Re: Keine Entspannung im Kosovo!

Geschrieben von Suchender am 20. Juli 2005 09:41:14:

Als Antwort auf: Re: Keine Entspannung im Kosovo! geschrieben von Suchender am 09. Juli 2005 09:38:29:

Mutmaßlicher Abschluss

Berlin und die NATO bereiten sich auf neue Unruhen im Kosovo vor. Ein entsprechendes Militärabkommen unterzeichnete der NATO-Generalsekretär am Montag in Belgrad. Beobachter rechnen mit gezielten Provokationen nationalistischer Albaner, die auf die im Herbst beginnenden Statusverhandlungen Einfluss nehmen wollen. Ziel ist die Sezession des Kosovo. Auch maßgebliche Vertreter der deutschen Außenpolitik befürworten die Loslösung von Serbien. Strittig sind Methoden und Zeithorizont. Während die Kosovo-Eliten einen schnellen Machttransfer verlangen, befürchten Berlin und die NATO verlustreiche Kämpfe bei der Austreibung der letzten serbischen Bewohner. Um das Tempo zu drosseln, hält die NATO Truppen bereit und plant Einsätze auf dem Gebiet Serbiens. Von dort sollen westliche Streitkräfte vorstoßen, sobald das Sezessionsgeschehen unübersichtlich wird. Die erwarteten Unruhen könnten auf die Nachbarstaaten übergreifen, meint der ehemalige jugoslawische Generalkonsul Vlado Nadazdin im Gespräch mit german-foreign-policy.com. Albanische Politiker propagieren u.a. in Mazedonien und Griechenland eine ethnische Landnahme ("Groß-Kosovo").

Wegen der Sezessionsvorbereitungen und der dabei vorhersehbaren Gewaltakte finden seit Tagen Gespräche statt. Nach NATO-Generalsekretär de Hoop Scheffer hielt sich auch der EU-Außenbeauftragte Javier Solana in Belgrad auf. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium Walter Kolbow hatte in der vergangenen Woche den kosovarischen Premierminister Bajram Kosumi zu Gesprächen über die "Perspektive" des Kosovo und der dort eingesetzten deutschen Besatzungstruppen empfangen. Dabei ist über "die Sicherheit der eingesetzten Soldaten" verhandelt worden, erklärt das Ministerium. Im Herbst sollen Konsultationen wegen einer möglichen Sezession des Kosovo beginnen, wie sie von Berlin seit Jahren systematisch begünstigt wird. Beobachter rechnen mit schweren Unruhen, die die Loslösung des Gebietes aus dem Territorium Serbiens forcieren sollen - vergleichbar den Pogromen vom März 2003. "Es gibt Anzeichen und öffentliche Äußerungen von albanischen Politikern", die gewaltsame Ausschreitungen vermuten lassen - "mit schlimmeren Folgen als vor zwei Jahren", warnt der ehemalige Generalkonsul Nadazdin.

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Die Chaotisierung des Sezessionsgeschehens wird von westlichen Überlegungen begleitet, anlässlich der Abspaltung des Kosovo auch die Restbestände des ehemaligen Jugoslawien zu atomisieren. Wie eine Sprecherin des EU-Chefaußenpolitikers Javier Solana mitteilt, war eine mögliche Loslösung Montenegros von Serbien Gegenstand seiner gestrigen Verhandlungen in Belgrad. Ein Referendum über die Sezession müsse "im Rahmen der Verfassung" und nach "europäischen Standards" abgehalten werden; es könne im Frühjahr stattfinden, sei aber nicht zwingend nötig, hieß es über die Erwägungen der EU. Mit einer Sezession des Kosovo und Montenegros fände die von Deutschland forcierte Zerschlagung Jugoslawiens ihren mutmaßlichen Abschluss. Das flankierende NATO-Transitabkommen, das jetzt in Kraft gesetzt wurde, eröffnet der Bundeswehr und den übrigen Besatzungstruppen auf dem gesamten Balkan weitere militärische Einsatzoptionen - auch an den nördlichen Grenzen Griechenlands.

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Besonders aufschlußreich über den ernst der Lage im Kosovo scheint ist aber das Interview mit dem ehemaligen Generalkonsul der Bundesrepublik Jugoslawien Vlado Nadazdin:

Interview mit Vlado Nadazdin

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german-foreign-policy.com : Reagiert der Westen auf die Spannungen?

Nadazdin : Am Montag war NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer in Belgrad. Das einzige Ergebnis ist die Unterzeichnung eines Abkommens, das NATO-Truppen dazu berechtigt, die Straßen des ehemaligen Jugoslawien zu benutzen, um Interventionen in den Nachbarländern durchführen zu können. Der Außenminister hat als Anlass für das Abkommen angegeben, dass eine Verstärkung der NATO-Truppen im Kosovo leichter möglich sein soll, wenn sich die Unruhen vom 17. März 2003 wiederholen sollten. Es gibt Anzeichen und öffentliche Äußerungen von albanischen Politikern, dass dies der Fall sein könnte - mit schlimmeren Folgen als vor zwei Jahren.

german-foreign-policy.com : Das Gebiet ist also offenbar in Folge des NATO-Überfalls ein einziger Brandherd geworden.

Nadazdin : Der Brandherd ist seit 1999 nicht verschwunden. Er wurde nicht gelöscht, könnte vielmehr jetzt richtig aufflammen, wie die Waldbrände in Spanien. Das kann ganz plötzlich losgehen.



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