. \\\*/// ... 'Entmännlichte': Führer in die Zukunft? (III)_~~~______***

Geschrieben von Ego Man am 02. November 2005 22:29:

Quelle: http://www.worldofescher.com/gallery/jpgs/P7L.jpg
M. C. Escher: Day&Night, 1938

Gekränkt, feige, verweiblicht?
Was Männer aus dem Fall von Stoiber und Müntefering lernen können


BERLIN; November 2005. Spinnen die? Oder sind sie bloß feige? Liegt es an mangelndem Ehrgeiz und Ehrgefühl? Oder an krankhafter Überreizung der Sinne, die zu übermäßigem Leicht-beleidigt-sein führt? Zwei Männer drücken sich vor ihrem Job, und ein ganzes Land rätselt über die Gründe. Wie kommen Edmund Stoiber und Franz Müntefering, diese beiden so machtverliebten Männer, dazu, sich derart machtscheu zu verhalten - und dabei all jene männlichen Tugenden aufzugeben, die Männer wie sie bisher ausgezeichnet haben: Eroberungslust, Durchhaltewillen, eiserne Treue? Liegt es daran, dass Müntefering aus dem Sauerland stammt und "Sauerländer nun einmal leicht beleidigt sind", wie am Dienstagabend in einer Fernsehdiskussion gemutmaßt wurde? Aber was hieße das dann für Stoiber und für die Bayern? Oder zeigt sich in diesem empfindlichen, beleidigten, unmännlichen Verhalten nicht vielmehr ein allgemeiner gesellschaftlicher Trend zur Entmännlichung der Männer, eine Selbstdemontage männlicher Führungsfiguren, der auf die generelle Verweiblichung der Gesellschaft verweist?

Müntefering und Stoiber sind ja nicht als Einzelfälle zu sehen. Man denke an Oskar Lafontaine, der 1999 nach einem jahrelang eingefädelten Aufstieg zum Bundesfinanzminister nach nur wenigen Wochen wieder aus dem Amt schied - angeblich, weil ihm die "Diskussionskultur" in der rotgrünen Führungsspitze nicht behagte. "Den Lafontaine machen" wurde umgehend zum geflügelten Wort für einen überraschenden Rückzug, den man mit besonders unmännlichen Argumenten begründet.

Einen perfekten Lafontaine legte dann etwa Gregor Gysi hin, der es in dem ersten wirklich entscheidungsbefugten - und verantwortungsbelasteten - Amt, das er jemals bekleidet hat, als Berliner Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen (!), gerade einmal sechs Monate aushielt; danach nahm er eine vergleichsweise belanglose Affäre zum Anlass, um zurückzutreten.

In Lafontaine und Gysi traf man die ersten politischen Wiedergänger der aus der Popkultur bereits gut bekannten softies und wimps: der unmännlichen Männer, die auf ihre Umwelt - und das heißt ja auch stets: auf die Frauen - nicht allein durch machtvolles Ausspielen ihrer Manneskraft wirken möchten, sondern zugleich durch gefühlsbetontes Infragestellen männlicher Rollenmodelle. Dies gilt in besonderem Maße für linke Männer, die sich in den Siebziger- und Achtzigerjahren ihren universitären Weg durch Autonome Frauencafés bahnen mussten. Aber auch Konservative können längst nicht mehr auf die alte Gewissheit vertrauen, dass Macht allein sexy macht. Wer nur über Macht verfügt, wirkt in einer von Wählerinnen und weiblichen Wünschen bestimmten Medienwelt lediglich grau. Sexy wird man hingegen durch ein ironisch gebrochenes Verhältnis zur Macht und zur machtausübenden Männlichkeit - ein ambivalentes Rollenmodell, dessen Einübung derart kompliziert ist, dass die nach Macht strebenden Männer darüber nicht selten vergessen, was sie mit der Macht überhaupt wollen, wenn sie sie haben.

Bei Figuren wie Gysi und Lafontaine ist die Erotik der Macht schon lange durch eine Erotik des Strebens nach Macht ersetzt. Die größte Befriedigung beziehen sie aus dem Aufschub der Befriedigung, weswegen die psychoanalytische Männerforschung in ihrem Fall auch von "masochistischen Männern" spricht. Bei solchen steht das passive Genießen höher als die Lust am aktiven Gestalten: eine psychosexuelle Verfassung, die aus der Perspektive herkömmlicher Rollenverteilungen als verweiblicht erscheint - und tatsächlich ja auch jenem Männerbild entspricht, wie es von der älteren Frauenbewegung in Form des "unmännlichen Mannes" immer wieder gefordert worden ist.

Bei Müntefering und Stoiber ist die Lage insofern noch weiter verweiblicht, als sie sich nicht nur als Männer in einer weiblicher gewordenen Gesellschaft behaupten mussten. Am Ende sollten sie sich in Machtstrukturen einfügen, die sich um eine große Mutter - Angela Merkel - zentrieren. Aber auch für einen masochistischen Mann ist Macht, die man von einer Frau verliehen bekommt, unter Wahrung der verbliebenen Männlichkeit nicht zu genießen. Die Ankündigung Stoibers, nach dem Amtsverzicht Münteferings ebenfalls auf einen Posten in der Bundesregierung zu verzichten, verweist nicht - wie man auf den ersten Blick glauben könnte - auf ein enttäuschtes homosexuelles Begehren zwischen den beiden. Vielmehr kommt hier die berechtigte Angst vor einer Entwicklung zum Tragen, die die Psychoanalyse als präödipale Persönlichkeitsstörung bezeichnet. In Gegenwart einer übermächtigen Mutter verlieren viele Männer ihre geschlechtliche Identität - insbesondere, wenn ihnen auch noch das entlastende male bonding untersagt wird, der Freundschaftsschluss mit einem anderen Unterdrückten. Wer sich ohne männlichen Freund unterordnet, empfindet als wahren Mann bald die mächtige Frau.

Am Ende solcher Prozesse steht daher nicht selten der Wunsch, Frauenkleider zu tragen - ein Phänomen, das die historische Männerforschung vor allem in Krisenzeiten, Phasen des gesellschaftlichen Umbruchs aufgefunden hat. So häufen sich im Kino der Nachkriegszeit die Komödien, in denen dezentrierte, aus ihren traditionellen Rollenmustern verstoßene Männer sich in Frauenkleidern zu bewähren versuchen: Cary Grant in "Ich war eine männliche Kriegsbraut" oder Heinz Rühmann in "Charleys Tante". Dabei spielt es keine wesentliche Rolle, ob der Krieg gewonnen oder verloren wurde - auch die siegreichen amerikanischen Kriegsheimkehrer 1945 hatten große Schwierigkeiten, sich im zivilen Leben wieder zurechtzufinden: In Wirtschaft und Politik waren viele Entscheidungsposten inzwischen von Frauen besetzt.

Insofern befanden sie sich in der gleichen Situation wie die Kriegsheimkehrer Müntefering und Stoiber heute. Nach dem verlorenen Kampf um die Kanzlerschaft sollen sie sich in Machtstrukturen einfügen, in denen viele Entscheidungsposten von Frauen besetzt sind - nicht nur in der Bundesregierung, sondern in beiden Fällen auch in der eigenen Partei. Im letztmöglichen Akt männlicher Solidarität haben sich beide nun gegen die Unterwerfung und den Identitätsverlust entschieden - lieber wollen sie sich lustvoll als Opfer unguter Umstände bedauern lassen und sich den Rest ihres Lebens als machtferne Masochisten mit sich selber befassen.

Das muss nicht langweilig sein: Masochistische Männer sind nicht nur sanfter, verständnisvoller und generell angenehmer im sozialen Umgang. Ihr sexuelles Erleben ist reicher, weil die Präferenz für das passive Genießen ihnen erlaubt, den gesamten Körper als erogene Zone zu nutzen - während der normale heterosexuelle Mann sein sexuelles Erleben öde um den Penis zentriert. Das Müntefering- und Stoibertum ist keine Katastrophe. Es kann auch ein positiver Ausgangspunkt sein für eine erweiterte Beschäftigung der Männer mit sich selbst. Jens Balzer.

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Ego Man
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