konnte und kann man ihm wirklich nur in den seltensten Fällen nachsagen. Wie gesagt, da ist einfach so wie auf einer Skala etwas ein bißchen verschoben worden, mit den Auswirkungen, die wir sehen, und wenn es gelingt, das wieder richtig zu justieren - was nicht innerhalb des herrschenden Systems geschehen kann -, dann sind wir auch den trouble wieder los. Das Finanzsystem des tausendjährigen Friedensreiches wird auf Freigeld basieren.
Nämlich: Man wird im Wirtschaften wahrscheinlich nie ganz ohne Kredit auskommen - das ist ja prinzipiell auch okay. Das Problem ist halt, daß jeder, der, beispielsweise um irgendwas auf die Beine zu stellen, wovon er leben kann - sprich: Existenz aufbauen -, Kredit braucht, für diesen Kredit löhnen muß, und diese Kosten natürlich mit in die Kalkulation reinnimmt, und was immer das Produkt sein mag, das da verkauft wird, die Kosten dafür, daß es überhaupt Kredit gab, und das sind genau die Zinsen - daß der Kredit selbst zurückgezahlt wird, das ist ja klar, selbstredend und okay, darum geht's hier genau nicht -, und die finden sich in den Preisen wieder. Und jetzt kommt was Interessantes: Helmut Creutz, und den halt' ich nun wirklich für seriös, hat da ein bißchen rumgerechnet und kam zu sehr interessanten Ergebnissen; nämlich, daß bis zu vierzig (in Worten: 40) Prozent (in Worten: %) der Preise, die wir zahlen, wenn wir irgendetwas kaufen, auf dem einen oder anderen Weg für Kreditzinsen draufgehen. Ich muß dazusagen, daß ich diese Rechnungen nicht nachvollzogen habe, ich vertrau auf den Eindruck, den ich durch das Lesen eines Teiles vom Geldsyndrom gewonnen hab'. Das schaut, im Unterschied zum Herrn Unsinn vom ifo-institut, schon reichlich seriös aus. Einfach mal so in die Richtung denken: Was ist alles nötig gewesen, damit das/die Produkt/Dienstleistung überhaupt in Existenz kam ? Für was davon wurde wieviel Kredit benötigt ? Wieviel Zinsen sind für diese Kredite angefallen ? Und dann mit Zahlenwerten rumspielen, irgendwie so .....
Ich hab', allerdings nur aus der Erinnerung, eine Zahl von Mitte der Neunziger Jahre. Hintergrund: Es gibt da so eine Art roter Linie hinsichtlich der Kapitaleinkünfte, unterhalb derer man bei dem Spiel draufzahlt, oberhalb derer man gewinnt - je höher drüber, desto massiver natürlich, und Mitte der Neunziger Jahre lag diese Rote Linie bei etwa DM siebzigtausend. Ich würd' das heute bei vermutlich € fünfzigtausend ansetzen.
Nun ist es ja so, daß wir alle über die Preise der Güter, die wir kaufen, diesen Zinsanteil mitzahlen - even Her Majesty the Queen Herself. Die Frage ist, was überwiegt: Das, was an Zinsen gezahlt wird, oder daß, was per Zinsen reinkommt, und diese Zahl von vermutlich € fünfzigtausend ist die Wasserscheide. Um bei acht Prozent Rendite, was, glaub' ich, ein realistischer Wert ist, hundert Fünfhunderter rauszuholen, muß man sechshundertfünfundzwanzigtausend Euronen irgendwo gewinnbringend geparkt haben - ab da beginnt man, bei dem Spiel zu gewinnen.
Alle, die drunter liegen, zahlen drauf. Beziehungsweise zahlen an die, die drüber liegen. Und der Regelkreis hat positives feedback, denn je mehr Geld die oberhalb der roten Linie haben, desto mehr können sie an die unterhalb gegen Zinsen verleihen, woraufhin noch mehr Geld zurückkommt, das wächst exponentiell, und jede Exponentialfunktion hat einen Punkt, von dem ab sie in Y-Richtung steil abzieht, und ich schätze, irgendwo in der Gegend treibt sich dieses System grad rum, und das ist der Grund, warum ich glaube, daß das alles relativ bald krachen gehen wird. Ansonsten siehe aber auch hier: Economic 'Armageddon' predicted. Wenn's schon der Chefökonom von Morgan Stanley sagt .....
Nochmal zusammengefaßt:
Erstens, der grundlegende Fehler liegt im Geldsystem. Zweitens, es scheint eine Alternative zu geben, die aber erfolgreich unterdrückt wird. Ich schätze, in dem Moment, in dem die diversen Regios, von denen man dann und wann hört, wirklich zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für das System würden, wären die sofort Kandidaten für Illegalität. Drittens, das herrschende Zinsgeldsystem muß und wird zusammenbrechen, ehe ein Freigeldsystem implementiert werden kann, und der Schepperer, den's dabei tun wird, der wäre, wenn nicht Vakuum dazwischen wäre, noch auf dem Mars zu hören. Viertens schließlich, das Finanzsystem im tausendjährigen Friedensreich wird auf Freigeld basieren.
Es gibt imho noch einen zweiten nicht uninteressanten approach zum Thema, aber den will ich nur kurz andeuten, unter anderem, weil ich da zu wenig fundiertes Wissen hab', wiederum, ein bißchen dem Gespür folgend: Geld, wie wir es momentan haben, unterliegt nämlich offenbar ebenfalls dem Gesetz von Angebot und Nachfrage, was die Tauschmittelfunktion ganz ordentlich verzerrt - womit wir eh' schon wieder an dem Punkt sind, daß sich der, der über mehr Geld verfügt, als er zum Erhalt seines Lebens und der Befriedigung seiner unmittelbaren Bedürfnisse benötigt, gegenüber dem, die das, aus welchen Gründen auch immer, nicht hat, in einer immens vorteilhafteren Situation befindet, der kann den Nichthaber nämlich, überspitzt formuliert, letztlich nach seiner Pfeife tanzen lassen, zumindest metaphorisch: We're gonna make him a prisoner in a chain gang - that's where it comes from. Es gibt da in den synoptischen Evangelien dieses Jesus-Diktum vom Reichen, dem Kamel, dem Nadelöhr und der Möglichkeit, in den Himmel zu kommen oder auch nicht, Matthäus 19/24, Markus 10/25 und Lukas, 18/25. Ich könnt' mir vorstellen, daß mit dem Etikett "Reicher" genau die hier angesprochenen Zinsprofiteure gemeint sind.
Und, weil sowohl hier als auch im Proph-Forum - dort noch etwas krasser, courtesy swissman et al. - zur Zeit die braune Soße mal wieder ganz schön rumspritzt: Interessant, daß in den ursprünglichen Ansätzen des Nationalsozialismus, erst noch DAP, dann NSDAP, explizit die Rede war vom Ausbrechen aus der Zinssklaverei - mit Querverbindungen zu mit Antisemitismen gewürzten Internationale-Hochfinanz-Verschwörungstheorien, denn die internationalen Banker sind, wie der gestandene Völkische genau weiß, ja alles Juden; kling gut, letzteres, und ist ziemlicher Blödsinn. Immerhin, betreffend de PTB: Wenn das stimmt, daß der aufkeimende Nationalsozialismus von einer kleinen und gut camouflierten Clique von Wall-Street-Typen massiv unterstützt wurde - die Hinweise sind nicht ohne, man lese Antony Suttons Wall-Street-Bücher -, dann ist es nur logisch, daß dieser Teil des Parteiprogramms sehr bald den Bach runterging: Spätestens mit dem Röhm-Putsch wurde der sozusagen "linke" Flügel der NSDAP, die Ecke Gregor Strasser, endgültig über'n Jordan geschickt.
Einschlägige Links, falls nicht ohnehin schon bekannt: www.geldreform.de und www.systemfehler.de. Außerdem mal wieder was von Norbert Rost in der telepolis: Der schleichende Tod einer Währung.
Schönen Tag/Abend noch an alle, die bis hierher durchgehalten haben .....
NoPasaran
Btw: No intentional typos in here. Hope I caught them all. Fear I didn't .....
- Danke - Antwort folgt später (owT) Johannes 13.2.2005 23:36 (0)
- Re: Antwort @Johannes, in Sachen Freigeld et cetera Bonnie 13.2.2005 11:45 (0)