Re: An Bouvier u. a. Antichristthematik: Betrachtung d. Antichrist
Geschrieben von Badland Warrior am 05. Januar 2005 00:34:49:
Als Antwort auf: An Bouvier u. a. Antichristthematik: Betrachtung Jesu geschrieben von Badland Warrior am 05. Januar 2005 00:32:49:
Dualismus und Antichrist-Vorstellung
Dualismus habe ich schon mehrfach erwähnt, und werde ihn hier näher erläutern. Es geht mir dabei um Religionsphänomenologie. Das heißt, ich beschreibe anhand von Gegebenheiten, wie bestimmte Denkweisen gelebt, oder vertreten werden.
Dabei geht es nicht darum, wie etwas zu sein hätte, sondern, wie eine Sache aufgebaut ist.
Dazu bediene ich mich des Beispiels des Christentums, das inhaltlich den meisten am bekanntesten sein dürfte. Was jedoch oft übersehen wird ist bei der Vielzahl der Theologien und Theologen, dass es Grundsatzansichten gibt, welche oft von vielen Worten verschleiert werden. Es geht mir dabei nicht darum, eine Religion anzugreifen, sondern Phänomene klarzustellen, und dies zu tun, um diese Ansichten anderen Ansichten gegenüber zu stellen.Das Christentum betont, dass Gott und Schöpfung getrennt sind.
Gott ist der Schöpfung übergeordnet.
Die Schöpfung ist durch den Sündenfall gefallen, verdorben, verkorkst.
Der Mensch ist grundsätzlich durch die Erbsünde, bzw. Ursünde, von Gott getrennt.
Der Mensch ist verdammt, in die Hölle zu fahren, wenn er nicht Christi Opfertod am Kreuz von Golgatha für sich in Anspruch nimmt. Dies muss durch eine persönliche Lebensübergabe stattfinden, in der der neue Gläubige Jesus sein Leben übergibt und ihn zum Herrn seines Lebens macht.
Durch Bekehrung wird alles abgewaschen, was vorher an Missetaten vorhanden war oder verübt wurde.
Es existiert im Jenseits ein Ort namens Hölle, wo alle Unbekehrten oder Abtrünnigen in alle Ewigkeit brennen werden.
Die Entwicklung der Welt ist linear. Sie wurde erschaffen, und wird durch Gott zerstört, der dann eine perfekte Welt erschaffen wird, in der die Erlösten in Ewigkeit leben werden. Vorher kommen die Verstorbenen, wenn sie denn artige Christen waren, in den Himmel.
Gott ist Gott der Vater, Gott der Sohn und Gott der Heilige Geist, drei Personen in eins.
Satan ist der Gegenspieler.
Gott ist nur gut, und Satan nur böse.
Alles, was nicht ausdrücklich mit Gott verbunden ist, ist teuflisch und damit böse.
Die Gebote des Neuen Testaments, hinzu die 10 Gebote und die jeweiligen Dogmen der jeweiligen Kirche, sind verbindlich, um ein Leben zu führen, das einen in den Himmel führt.
Das Leben wird restriktiv nach Normen ausgelegt, die, wie oben erläutert, vorgegeben sind.
Die Bibel ist das authentische unhinterfragbare inspirierte Wort Gottes.
Der Körper ist sündig und schlecht und nur eine Hülle. Alles, was mit ihm zu tun hat, ist sündig und muss, speziell, was Sexualität angeht, gemaßregelt werden.Die erwähnte Auflistung wird nicht bei allen Christen so gelebt. Das liegt daran, dass es sogenannte Mitgliedschaftschristen gibt, also solche, welche in eine christliche Gruppe oder Kirche hineingeboren wurden, und solche, die Christen durch Bekehrung wurden. Für die Fundamentalisten gelten aber nur Christen durch persönliche Bekehrung als Christen, alle anderen sind verkappte Heiden. Und nach Ansicht der Fundis kommen Heiden eh alle in die Hölle (was Heiden aber wieder ganz anders sehen, und die betroffenen Kirchenchristen meist auch)
Solch extreme Ansichten, die ich hier als fundamentalistisch bezeichne, werden von Kirchen wie den Siebenten-Tages-Adventisten, den Baptisten, den Methodisten, den Mennoniten, den Pfingstlern, den Four-Square-Gemeinden, der Brüder-Gemeine (sic!), den Jesus-Freaks, und anderen Gemeinschaften vertreten. In Abwandlungen sind die oben genannten gemeinsamen Punkte auch bei Sekten wie den Zeugen Jehovas, den Armstrongianern, den Mormonen (Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage) und ihren Absplitterungen vertreten. Wobei die Zeugen Jehovas dem Arianismus anhängen in der Form, dass sie Gott nur als eine Person ansehen, und Jesus nur ein Mensch war, gottähnlich, aber nicht gottgleich.Die Vorstellung von Gott ist also allmächtig und allgütig und allwissend. Auf die philosophische Insichwiedersprüchlichkeit möchte ich jetzt nicht eingehen. Dualismus lebt von Polarität. Es sind aber nicht ambivalente Pole, deren Grenzen fließend sind, sondern starre Pole. Es gibt das nur Gute und das nur Böse.
Im Zoroastrismus und im Manichäismus haben wir Gut und Böse als zwei gleichstarke Komponenten. Im Christentum ist der Dualismus abgeschwächt. Satan ist nicht so groß und mächtig wie Gott gedacht, aber als nur, absolut, immer und durch und durch böse. Der biblische Satan, der mit JHVH um die Seele von Hiob wettet, also eher ein Herausforderer ist, jener Satan, der im Hebräischen „Ankläger, Staatsanwalt“ lautet, ist zu einer bösen Macht verkommen. Das wird durch Umdeutungen bestimmter alttestamentlicher Stellen begründet.
Da es im Christlichen die konstruierte ausschließlich männliche Trinität gibt, die aus Gott dem Vater, Jesus Christus als Gottes Sohn und Aspekt Gottes und dem Heiligen Geist besteht, war es im dualistischen Denken nötig, dass es auch eine Antitrinität gab: Satan, der Antichrist und der falsche Prophet.
Der falsche Prophet ist laut christlicher Auffassung der Verkünder und Wegbereiter des Antichristen selbst. Er ist auch eine eher blasse Gestalt. Der Antichrist hingegen wird mit dem „Tier“ aus der Johannesoffenbarung identifiziert.
Der Antichrist ist sozusagen der Anti-Christus, das Gegenstück zu Jesus. Über die Herkunft des Antichristen gibt es allerlei Legenden und Folklore, aber auch Hollywoodmummenschanz, wovon sich nichts aus der Bibel ableiten lässt, eher wahrscheinlich aus mittelalterlichem Aberglauben, tumbem Rassismus und den Wahnvorstellungen testosteronverseuchter Kirchenväter.
Der Antichrist soll angeblich von einer jüdischen Jungfrau entweder mit dem Satan selbst oder mit einem Schakal gezeugt sein und ähnliche Geschichten sind im Umlauf. Inkubusaberglaube kombiniert mit Antisemitismus und sodomitischen Phantasien.
Kommen wir aber zur Bibel zurück. Über den Antichristen selbst in der Bezeichnung finden wir kaum etwas, aber über das Tier schon. In Offb. 13, V. 16 steht, dass es alle Menschen dazu zwingt, sich ein Malzeichen an die rechte Hand und an die Stirn zu machen, ohne dass niemand kaufen oder verkaufen kann, außer dem, der das Malzeichen hat. Und die Zahl des Tieres ist 666, wohlgemerkt nicht sechs- sechs – sechs, sondern sechshundertsechsundsechzig. Das wird in arabischen Ziffern zwar genau gleich geschrieben, ist dort aber eindeutig anders gemeint, denn die Zahl ist als Wort ausgeschrieben. „Denn wer Weisheit hat, der bedenke die Zahl des Tieres, denn es ist eines Menschen Zahl, und seine Zahl ist Sechshundertsechsundsechzig.“Inwieweit die Auffassung des Antichristen auch im katholischen oder orthodoxen Bereich verbreitet ist, weiß ich nicht, auch nicht, inwieweit dort das Tier mit dem Antichristen gleichgesetzt wird. Ich vermute jedoch, dass der Begriff des Antichristen als Gleichsetzung mit dem Tier schon ein präreformatorisch vorhandener Gedanke war.
Nach dem vorher ausgeführten Gedanken also ist der Antichrist jemand, der durch die Macht eines nur bösen Satans gezeugt wird, bzw. erzeugt wird. Dieser Mensch wird Weltherrscher und zwingt alle, sich das Zeichen geben zu lassen. Da kommen natürlich Ideen auf wie RFID, Barcodes, Chip-Implantate usw. Nur ist so etwas verwaltungstechnisch einfach nicht durchführbar. Man müsste wirklich jedes noch so weit weg liegende Eingeborenendorf jedes noch so unbekannten Stammes tatsächlich kennen (!!!), dort jeden Einzelnen registrieren und zwangslasern oder – implantieren lassen. Und einige Länder sind gelinde gesagt etwas nachlässig mit ihren Volkszählungen oder haben selbst keinen Überblick. Wenn es selbst in den USA völlig unzugängliche Gebiete gibt, wo sich schon seit Jahrhunderten alle möglichen Hillbillies, Rednecks und andere vor dem Gesetz verstecken konnten und es immer noch tun und ihre eigene bizarre Version des American Way of Life leben, auf quasimittelalterlich-frühneuzeitlichem Niveau, dann gilt das erst recht für Borneo, Papua-Neuguinea und andere Ecken des Planeten. Abgesehen davon, dass es überall Gruppen gibt, die dem alles andere als offen gegebnüberstehen würden.
Nun wird von einigen behauptet, das käme alles erst nach dem WK III oder dem Crash.
Ich behaupte, das geht überhaupt nicht. Wenn in allen ländern das Chaos regiert, dann fällt derartig viel in Schutt und Asche, dann werden derartig viele Oberen gelyncht, exekutiert oder anderweitig ums Leben gebracht, einige werden wohl auch durch dumme Zufälle oder Krankheiten sterben, dass von der seite erst mal kaum mit etwas zu rechnen ist. In einem globalen Chaos, wo es in den Städten und teilweise auch auf dem Lande so zugeht, dass Mad Max schon fast verharmlosend ist, wird kaum Zeit sein, sich so etwas auszudenken. Und danach? Danach werden die Überlebenden wahrscheinlich die eine oder andere Sauerei an den Regierungsbunkern angebracht haben, wenn die nicht eh mit Schutt zugeschütet sind. Was dann noch an Technikern übrig bleibt, nach Bürgerkriegen, Clansgemetzeln und privaten Abrechnungen, Unfällen und Seuchen ist wenig. Das Meiste an Technik und Wissen wird dann auch in Rauch und Flammen aufgegangen sein, durch Wasser zerstört oder verschüttet. Die Leute werden mit dem Überleben beschäftigt sein. So mancher IT-Freak wird dann wohl froh sein, wenn er tatsächlich Ersatzteile für den Generator hingebaut bekommt mit ganz primitiven Mitteln, um Benzin aus der einzig übriggebliebenen Tankstelle klauen zu können, die nicht in Brand geschossen wurde. Oder für Windräder oder was weiß ich.
Wo soll denn der Antichrist seine ganzen Heinis herholen, die wirklich nach dem völligen chaos wissen, wo in welchem Bergdorf in Tirol noch drei Leute sitzen oder in Swaziland noch ein Haufen Nomaden durch die Steppe streift, vorausgesetzt, da sind tatsächlich noch welche? Allein der technische und der Verwaltungsaufwand, und das noch zum funktionieren zu bekommen... Sorry. So sieht es meiner Meinung nach aus. Es kann ja meinetwegen jeder glauben, was er will, aber der antichrist ist für mich indiskutabel.
Geht man mal an die Überlieferungen anderer Völker, dann gibt es dort, wo sie nicht vom Christentum berührt sind, auch keinen Antichristen. Popol Vuh? Kein Antichrist. Hopi? Soviel ich weiß, auch nicht. Edda? Fehlanzeige. Veden? Ebenso. Das ist jetzt nur eine grobe Übersicht. Selbst in den gemeinsamen Nenner aller Visionen und Prophezeiungen passt er nicht rein. Er ist ein rein christliches Phänomen, sieht man mal davon ab, dass auch die Moslems von einem falschen Mahdi erzählen, wenn ich das richtig mitbekommen habe.
Ich spreche hier niemandem ab, wenn er gern annehmen möchte oder daran glaubt, dass der Antichrist kommen müsse, weil dann ja auch Jesus wiederkäme. Das ist christliches und besonders freikirchliches Glaubensgut. Soll er oder sie glauben. Ich kann es nicht und will es auch nicht, weil es für mich alles andere als stimmig ist, und ich auch kein Christ bin und meine Glaubenswelt völlig anders aussieht. Und die ist noch nicht mal mit dem Dualismus kompatibel.Wie gesagt: Es kommt darauf an, was man glaubt. Man kann auch an Prophezeiungen glauben, ohne an den Antichristen zu glauben. Es gibt ja sogar sehr viele Prophezeiungen, in denen entweder ein Antichrist nicht vorkommt oder die technischen Möglichkeiten, die ein Antichrist haben müßte, nicht mehr gegeben sind. Für einen tief bibelgläubigen Menschen ist es natürlich relevant. Es gehört zum Set an Lehren, das geglaubt wird. Für andere ist es jedoch irrelevant oder nur von sekundärer Bedeutung im Sinne von "diese Überlieferung gibt es auch noch, sie ist aber nicht relevant."
Nochmal etwas umgangssprachlicher: Es sagen auch etliche Seher und Propheten, dass nach dem WK III das technische Niveau etwa dem des 19. Jahrhunderts entspricht, wobei dies nur das Gesehen war und anzunehmen ist, dass nach einer solchen totalverwüstung sehr viele Überlebende in noch frühere Stadien zurückfallen. Daher werden die Schlachten des wK IV kaum mit moderneren Waffen ausgeführt werden. Schnellfeuergewehre, die aus dem WK III übrig sind, werden wohl das Höchste der Gefühle sein und das war es dann. Da anzunehmen ist, dass nach noch mehr Verheerung das technische Niveau NOCH niedriger sein wird, und Elektrizität, aber auch Hochtechnologie in mehr als weiter Ferne liegen, schließlich gehen die Schätzungen oder Aussagen von einem Schwund zwischen 5 Milliarden bis zu 4 Milliarden aus, und die Wenigen, die etwas Wissen haben, werden froh sein, ihr dasein auf die Reihe zu kriegen. Von daher kann ein weltweites Überwachungssystem, eine Einweltregierung und solch ein Gedöns gar nicht möglich sein. Abgesehen davon ist die Überlieferung vom Antichristen einigen Religionsgemeinschaften vorbehalten, also kein Allgemeingut und fallen von daher bei Betrachtung des kleinsten gemeinsamen Nenners heraus, aber auch angesichts der technischen Möglichkeiten derer, die überleben. Außerdem sehen viele Seher oder Propheten auch gar keinen Antichristen oder eine derartige Gestalt.
Man braucht auch überhaupt nicht an Prophezeiungen und Visionen zu glauben und kann allein durch Betrachtung dessen, was geschichtlich schon ablief und noch abläuft, Tendenzen erkennen, a la Widowson und Beasley, und sich vorbereiten auf das, was unvermeidlich kommen wird.Baddy
- Re: An Bouvier u. a. Antichristthematik: Betrachtung d. Antichrist BBouvier 05.1.2005 00:46 (0)