Re: was ist eigentlich zukunft?

Geschrieben von MiWi am 28. August 2004 15:52:26:

Als Antwort auf: was ist eigentlich zukunft? geschrieben von detlef am 27. August 2004 19:42:52:

Hallo Detlef,

ich glaube, dass das Konzept der Zeit am besten mit unserem Bewusstsein harmoniert.

Der Körper, d.h. unser materieller Anteil, nimmt die Zeit nicht bzw. kaum wahr, obwohl auch er nach unserem Dafürhalten der Zeit unterworfen ist. Der Körper empfindet sich *jetzt* als hungrig oder satt, krank oder gesund, jung oder alt.

In der rein geistigen Ebene ist unser Konzept der Zeit ebenfalls unbedeutend. Ein Beispiel: 3 Äpfel und 2 Birnen ist eine Menge Obst, und nach einigen Monaten ist alles vergammelt; aber es gilt 3+2=5, und zwar gestern, heute und morgen.

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Ein kleiner Exkurs, wobei es beim Begriff des "Einholens" wohl nicht um ein "Überholen" geht. Weiterhin ist es wichtig, sich Achilles und die Schildkröte als Punkte vorzustellen, um Aussagen zu vermeiden wie "wenn er ganz nahe ist, tritt er einfach mit dem Fuß auf die Schildkröte und hat gewonnen":

Zenon von Elea, geb. etwa 490 v. Chr., war ein griechischer Mathematiker und Philosoph. Das bekannteste der zenonschen Paradoxa ist das Paradoxon von Achilles und der Schildkröte. Achilles laufe doppelt so schnell wie die Schildkröte, die dafür einen Vorsprung von 1 m erhalte. Trotzdem könne er nach Zenon die Schildkröte niemals einholen, denn wenn er den Vorsprung der Schildkröte eingeholt habe, sei diese bereits einen 1/2 Meter weiter, wenn er dann diese Marke erreicht habe, sei die Schildkröte bereits 1/4 Meter weiter und so weiter ad infinitum.

Es ist zu vermuten, dass Zenon mit seinen Gedankengängen die Philosophie seines Lehrers Parmenides ("Es gibt nur das Unendlich Eine und alle Bewegung ist nur Illusion") verteidigen wollte. Zumindest zeigt dieses Paradoxon, dass auf geistig-logischer Ebene die Konzepte von Raum, Zeit und Bewegung schwerer erfassbar sind als auf der Ebene unseres auf die Erinnerung/Lebenserfahrung zurückgreifenden Bewusstseins.

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In unseren Bewusstsein wiederum harmoniert dieses Konzept wohl am besten mit dem Bewusstseinszustand des Wachbewusstseins. So ist beispielsweise in Träumen oder prophetischen Visionen die Zeit unbedeutend und wird meist erst bei der nachträglichen Interpretation hinzugefügt.

Das Konzept der Zeit beruht wohl auf der Vorstellung, dass es eine Vergangenheit, einen Gegenwart und eine Zukunft gibt und dass diese unterscheidbar sind. Weiterhin existiert die auf der Erinnerung beruhende Vorstellung, dass die Zeit aus der Vergangenheit kommend in Richtung Zukunft fließt.

Nach meinem Dafürhalten hat die Zeit etwas mit Wahrscheinlichkeiten zu tun, d.h. mit der Entropie. Die Zukunft ist der wahrscheinlichere Zustand, die Vergangenheit der weniger wahrscheinliche Zustand. Wäre die Vergangenheit der wahrscheinlichere Zustand gewesen, gäbe es meiner Ansicht nach keinen Grund, dass sich etwas geändert hätte bzw. dass diese Gegenwart überhaupt eingetreten wäre. Nach unserem Konzept der Zeit wird immer eine Zukunft eintreffen, und zwar die wahrscheinlichste Zukunft. Letztendlich beruht das auf der Abnahme der Unwahrscheinlichkeit bzw. der Zunahme der Entropie im System. Ich glaube, dass hier der Grund dafür liegt, dass unser Wachbewusstsein so etwas wie Zeit überhaupt empfinden kann. Das ist zugegebener Maßen eine sehr persönliche und subjektive Ansicht.

Es dürfte jedem bekannt sein, dass das subjektive Zeitempfinden Schwankungen unterworfen ist. Albert Einstein hat in seiner Relativitätstheorie ausgedrückt, dass die Zeit selbst von Bewegung wie Beschleunigung bzw. Gravitation abhängig ist.

@Thymos:
>Wenn ich mal wahnsinnig viel erledigt habe, vergeht die Zeit wie im Flug. Wenn ich träge bin (d.h. der Zustand bleibt fast gleich) zieht sich die Zeit wie ein Strudelteig...
Wenn ich aktiv bin, kann ich viel mehr Erinnerungspunkte sammeln als dann, wenn ich träge bin. Oder wie Groucho Marx (1895–1977) einmal sagte: "Time flies like an arrow, fruit flies like a banana."

In diesem Sinne
MiWi


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