Imperium germanicum

Geschrieben von Suchender am 25. April 2005 15:53:

GÜTERSLOH/PARIS/BERLIN - Die Bertelsmann AG, der größte europäische Medienkonzern, übernimmt eine französische Buchhandelskette und erweitert damit ihr ,,französische(s) Imperium". Im Gespräch ist auch ein Einkauf bei ,,Le Monde", dessen EU-Kurs Berliner Interessen entspricht. Die Begehrlichkeiten des deutschen Unternehmens sind in Frankreich kaum bekannt, da der Konzern bei seiner Expansion ,,behutsam" auftritt und mit Tochterfirmen agiert, die nicht mit seinem Namen in Verbindung gebracht werden. Wie es in der deutschen Presse heißt, könnte Bertelsmann ein Tabu brechen und außer bei ,,Le Monde" auch Übernahmen in anderen Bereichen des französischen Pressemarktes ins Auge fassen. Mit spektakulären Schritten, die Hinweise auf das Unternehmen geben könnten, hält sich der Konzern zurück und vermeidet es, die französische Öffentlichkeit vor der Abstimmung über die EU-Verfassung (Ende Mai) zu irritieren.

Die aktuelle Übernahme des deutschen Medienkonzerns in Frankreich erfolgte über eines der vielen Tochterunternehmen: Die DirectGroup Bertelsmann erwirbt die größte unabhängige französische Buchhandelskette ,,Privat" mit insgesamt 32 Filialen (6 davon in Belgien). Privat ist in den vergangenen Jahren stetig zweistellig gewachsen und gilt als ausgesprochen profitabel. Bertelsmann wird damit zur Nummer zwei im französischen Buchvertrieb hinter FNAC und vor der Supermarktkette Leclerc. Mit Privat verfügt der Konzern über ein drittes Standbein im französischen Buchmarkt: Zur DirectGroup gehören bereits der größte französische Buch- und Medienclub France Loisirs (3,7 Millionen Mitglieder, 204 Filialen) und die 2004 neu gegründeten Medienkaufhäuser Place Media, die in Partnerschaft mit lokalen Buchhändlern betrieben werden. Bertelsmann will auf dieser Basis weiter expandieren: ,,In allen drei Segmenten streben wir weiterhin Wachstum an", erklärt der für Frankreich zuständige DirectGroup-Geschäftsführer.

Versteckt
Das Mutterunternehmen Bertelsmann AG, dessen wirtschaftlicher Aufstieg auf der Produktion von NS-Propaganda basierte und das deshalb als ,,Hitlers bester Lieferant" bezeichnet werden darf, erzielt inzwischen mit 76.266 Mitarbeitern einen weltweiten Umsatz von 17 Milliarden Euro. Der französische Marktanteil des Konzerns ist einer der bedeutendsten: Sechzehn Prozent des Auslandsgeschäfts entfallen auf Frankreich. Das umfangreiche ,,französische Imperium" von Bertelsmann wird kontinuierlich erweitert, wobei der deutsche Konzern bestrebt ist, ,,behutsam" aufzutreten; sein Name sowie seine nationale Herkunft werden nur von Experten wahrgenommen. Bertelsmann ist im Fernsehen, im Rundfunk, bei der Magazinpresse und als Buchklub präsent, verbirgt sich aber hinter unverfänglichen Bezeichnungen: Der führende Buchklub des Landes heißt weiter ,,France Loisirs", die Illustrierten laufen unter dem Verlagsnamen ,,Prisma", der Radiosender RTL ist Marktführer, gilt aber als harmloses und unpolitisches Unikum aus Luxemburg. Auch hinter dem TV-Sender M6 vermuten die französischen Zuschauer keinesfalls deutsche Besitzer.

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Waffen
Sollte Bertelsmann mit dem Aufkauf französischer Tageszeitungen beginnen, zeichnet sich ein Oligopol im Pressewesen ab. Neben dem deutschen Unternehmen bestimmen Dassault (zwei Drittel) und Lagardere (ein Drittel) den regionalen Printmarkt Frankreichs. Dassault und Lagardere sind Rüstungskonzerne; Lagardere hält Beteiligungen am deutsch-französischen Waffenkonsortium EADS. Bei EADS ist auch Bertelsmann vertreten: Im Aufsichtsrat der Bertelsmann AG sitzt die Deutsche Bank, ein wesentlicher EADS-Aktionär. Die zentrale Bedeutung des EADS-Konsortiums für die EU-Rüstungspolitik stärkt Bertelsmann bereits seit mehreren Jahren. Die ,,Bertelsmann-Stiftung" betreibt intensives politisches Lobbying für eine weltweit agierende Militärsupermacht EU unter deutscher und französischer Führung.


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