TK 29. Dezember 2005

Geschrieben von Tarman am 28. Dezember 2005 23:54:11:

Roma locuta, hieß es früher. Oder präziser: Roma locuta, causa finis. Rom hat gesprochen, die Sache ist entschieden. Nun, der zweite Teil trifft nicht zu. Köhler hat zwar gesprochen, aber entschieden ist noch nichts. Aber er hat wenigstens gesprochen! Der Bundespräsident hat ein Interview gegeben und darin gefordert, die Arbeitnehmer angemessen an den Gewinnen der Unternehmen zu beteiligen. Und er hat die Konzeptlosigkeit der neuen Regierung bemängelt.

Sollte ich mich in dem Mann getäuscht haben? Jedenfalls hat er die richtigen Worte gesagt. Endlich! Endlich hat sich der Bundespräsident ein wenig bewegt... Falls Horst Köhler ein heimlicher Fan meiner Seite sein sollte: Gut gemacht, Horst! Aber jetzt dran bleiben! Weitermachen! Und wenn sich in den nächsten Wochen nichts bewegt, ruhig mal ins Fernsehen gehen! Wir mögen solche Interviews! Wir Bürger - und ich als Dauerkritiker aller Obrigkeit.

Eine Gewinnbeteiligung ist ein guter erster Ansatz, aber leider nur ein Ansatz. In vielen Kleinbetrieben beutet der Chef sich selbst aus und arbeitet nur deshalb weiter, weil er keinerlei Möglichkeit hat, anderweitig seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Aber tun wir einfach mal so, als wären alle Betriebe in der glücklichen Lage der Strommonopolisten, die einfach nach Laune festlegen, was die dankbaren Kunden demnächst mehr bezahlen dürfen. Dann fallen tatsächlich Gewinne an... Na ja, jedenfalls lohnt sich die Arbeit unter diesen Bedingungen ein wenig. Gewinn ist nämlich nur das, was totz Aufbietung aller Tricks dem Finanzamt eingestanden werden muß.

Und diese Gewinne sollen unter den Arbeitern verteilt werden? Ich halte zwar Buchhalter für ein leider nicht zu vermeidendes Übel, für einen Beruf für Leute, die eigene Kreativität tunlichst vermeiden wollen, aber zugleich sind diese Leute fähig, mir aus unverständlichen Kalkulationstabellen alles zu erklären, was ich glauben soll. Verkürzt gesagt: Buchhalter sind doof, aber auf ihrem eigenen Gebiet stecken sie mich noch im Halbschlaf in die Tasche. Das heißt, wie hoch der Gewinn ist, entscheidet der Finanzvorstand. Im Sinne der Heuschrecken, natürlich. Und die Arbeiter bekommen das, was übrig bleibt, nachdem sich Manager, Aufsichtsrat und Aktionäre bedient haben (in dieser Reihenfolge).

Trotzdem ist das eine gute Idee. Es muß etwas geschehen. Man muß nur von Anfang auch an den Mißbrauch denken, damit daraus kein Gesetz voller handwerklicher Fehler wird. Auch die Hartz-IV-Regelungen wurden von einer großen Koalition beschlossen, mit dem Ergebnis, daß die Kosten steigen, obwohl allen etwas weggenommen wurde. Demokratie ist eine wunderbare und hocheffiziente Regierungsform - falls man sie gegen die Demokraten ausreichend absichert.


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