Interview mit dem NPD-Vorsitzenden (Volltext, mit Genehmigung des Verlags)
Geschrieben von Johannes am 02. Februar 2005 19:21:41:
Als Antwort auf: Re: Warum NPD gewählt wird (Link) (n/t) geschrieben von Röde Orm am 02. Februar 2005 09:58:47:
(sorry, irgendwie sieht die Formatierung etwas seltsam aus, das stammt aus der Übernahme des Interviews mit seinen html-Befehlen)
> Die NPD ist tatsächlich jedoch mit Hohlbirnen bestückt.
> Gerade vorgestern hörte ich auf NDR4 ein Interview mit
> einem NPD-Mitglied, Rang 6 auf der Schleswig-Holstein-
> Liste. Das hätte jeder hören sollen, dann wäre das Thema
> NPD nicht mehr aktuell *gg*.
Hallo Röde,Du hast recht, und das bringt mich zu etwas, was ich schon länger hier habe, nämlich die Genehmigung, einen Volltext einzustellen für die Diskussion im Forum. Habe ich schon während deer Buchmesse bekommen, aber dann waren andere Themen dran, so daß ich es doch nicht ins Forum gebracht habe.
> Das hätte jeder hören sollen, dann wäre das Thema NPD nicht mehr aktuell
> *gg*.Ich verstehe die Haltung der Medien auch nicht. Das Problem ist einerseits, daß sie Interviews oft selektiv wiedergeben, d.h., je mehr sich jemand mit seinen Äußerungen selbst schadet, desto eher kommt er groß in die Medien. Argumentiert er dagegen tut, wird ihm das Wort abgeschnitten, und so ergibt sich jede Menge Raum für Verschwörungstheorien, der nicht sein müßte, wenn man die Leute der NPD in den Medien genauso zu Wort kommen lassen würde wie z.B. die PDS.
Die Junge Freiheit macht da eine positive Ausnahme. Sie scheut sich nicht, die Diskussion auch mit umstrittenen Interviewpartnern aufzunehmen, denn sie denkt, daß man es schon den Lesern überlassen kann, wie sie die Aussagen bewerten. Und wenn jemand Unsinn spricht, dann braucht die Zeitung darüber nicht zu hetzen und zu geifern, sondern dann demontieren sich die Leute selbst. Und der große Vorteil ist, daß danach weniger Spielraum für wilde Theorien bleibt, derjenige sei ja nur falsch dargestellt worden.
Je offener und je mehr im Original man die Interviews wiedergibt, desto besser ist, finde ich. Und in diesem Sinne gebe ich das Interview im Volltext wieder, in dem der NPD-Vorsitzende Voigt gar keinen guten Eindruck hinterläßt.
Die Veröffentlichung erfolgt, wie gesagt, mit Genehmigung der Jungen Freiheit. Dies gilt nur für meinen Beitrag hier. Dieser darf gern verlinkt werden, aber die Gemehmigung zur Veröffentlichung des Volltexts in diesem Beitrag heißt nicht, daß dies jemand auch woanders tun dürfte. Bitte fragt dazu bei der JF an, denn sonst könnte es Probleme mit dem Copyright geben.
Gruß
Johannes
24.09.04 / "Ziel ist, die BRD abzuwickeln" / Der NPD-Vorsitzende Udo Voigt über den Wahlerfolg seiner Partei und den "Zusammenbruch des liberal-kapitalistischen Systems"
© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de
40/04 24. September 2004
"Ziel ist, die BRD abzuwickeln"
Der NPD-Vorsitzende Udo Voigt über den Wahlerfolg seiner Partei und den "Zusammenbruch
des liberal-kapitalistischen Systems"
Moritz Schwarz
Herr Voigt, die NPD ist am vergangenen Sonntag von 2,6 Prozent bei der
Landtagswahl 1999 auf 9,2 Prozent geschnellt. Wie erklären Sie sich diesen für
Ihre Partei ganz außerordentlichen Wahlsieg?
Voigt: Wer Wut im Bauch hat, der will Rache, und bei der NPD ist garantiert,
daß die Etablierten ein Maximum an politischem Schmerz empfinden.
Allerdings ist die NPD keine Protestpartei wie etwa die DVU. Sie zielt nicht
in erster Linie auf Wahlsiege, sondern auf Verbreitung ihrer Weltanschauung. Mit
Protestwählern können Sie also im Grunde nicht zufrieden sein.
Voigt: Das ist richtig, und dieser Sieg im Zuge des Hartz IV-Protestes
wurzelt tatsächlich in einer langjährigen und beharrlichen Basisarbeit in
Sachsen, wo wir eine solide Stammwählerschaft aufgebaut haben. Wir werden unter
Beweis stellen, daß wir nicht nur Protest-, sondern auch ein Politikpotential
haben. Die NPD lebt vom extremen Idealismus, der Opferbereitschaft und der
Einsatzfreudigkeit ihrer Mitglieder, denn wir stehen unter besonderem Druck. Das
produziert politische Aktivisten von ganz anderem Schlage, als die Bürger es
von den übrigen Parteien kennen. Und Hetzkampagnen gegen die NPD, wie die der
Sächsischen Zeitung und der Morgenpost, die kurz vor der Wahl Anzeigen ihrer
hauseigenen "Initiative für Toleranz und Demokratie" schalteten, von denen
mit Fug und Recht festgestellt werden kann, daß sie sogar noch das Niveau des
Stürmer unterbieten, haben hier keine große Wirkung. Zu sehen waren dort drei
Babyskinheads in SA-Uniform, mit aufgerissenen "Mäulern", mit je einem Zahn
und heraustropfendem Speichel. Überschrift: "Wer nicht zur Wahl geht, wählt
NPD".
Viele Bürger waren allerdings durchaus über das aggressive Auftreten Ihres
Spitzenkandidaten Holger Apfel im Fernsehen erschreckt.
Voigt: Es waren wohl mehr Zuschauer über das undemokratische Verhalten der
Fernsehmoderatoren überrascht. Apfel hat genau den richtigen Ton angeschlagen,
denn unsere Wähler erwarten, daß wir mit der Faust auf den Tisch schlagen. So
haben wir es schließlich auf unseren Wahlplakaten versprochen!
Das wird also der Stil der Arbeit der NPD im Landtag sein?
Voigt: Versprochen ist versprochen.
Spitzenkandidat Apfel kündigte an, inhaltlich werde die NPD im Landtag "Fundamentalopposition"
betreiben. Was ist damit gemeint?
Voigt: Wir werden die Etablierten ohne Unterlaß und in aller Schärfe
politisch angreifen. Da wird es keine Schonung geben, wir werden stets deutlich
machen: Die stehen dort, und wir stehen hier! Deshalb sind wir auch froh, daß
die Vertreter der Etablierten am Sonntag Abend den Tisch verlassen haben, als
Holger Apfel zu Wort kam. Die Wähler sollen sehen, daß wir mit denen nichts zu
tun haben. Wir gehören nicht zu jenen, die - kaum im Parlament - ihre
Verantwortung gegenüber dem Wähler vergessen und versuchen, auch ein warmes,
wohldotiertes Plätzchen bei den Etablierten zu finden. Wir bleiben auch im
Parlament die Partei des Volkes.
Und was bedeutet das nun inhaltlich?
Voigt: Wir werden im Landtag jede Gelegenheit nutzen zu polarisieren, um den
Menschen aufzuzeigen, wie die Situation jenseits aller Schönfärberei aussieht.
Die Leute sollen sehen, wohin die Fahrt geht, und sie sollen erkennen, daß es
früher oder später notwendig ist, sich zu entscheiden. Nämlich zwischen dem
Untergang Deutschlands in einer multikulturellen Gesellschaft oder einer
Besinnung auf eine nationale Wende.
Sie haben sich am Wahlabend ausdrücklich bei Innenminister Otto Schily
bedankt. Warum?
Voigt: Schilys Wahlkampfhilfe für die NPD kann gar nicht hoch genug
eingeschätzt werden. Das Verbotsverfahren gegen unsere Partei - ebenso
übrigens wie der "Kampf gegen Rechts" - hat die NPD erst richtig als
Alternative zu den Etablierten im öffentlichen Bewußtsein aufgebaut. So belebt
wie seit dem Verbotsverfahren war es an unseren Info-Ständen schon seit
Jahrzehnten nicht mehr.
Demokratisch-bürgerlichen Rechtsparteien wie den Republikanern, der
Schill-Partei oder der CDU hat der "Kampf gegen Rechts" schwer geschadet,
wieso nicht der NPD?
Voigt: Die Beschleunigung der Zerstörung oder Beschädigung dieser Parteien
hat uns den Weg freigeräumt und uns Teile ihrer durch Enttäuschung
radikalisierten Wählerschaft in die Arme getrieben. Wer glaubte, etwa durch
konsequente Distanzierung von der NPD Akzeptanz bei den Etablierten zu finden,
der wurde eines besseren belehrt.
Die Jungen Nationaldemokraten, die Jugendorganisation der NPD, aber wirbt
seit Jahren mit dem Spruch: "Das System hat keine Fehler, es ist der Fehler".
Sie fordern offen den Umsturz?
Voigt: Es ist unser Ziel, die BRD ebenso abzuwickeln, wie das Volk vor
fünfzehn Jahren die DDR abgewickelt hat. Dies geht offensichtlich auch über
die Wahlurne.
Bitte?
Voigt: Nach 1945 sind in Deutschland zwei Vasallenstaaten entstanden, die DDR
in Mitteldeutschland und die BRD im Westen. Erst wenn beide Vasallenstaaten
verschwunden sind, können die Deutschen sich in Selbstbestimmung einen eigenen
Staat schaffen, in dem sie frei leben können.
Widersprechen Sie, wenn man da feststellt, daß die NPD zu Recht vom
Verfassungsschutz verfolgt wird?
Voigt: Nein, im Grunde ist diese Beobachtung der NPD aus Sicht der
Vasallenstaaten nachvollziehbar. Jedoch nur unter der Voraussetzung der Wahrung
der eigenen ethischen und rechtlichen Grundsätze. Das aber ist nicht der Fall.
Tatsächlich wird das Grundgesetz mit grundgesetzwidrigen Mitteln "verteidigt".
Das ist ein Skandal.
In Ihrem Parteiprogramm heißt es: "Die NPD steht auf dem Boden der
freiheitlich demokratischen Grundordnung". Offensichtlich eine Täuschung.
Voigt: Präambel und Artikel 146 des Grundgesetzes formulierten über
fünfzig Jahre den Verfassungsauftrag, die Einheit Deutschlands herzustellen und
damit gleichzeitig das Provisorium des Grundgesetzes zu beenden und dem
deutschen Volk eine Verfassung zu geben, die es in freier Selbstbestimmung
beschließt. Entgegen diesem Verfassungsauftrag besteht die Gültigkeit des
provisorischen Grundgesetzes auch fast 15 Jahre nach dem Tag der Vereinigung von
BRD und DDR fort. Insofern existiert mittlerweile gar keine legitime Verfassung
mehr, gegen die wir verstoßen könnten. Und die Frage ist natürlich, ob sich
ein solchermaßen illegitimes System wirklich noch auf das Prinzip der
wehrhaften Demokratie berufen kann.
Wie hat man sich den Umsturz vorzustellen?
Voigt: Durch revolutionäre Veränderung.
Nämlich?
Voigt: Durch Bewußtwerdung des Volkes über den Zustand der Entmündigung,
in dem es sich befindet, und eine demokratische Erhebung dagegen. Dieser Prozeß
hat am Sonntag mit dem Wahlerfolg der NPD in Sachsen bereits begonnen.
Lenin hielt es für legitim, der Geschichte durch Waffeneinsatz auf die
Sprünge zu helfen, wenn die Zeit dafür reif ist.
Voigt: Das kommt für uns nicht in Frage, die NPD erkennt das Gewaltmonopol
des Staates und damit dessen Gesetze an.
Also ein legitimistischer Kurs?
Voigt: Wir erstreben zwar die Überwindung der BRD, aber solange sie de facto
existiert, werden wir ihre Gesetze befolgen.
Was aber, wenn die Revolution ausbleibt?
Voigt: Es ist doch offensichtlich, daß das liberal-kapitalistische System
der BRD vor dem Zusammenbruch steht: Entweder wird es durch Verfall zur
multikulturellen Gesellschaft erodieren, oder das Volk wird ihm durch
revolutionär verändertes Wahlrecht ein Ende setzen.
Was, wenn sich die Deutschen Ihrer Erhebung nicht anschließen?
Voigt: Darauf müssen wir eben mit aller Kraft hinwirken.
Die Satzung der NPD fordert, die "persönliche Haftung von Politikern"
einzuführen - das heißt, Sie wollen nach der Wende Politiker der, wie Sie
sagen, "Systemzeit" zur Rechenschaft zu ziehen?
Voigt: Das gilt selbstverständlich dann ebenso für die Politiker der NPD,
die dann die Verantwortung tragen. Der Eid der Kabinettsmitglieder lautet aber
schon heute, "Schaden vom deutschen Volk abzuwenden" - wer den Eid verletzt
hat, muß selbstverständlich auch die Konsequenzen tragen.
Rückwirkend?
Voigt: Es ist nur legitim, wenn sich alle verantworten müssen. Bedenken Sie,
daß die nationalen Kräfte das Siegertribunal von Nürnberg hinter sich haben.
Was heißt die "nationalen Kräfte"? In Nürnberg ging es um die
Funktionselite des Dritten Reiches - während zahlreiche Deutsche gerade aus
nationalem Empfinden im Widerstand gegen Hitler waren, wie etwa die Männer des
20. Juli.
Voigt: In Nürnberg ging es um die legitime Führung des Deutschen Reiches
und seine militärische Elite. Die Anklage erfolgte nur gegen Deutsche, und eine
wirkliche Verteidigung gab es nicht. Dieses Verfahren war gekennzeichnet durch
Willkür, Haß, Einseitigkeit - eben eine Siegerjustiz.
In Nürnberg wurden viele der Verurteilten aufgehängt.
Voigt: Anders als damals wird dann Recht, nicht Rache herrschen. Es geht
darum, gerecht zu bestrafen, dazu muß man niemanden aufhängen.
Sehr beruhigend. Wie hat man sich die neue Ordnung der NPD vorzustellen?
Voigt: Darüber wird dann das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung
entscheiden. Aber es wird eine Volksgemeinschaft sein, und ein wichtiger
Eckpfeiler ist die direkte Beteiligung durch Volksabstimmungen, wie das zum
Beispiel der Politologe Hans-Herbert von Arnim vorschlägt.
Das klingt recht schwammig, was meinen Sie mit "Volksgemeinschaft"? Auch
Wolfgang Schäuble forderte schon die "Schicksalsgemeinschaft" der
Deutschen.
Voigt: Schäuble und die CDU betreiben gleichzeitig eine die Gesellschaft
fragmentierende Einwanderungspolitik, das zeigt, wie verlogen seine Forderung
ist. Im übrigen: Räumen Sie mir hier weiteren Platz ein, dann werde ich Ihnen
unsere Vorstellung einer neuen Ordnung, in der die Deutschen als Deutsche wieder
eine Vision haben, detailliert erläutern.
Offensichtlich sehen Sie in der Zeit des Nationalsozialismus das Vorbild für
Ihre neue Ordnung.
Voigt: Daß Sie in der JUNGEN FREIHEIT mit Klischees der etablierten Presse
arbeiten, wundert mich doch sehr. Die NPD steht in der Tradition von 1813, des
Hambacher Festes und der Revolution von 1848, den Wurzeln der deutschen
Einheitsbewegung.
Sie lenken ab: In vielen Publikationen der NPD sticht der Nationalsozialismus
als Ideengeber hervor.
Voigt: Wir sind keine Partei, die nur deshalb etwas schlecht findet, weil es
schon zwischen 1933 und 1945 vorhanden war. Tatsächlich hat der
Nationalsozialismus die Ideen völkischer Identität von 1848 in hohem Maße
realisiert, leider aber war er auch imperialistisch.
Ist "imperialistisch" nicht eine verharmlosende Vokabel? Schließlich
ging es nicht nur um Ausbeutung, sondern um Versklavung, ja Ausrottung ganzer
Völker.
Voigt: Als Befreiungsnationalisten lehnen wir die Unterwerfung fremder
Völker ab. Wir bekennen uns zur einmaligen Besonderheit jedes Volkes,
verurteilen aber eine Unterteilung in höher- oder minderwertig. Wir brauchen
keine Belehrung über Völkermord von denen, die zunächst sechzig Millionen
Ureinwohner ausgerottet haben, um den eigenen Kontinent zu besiedeln.
Immerhin tauchen bei NPD-Demonstrationen Parolen wie "Sozialismus ist braun"
auf.
Voigt: Wenn man jahrelang eingeredet bekommt, nichts als ein "übler
Faschist" zu sein, dann gibt es Leute, die dem nicht standhalten und sich
leider in einer Trotzreaktion verrennen. Aber das sind einzelne.
Einzelne? Immerhin gibt es seit Jahren eine NPD-Umfeldorganisation namens "Das
Braune Kreuz".
Voigt: Wie Sie richtig feststellen, ist das Braune Kreuz keine Gliederung der
NPD, sondern ein unabhängiger Sanitätsdienst, der auf allen Veranstaltungen
der nationalen Szene Hilfe leistet.
Zu dieser "nationalen" Szene gehören die Freien Kameradschaften, die
gleichzeitig eine Art informellen Flügel der NPD darstellen. Dadurch hat die
Partei engen Kontakt bis hin zum militanten Neonazismus.
Voigt: Natürlich ist der Nationalsozialismus als Strömung in Deutschland
auch heute vorhanden. Für die NPD ist er nicht maßgebend, aber wir versuchen,
neben Nationalliberalen und Nationalkonservativen eben auch die
nationalsozialistische Strömung zu integrieren, da eine Abgrenzung nur dem
politischen Gegner hilft.
Herr Voigt, wie bewerten Sie die Person Adolf Hitlers?
Voigt: Zweifellos handelt es sich bei Hitler um einen großen deutschen
Staatsmann. Ich verkenne aber nicht, daß er letztlich die Verantwortung für
die Niederlage Deutschlands trägt.
Warum lehnen Sie es dann ab, als "neonazistisch" bezeichnet zu werden?
Voigt: Weil ich von Inhalt und Überzeugung her Nationaldemokrat bin.
Die NPD demonstriert immer wieder unumwunden antisemitische Attitüden.
Voigt: Offensichtlich beziehen Sie Ihre Informationen über die NPD auch aus
den den Siegern verpflichteten Massenmedien.
Beispielsweise tragen NPD-Mitglieder Hemden mit dem Aufdruck: "Keine Macht
den Nasen".
Voigt: Nein, tut mir leid, Sie sind der erste, der mir so etwas sagt. Im
übrigen nehmen wir das mit der freien Meinungsäußerung ernst.
Der ehemalige NPD-Vordenker Horst Mahler pflegt bekanntermaßen einen
aggressiven Antisemitismus.
Voigt: Ein Grund für seinen Austritt war, daß wir es ablehnten, die NPD in
den Kampf um die Holocaustthematik zu führen.
Warum?
Voigt: Solange man eine Null-Komma-Partei ist, ist eine solche
Auseinandersetzung nicht zu leisten. Die muß später erfolgen. Seit den Zeiten
Roms wissen wir, daß der Sieger die Geschichte schreibt. Im übrigen
interessiert die Leute auf der Straße nicht der Holocaust, sondern ihre
Alltagsprobleme, wie etwa Hartz IV.
Das heißt, die Ablehnung von Mahlers antisemitischen Thesen ist rein
taktischer Natur?
Voigt: Die NPD ist bestrebt, die Menschen dort abzuholen, wo sie sich geistig
befinden.
Herr Voigt, "Focus"-Chefredakteur Helmut Markwort vermutet, mit dem
Einzug der NPD in den Landtag wird künftig "möglicherweise auch der
Verfassungschutz ein Mandat besetzen".
Voigt: Durch das Verbotsverfahren gegen unsere Partei, bei dem die meisten
Agenten enttarnt worden sind, sind wir wohl derzeit die Partei im
nichtetablierten Lager - inklusive der PDS - mit den wenigsten Spitzeln. Nur die
NPD bietet also reale unverfälschte Opposition und nimmt im übrigen das
Grundgesetz ernster als die, die vorgeben, es zu verteidigen und im Namen der
Verfassung Bespitzelung betreiben und "Judaslöhne" dafür bezahlen.
Foto: NPD-Wahlsieger Marx, Leichsenring, Apfel und Voigt: "Der 'Kampf gegen
Rechts' hat uns den Weg freigeräumt"
Udo Voigt: ist seit 1996 Vorsitzender der NPD. 1952 in Viersen/NRW geboren, diente der
Berufssoldat 14 Jahre bei der Luftwaffe, bevor er aus politischen Gründen
entlassen wurde und Politikwissenschaft an der Universität München studierte.
1968 trat er der NPD bei, war von 1992 bis 1998 Landesvorsitzender in Bayern und
Leiter des NPD-Bildungszentrums in Italien.
Nationaldemokratische Partei Deutschlands: Die NPD wurde 1964 unter Führung des CDU-Mitbegründers und späteren
Politikers der Deutschen Partei, Fritz Thielen, und des Vorsitzenden der
Deutschen Reichspartei (DRP), Adolf von Thadden, als "Sammlung des nationalen
Lagers" gegründet. Unter von Thadden, dessen Schwester 1944 im Zuge des 20.
Juli von den Nationalsozialisten hingerichtet worden war, verfolgte die Partei
einen betont bürgerlichen, rechtskonservativen und antikommunistischen Kurs.
Nachdem sie trotz Wahlerfolgen in sieben Bundesländern 1969 knapp den Einzug
in den Bundestag verpaßte, versank sie in der Bedeutungslosigkeit. In den
neunziger Jahren übernahmen - insbesondere nach dem Verbot der neonazistischen
FAP - zunehmend am Nationalsozialismus orientierte Kräfte die dahindämmernde
Partei und sorgten für einen radikalen Kurswechsel. Aus der systemerhaltenden
wurde eine systemalternative, völkische und sozialrevolutionäre Partei mit
antikapitalistischer Attitüde; zudem wurde eine Brücke zur Skinheadszene
geschlagen. Über die NPD von heute sagt der zeitweilige NPD-Anwalt Horst
Mahler, sie sei eine "linke Partei".
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