Re: Gegen Todesstrafe - in jedem Fall
Geschrieben von Elisabeth am 08. Januar 2006 18:58:
Als Antwort auf: Re: Gegen Todesstrafe - in jedem Fall geschrieben von BBouvier am 08. Januar 2006 17:13:42:
Hallo BB,
ich prangere die Todesstrafe generell an, bloß hab ich hier die - für mich wichtigeren Argumente - weggelassen, weil sich davon erfahrungsgemäß strikte Todesstrafengegner ohnehin nicht überzeugen lassen. Daher hab ich mich auf das verlegt, was in der Praxis eher zumindest hin und wieder ein Umdenken bewirkt.
Die Opfer werden nicht wieder lebendig dadurch, und der Schmerz der Angehörigen wird dadurch auch nicht geringer, dass der Täter exekutiert wird.
Wie kann man auf der einen Seite "die sattsam bekannten Mängel des US-Justizapparats" konstatieren und gleichzeitig - wie hier im Forum mehrfach geschehen - Hinrichtungen im Ex- und Hopp-Verfahren fordern?
Wer sich auch nur ein bisschen mit den Verfahren befasst, der sieht, dass etliche davon im Wesentlichen allein auf Zeugenaussagen basieren - und da gabs schon genug, wo die Schuld "zweifelsfrei" festzustehen schien, und es doch den Falschen erwischt hatte. (Nicht selten, weil die Belastungszeugen sich durch ihre Aussage entlasten konnten oder auch richtiggehende Deals angeboten bekamen.) Einige wenige kamen nur frei, weil den Täter Jahre/Jahrzehnte später Reue überkam.Und ich geh mal davon aus, dass es in Ländern wie China, wo noch viel ungehemmter exekutiert wird, noch weit ärger zugeht als in den USA.
Solange noch jährlich irgendwo mehrere Flugzeuge runterstürzen, glaub ich an die Möglichkeit der hundertprozentigen Unfehlbarkeit eines Urteils einfach nicht.Und selbst wenn es möglich wäre, Schuld/Unschuld hundertprozentig zu beurteilen, daraus folgt noch lang nicht, dass irgendein Mensch das Recht hätte über den Wert und Unwert von dessen Leben zu entscheiden. Die meisten Menschen spüren das auch instinktiv ganz genau - denn kaum einer von euch wäre wohl bereit, selbst den Henker zu spielen. (Hoffe ich zumindest.)
Wer erklärt mir, warum es plötzlich "notwendig" sein soll, dass A.S. so rumwütet - obwohl das alle seine Vorgänger offenbar nicht als dermaßen unverzichtbar angesehen haben - wenn das so weitergeht, kommt er in 3 Jahren auf eine Zahl von Exekutioenn, die dort in den letzten 30 Jahren insgesamt erreicht wurde. Das soll ich normal finden???
Ich finde es viel eher normal, dass mehr als die Hälfte der US-Bundesstaaten die Todesstrafe längst schon abgeschafft haben!„Mittlerweile wird in den USA "nur" noch mittels Giftspritze hingerichtet. Erfunden hat die Methode ein Mann namens Fred Leuchter - in unseren Breiten durch den "Leuchter Report“ bekannt. In diesem wird die Existenz von Gaskammern und die Vergasung von Millionen Menschen im Zweiten Weltkrieg durch pseudo-wisschenschaftliche Methoden widerlegt. Damit ist Leuchter ein Star in der extremen Rechten und wird von den in den USA nicht verbotenen Nazi-Vereinigungen immer wieder zu Vorträgen eingeladen.
Dieser Fred Leuchter ist auch groß in das Hinrichtungsgeschäft eingestiegen. Er hat sogar einen eigenen Katalog: Da gibt’s das modulare Injektionssystem um 30.000 Dollar, den elektrischen Stuhl um 35.000 Dollar, den selten verlangten Galgen um 85.000 Dollar sowie die Fred-Leuchter-Gaskammer um 200.000 Dollar. Für Staaten, in denen es keine Hinrichtungseinrichtungen gibt, bietet Leuchter das so genannte "Exekutions-Mobil“ an - eine fahrbare Exekutionseinrichtung mit Injektionsmaschine, stählerner Arrestzelle für den Häftling und separaten Zonen für die Zeugen, den Kaplan und die Gefängnisbediensteten. Kostenpunkt: 100.000 Dollar.“
(Heinz Patzelt und Otto Lagodny zur Todesstrafe, aus: Journal-Panorama (gestaltet von Robert Uitz), Mittwoch, 23. November 2005, 18:25 Uhr, http://oe1.orf.at/highlights/48053.html)
Alles Liebe,Elisabeth
>
>Hallo, Elisabeth!
>Was Du anprangerst, das sind aber doch
>die sattsam bekannten Mängel des US-Justiz-Apparates.
>Und hier ging es EgoMan jedoch doch wohl um die Frage,
>ob ein Mehrfachmörder noch nach den dort gültigen
>Gesetzen zu behandeln sei, wo er doch mit
>allerlei Finessen und Tricks es geschafft hatte,
>sein Verfahren über einige Jahrzehnte in die Länge zu ziehen.
>Und nur DAS! dürfte auch die von Dir erwähnten Kosten
>verursachen.
>Das Erschiessen eines (beispielsweise)
>mehrfachen Kindermörders kostete rund
>1€ für die Patrone.
>Aber das ist ja wohl auch nicht Angelpunkt
>der Argumentation.
>Gruss,
>BB