Re: Messer, Macheten, Beile und sonstige Klingenwerkzeuge
Geschrieben von Wizard am 09. Februar 2005 05:30:22:
Als Antwort auf: Re: Messer, Macheten, Beile und sonstige Klingenwerkzeuge geschrieben von Hinterbänkler am 08. Februar 2005 14:45:42:
Hallo Hinterbänkler,
>besten Dank.
Nix zu Danken.
>Kannst Du das Bearbeiten mit der Flex näher beschreiben?
Aber selbstverfreilich ;-))
Vorab:
Normalerweise nie Klingen mit Maschinen bearbeiten, weil die Gefahr der Überhitzung und somit eine Beschädigung der Klinge zu groß ist.Manchmal, gerade wenn man etwas umarbeiten muss, lässt sich das aber nicht vermeiden. In solchen Fällen muss man sehr vorsichtig sein und ständig das Werkstück kühlen. Gekühlt wird immer dann, wenn man merkt das Werkstück wird warm und zwar so lange, bis es sich wieder kalt anfühlt. Aufpassen, das Metall ist innen wärmer als Außen. Also lieber bissel länger kühlen als zu wenig. Wenn irgendwie Möglich, nehme ich lieber eine Feile als die Flex. Auch wenn es erheblich länger dauert.
Das Umarbeiten:
Hier kommt es drauf an, was wo umgearbeitet werden soll. Bei manchen der preisgünstigen Machesten befindet sich auf dem Rücken so was komisches gezacktes, das wohl eine Säge sein soll. In der Praxis völlig unbrauchbar, selbst wenn man die Zähne schränken und schleifen würde. So ganz nebenbei bemerkt, bleibt man mit den Zähnen ständig an der Scheide hängen, was für selbige auf Dauer auch nicht so toll ist. Also runter damit. Die Flex (mit Schleifteller, 36 Körnung) wird mit langen Bewegungen über die Zähne geführt, so das sich die Zähne gleichmäßig kürzen (Kühlen nicht vergessen). Dabei darauf achten, das der Klingenrücken eine halbwegs ansprechende Form erhält. Also leicht hohl geschwungen. Hat man annähernd die gewünschte Form erreicht, wird die Körnung gewechselt und zwar auf 120er. Ist die entgültige Form erreicht, noch mal bisserl die Kanten runden und von Hand noch mal bisserl mit 250er Schleifpapier drüber.Beim Griff ist das Umarbeiten nicht ganz so leicht, vor allem wenn man das noch nie gemacht hat. Als erstes wird der Plastikgriff abgenommen (manche sind geschraubt, andere genietet oder geklebt) und der Griffbereich gesäubert falls erforderlich. Als neues Griffmaterial ziehe ich Buche oder Holunder vor. Beides sieht gut aus und ist ziemlich hart. Die beiden neuen Griffhälften sollte erst mal ein bisserl Größer sein, als der Griff geplant ist. Da im Metall meistens schon Löcher von der alten Befestigung sind, werden die auf eine Griffhälfte übertragen und durchgebohrt. Wenn keine Löcher vorhanden oder selbige zu klein sind, bohrt man eben welche. Die Löcher sollten etwa 6 mm Durchmesser haben und entgratet sein. Als nächstes werden die beiden Griffhälften aufeinander gelegt und zusammengepresst, damit sie nicht verrutschen. Es soll der vordere Bereich (dort wo der Griff zur Klinge übergeht) fertig gestellt werden. Ein stück Fahrradschlauch straff gewickelt und mit Klebeband gesichert funzt gut, aber den zu bearbeitenden Bereich frei lassen. Sieht der Teil vom Griff ungefähr so auch, wie man ihn haben will, wird das Metall und das Holz dort wo es zusammengefügt werden soll mit 120er Schleifpapier aufgeraut, staubfrei gemacht und mit Alk (Spiritus oä.) entfettet. Mittels K2 oder Kontaktkleber werden die Griffhälften und das Metall zusammengeklebt (Gebrauchsanleitung beachten und darauf achten, das die Teile auch so zusammengeklebt werden wie sie sollen). Ist der Kleber ausgehärtet / trocken, wird am Griff so lange herumgeraspelt, gefeilt und geschliffen, bis er wie angegossen in der Hand liegt. Aufpassen, Holzraspeln mögen kein Metall! Man kann den Neuen Griff so gestalten, die der alte war oder (wie ich es gerne mache) leichte Fingermulden einarbeiten. Das Metall und das Holz sollten und müssen in allen Bereichen bündig sein! Zum Abschluss verpasst man dem Griff einen sauberen 250er oder 350er Schliff und mehrere Ölungen.
Öl ist besser als Lack, weil bei Lack und Handschweiß Flutsch ... ups ... äh kann mir mal jemand das Verbandszeug reichen ;-))
Deshalb den Griff auch nicht zu Glatt schleifen. Die Oberfläche soll zwar einheitlich und ohne Riefen sein, aber eben nicht glatt.
Natürlich nimmt man dafür nicht das gute Olivenöl aus der Küche, auch wenn es gehen würde. Spezielles Holzöl ist da besser geeignet. Ich ziehe Danish Oil (Tungöl) vor, manche Leinenölfirnis. Wichtig ist nur, das man die Gebrauchsanleitung beachtet und sauber mehrere Schichten aufträgt bzw. einziehen lässt. Bei mir sind es je nach Werkstück 4 bis 10 Schichten.
Nun folgt die entgültige Bearbeitung der Klinge. Die Billigen Klingen sind nicht gehärtet und meistens auch besch ... eiden geschliffen. Hier kann man vorsichtig mit der Flex und 120er Scheibe nachhelfen. Aber wirklich ganz vorsichtig und in langen Bahnen. Und ja nicht zu viel abschleifen. Die Schneide soll NOCH nicht scharf werden, nur etwas dünner mit neuem Winkel. Die fehlende härte erreicht man durch Dengeln (kalt schmieden), ähnlich wie bei einer Sense. Das kann ich dir schriftlich schwer erklären, das lässt sich am Besten real zeigen. Musst mal schauen, ob du jemanden mit Sense siehst, der dir das zeigen kann. Alte Bauern und alte Karnickelzüchter sind da meistens die Beste Adresse. Wenn sich nichts finden lässt, kann man auf das Dengeln verzichten. Die Schneide wird dann halt schneller stumpf und muss bei regem Gebrauch öfter nachgeschliffen werden.
Ist das Dengeln erledigt, wird die Oberfläche der Klinge endbearbeitet. Ich ziehe einen einfachen Mattschliff mit 350er Körnung vor, man kann aber auch bis Hochglanz gehen. Halte ich aber nicht für wirklich sinnvoll, matt fällt nicht so auf und sieht besser aus. Anschließend die Schneide schleifen. Aber nicht wie bei einer Sense, sonder eher wie ein Messer mit Nassschleifstein und von Hand. Man muss sich damit nicht unbedingt rasieren können, aber ja schärfer um so besser. Zum Abschluss noch mal alles reinigen, die Klinge Ölen (Ballistol) und fertig ist das gute Stück.
Die Originalscheide ist meist nicht so das Pralle, Eine selbstgefertigte aus Leder / Holz kommt besser. Leder bekommst du unter umständen bei eBay günstig oder mal am Sperrmüll ein Sofa "skalpieren". Aus 3,5 mm Sperrholz oder Multiplex wird eine Holzscheide gefertigt, wo das Haumesser (ich ziehe diese Bezeichnung eigentlich vor) gut und fest sitzt (die Klinge wird durch die Dicke geklemmt und nicht durch die Breite, sonst wird es stumpf). Vor dem Zusammenleimen sie Teile innen ölen (außer im zu leimenden Bereich). Nach dem Leimen außen auch ölen. Die Holzscheide wird dann einfach mit Leder beklebt oder besser darin eingenäht. Da die Fläche recht groß ist, bietet es sich an, außen noch die eine oder andere Tasche aufzunähen. Dort könnte dann unter Anderem auch ein Schleifstein Platz finden. Bei längeren Klingen kann man da sogar einen Grillspieß unterbringen (zerlegbar, mit Schraubgewinde in zwei Teilen plus Griff mit Gelenken).
Die Holzscheide sollte innen mit irgendwas gefettet oder geölt, damit die Klinge immer ein bisserl was abbekommt und sich Feuchtigkeit nicht breit machen kann. Ich selber ziehe es vor, nach der Fertigstellung einfach etwas Frittierfett (Biskin) warm zu machen und in die Scheide zu gießen (Voll bis zum Rand). Nach ein paar Augenblicken Wartezeit wird es wieder ausgeschüttet. Das zeug zieht teilweise noch etwas ins Holz und ergibt innen einen leichten Schmierfilm der recht lange hält. Da kann so schnell nichts Rosten. Das Leder sollte übrigens auch gut gefettet werden, aber nicht mit Biskin, sondern mit Lederfett (Motorradkleidung).
Mit Fotos kann ich im Moment leider nicht dienen. Ich hoffe aber, dir auch so geholfen zu haben.
MfG
Wizard