TK 10. Januar 2006
Geschrieben von Tarman am 09. Januar 2006 23:11:50:
Das Bundeskabinett versammelte sich zur Klausur auf Schloß Gensheim in der Nähe von Berlin. Abgesehen davon, daß es unter einem Schloß nicht geht, frage ich mich, welchen Sinn eine solche Klausur haben soll. Schließlich gibt es im übergroßen deutschen Kanzleramt (viermal größer als das Weiße Haus in Washington) eine Anzahl Sitzungssäle, in denen man auch miteinander reden könnte. Nicht nur auch, sondern sogar preiswerter.
Früher hatten Klausuren neben einer exklusiven Bewirtung den Vorteil, daß sich die Teilnehmer vor der Öffentlichkeit zurückzogen. Statt jeden Zwischenstand ausführlich in die Presse zu tragen, kam nur das Endergebnis zur Sprache. Aber in Zeiten der mobilen Telefonie hat sich das geändert. Ein kleiner Gang zur Toilette und schon ist die Schlagzeile draußen.
Das Kanzleramt steckt voller Kommunikationseinrichtungen, Referenten und Sachverständige sind greifbar. Mit anderen Worten: es ist alles vorhanden, um effektive Besprechungen abzuhalten. Nach Schloß Gensheim muß alles erst mal transportiert werden, zu entsprechenden Kosten. Bei den heutigen Preisen - und dem Aufwand, den unsere Regierenden für ihre eigene Bequemlichkeit für angemessen erachten - kostet diese Klausur dem Steuerzahler zwischen 100.000 und drei Millionen Euro.
Müßte das Kabinett dieses Geld aus eigener Tasche bezahlen, würde eine solche Klausur nicht stattfinden. So aber veranstaltet man diesen "Arbeits"-Ausflug ins Umland bereitwillig. Nur warum? Ich denke, ich habe es herausgefunden: Das Kabinett möchte den Eindruck erwecken, es arbeite. Ohne Klausur würden wir Normalbürger glauben, daß diese Herrschaften das Tag für Tag tun. Aber diese Unterstellung reicht wohl nicht. Deshalb gehen die Spitzenpolitiker öffentlichkeitswirksam in jene Klausur um demonstrativ das zu tun, wofür sie bezahlt werden und Privilegien genießen: arbeiten.
Jetzt frage ich mich nur, ob das Kabinett auch arbeitet, wenn keine Klausur stattfindet.