Re: Die Grenzen der schulden...an Johannes
Geschrieben von BBouvier am 21. Juli 2005 00:02:38:
Als Antwort auf: Re: Die Grenzen der schulden geschrieben von Johannes am 20. Juli 2005 23:20:26:
Hallo, Johannes!Das war sehr lichtvoll, Danke!
Es ist ja nicht so, dass ich nicht bereit wäre, stets
dazuzulernen, und insofern bitte ich Dich um
Vergebung für meinen (unverzeihlichen) Seitenhieb ganz unten.Die Sache mit der (rein technischen!) Ausgabe von Banknoten
hast Du fein erklärt.
Ich frage mich jedoch (ernstlich!), ob mir bei Deinen
Ausführungen etwas wesentliches entgangen sein sollte:Bei den vom Staat ausgegebenen Banknoten
handelt es sich doch um in den Verkehr
gebrachte, anonyme "Wechsel".
Um neue, zusätzliche, mit Zins behaftete Schuldscheine.
Das heisst:
"Wenn 1.000.- draufsteht, dann hat die Gemeinschaft
1.000.- zusätzliche, neue Schulden.
Und dafür sind Zinsen zu erbringen,
und dann Zinseszinsen...etc...bis mal zur Stratosphäre...."Gedeckt", nur mit dem Versprechen des Bedarfträgers,
für diese frei flottierenden
Wechsel mit künftig zu erbringender Leistung gerade zu stehen.Gerade zu stehen für eine Exponentialkurve.
Und,ich sag Dir:
Dat geiht nich gaud, dat, nej, nej..."Spart" Jemand an, dann sammelt er (im Gegensatz zu einer
Metallwährung) eben keine "Werte" (was kaum Einer bedenkt),
sondern mit Zins behaftete Wechsel/Schuldscheine.
Die sich lawinenartig vermehren MÜSSEN.
So die Spielregel.Gruss,
BB
>Bouvier:
>>> "Schulden" kann man nicht "beseitigen", weil Geld
>>> Schulden sind.
>>> Es sei denn, Du schaffst das Geld ab.
>>> Wenn der Staat keine Schulden hätte, dann wären die
>>> Privathaushalte verschuldet, in genau dieser Höhe.
>>> Merke:
>>> "Geld", das sind gedruckte Schuldscheine.
>detlef:
>> stimmt, du hast recht. solange die ohne staatsschatz als deckung geld
>> ausgeben, ist das schuld.
>
>Hallo detlef,
>BB hat da nicht ganz recht, denn die Menge der umlaufenden Banknoten ist etwas anderes als die Menge der Schulden.
>Zur Größenordnung: Die Schulden der öffentlichen Hand betragen derzeit etwa 1.400 Milliarden Euro, die Menge des umlaufenden Bargelds nur etwa 100 Milliarden.
>Zur Deckung: Ich persönliche würde eine Golddeckung bevorzugen, aber bevor sich der Staat das Gold auf Pump kaufen muß, ist es mir lieber, er macht weiter wie bisher. Sprich, das Geld ist derzeit nicht durch Edelmetalle gedeckt, sondern durch das Vertrauen in die Wirtschaftskraft. Hierzu ist es wichtig, daß nicht zuviel Geld in Umlauf kommt, sondern im richtigen Verhältnis steht zur Wirtschaftskraft.
>Noch eine Zahl: Das Bruttosozialprodukt (wird inzwischen Bruttonationaleinkommen genannt) betrug im Jahr 2003 für Deutschland gut 2.000 Milliarden Euro. Um diese Leistung zu erwirtschaften, waren ca. 100 Milliarden Bargeld erforderlich (Menge schwankt). Also waren für ein Einkommen von 100 Euro etwa 5 Euro an Banknoten erforderlich.
>Sind Geldscheine nun Schulden oder nicht und ist Geld per se mit einem Zins belastet?
>Der einzelne Schein ist nicht mit einem Zins belastet. Aber der Staat wirft die Banknoten auch nicht einfach aus dem Fenster, sondern gibt sie gegen den Diskontsatz an die Banken ab. Hiermit kann der Staat entscheiden, wie teuer die Nutzung der Banknoten ist. Staatlich garantiertes Geld ist eine Dienstleistung des Staates für seine Bürger, hierfür erhebt er eine gewisse Ausgabegebühr. Man könnte die auch als Umlaufsicherung bezeichnen, um mal einen Begriff der Freigeldanhänger zu verwenden. Die staatliche "Umlaufsicherungsgebühr" beträgt derzeit etwa 2%, hinzu kommt noch ein Aufschlag der Banken bei der Verteilung, so daß man Geld ab etwa 4% Zins (Nutzungsgebühr!) bekommt.
>So ergibt sich aus den Zahlen, das bei einem Bruttosozialprodukt (Bruttonationaleinkommen) von 2.000 Milliarden und einer Banknotenmenge von 100 Milliarden etwa 4 Milliarden an Zinsen zu zahlen sind. Diese 4 Milliarden sind die Nutzungsgebühr für die Banknoten (die meist höheren Zinsen sind Risiko- bzw. Kleinmengenaufschlag, die etwa 4% sind die Geldkosten an sich).
>Also, nochmal: Für einen Gesamtverdienst innerhalb Deutschlands von 2.000 Milliarden fallen Nutzungsgebühren in Höhe von etwa 4 Milliarden an, d.h. 0,2 Prozent.
>Wenn BB nun schreibt:
>>> "Schulden" kann man nicht "beseitigen", weil Geld
>>> Schulden sind.
>>> Es sei denn, Du schaffst das Geld ab.
>>> Wenn der Staat keine Schulden hätte, dann wären die
>>> Privathaushalte verschuldet, in genau dieser Höhe.
>so sollten wir deutlich unterscheiden zwischen den Schulden einerseits und den Grundkosten / der Nutzungsgebühr des Geldes. Die Grundkosten (etwa 0,2% die Verdienstes) sind Grundkosten, die kaum zu vermeiden sind (eine Abschaffung des Geldes mit einer Rückkehr zur Tauschwirtschaft hätte viel höhere Kosten bzw. Verdiensteinbußen zur Folge), die eigentlichen Schulden sind natürlich zu vermeiden. Die kann der Staat, die kann (theoretisch) jeder zurückzahlen. Und dann hat kein anderer diese Schulden, so wie BB sagt, sondern ein anderer hat wieder das Guthaben, das ihm schon immer gehörte und ich nur geliehen hatte.
>Sicher, die Schuldenfreiheit würde das Wirtschaftswachstum bremsen, aber daß es möglich ist, ohne Schulden auszukommen, hast Du ja gezeigt. Man muß sich eine Leistung oder ein Gut erst erarbeiten, bevor man es nutzen kann. Das verlangsamt zwar die Produktion und die Entwicklung, aber dafür geht es kontinuierlich und stabil voran.
>Wenn wir heute das Problem haben, daß wir (wir selbst, der Staat, die Unternehmen) das geliehene Geld nicht zurückzahlen können, so liegt das daran, daß wir Deine Erkenntnis (erst arbeiten, dann konsumieren) nicht beachtet haben, aber es liegt nicht an den Zinsen an sich. Die Zinsen sind Folge unserer Gier, jetzt konsumieren zu wollen, bzw. der mißglückten Hoffnung, daß ich mit dem geliehenen Geld mehr verdienen kann, als es mich kostet.
>Nochmal zum Vergleich: Die oben errechneten Kosten für die Banknoten betragen etwa 4 Milliarden, das sind knapp 50 Euro im Jahr je Einwohner, 4 Euro im Monat. Die Schulden allein der öffentlichen Hand betragen dagegen etwa 17.500 Euro je Einwohner, bedingen als Zinszahlungen von vielleicht 700 Euro im Jahr. Hinzu kommen private Zinsen und die Zinsen der Unternehmen, die diese auf die Preise umlegen müssen.
>Fazit: Grundkosten bleiben zwar auch nach Rückzahlung der Schulden bestehen, aber für die 4 Milliarden bekommen wir eine Dienstleistung, die ein Vielfaches einbringt. Die Zinsen hingeben, die nicht mehr sofort aus dem laufenden Einkommen zu tilgen sind, die sind echte Schulden, die fortwährend wachsen. Die Probleme ergeben sich also nicht aus den Grundkosten, sondern aus den Schulden. Diesen Unterschied sollten wir beachten.
>
>Etwas anderes, aus gegebenem Anlaß: Mir ist an der Sache gelegen, deshalb gehe ich ja so in die Tiefe. Und würde einen anderen Poster nicht abkanzeln, indem ich ihm vorwerfe, die Zusammenhänge sowieso nie zu kapieren und daß ich daher vor seiner Naivität kapitulieren müsse. Wer auf Argumente so reagiert, der disqualifiziert sich selbst für eine vernünftige Diskussion.
>Gruß
>Johannes
>
>Links zu meinen Zahlenangaben:
>Schuldenuhr: http://www.steuerzahler.de/webcom/show_softlink.php/_c-33/i.html
>Bruttosozialprodukt: http://de.wikipedia.org/wiki/Bruttonationaleinkommen
>Menge der umlaufenden Banknoten: Börsenzeitung, zitiert nach http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/abromeit/lb-hort.htm, siehe TZ 5
>
>
>>gruss,detlef