Die Rolle Polens in Europa und zu Russland
Geschrieben von Suchender am 20. April 2005 10:58:
Das Syndrom des kleinen Bruders
Während die Europäische Union recht erfolgreich ein Gipfeltreffen mit Russland vorbereitet (es findet am 10. Mai statt), gehört es für einige der neuen EU-Mitglieder beinahe zum guten Ton, hin und wieder ihre unverhohlen antirussische Gesinnung zu demonstrieren.
Besonders Polen hat sich da hervorgetan. Ein Land mit einer großen Bevölkerung, einem nicht geringen Wirtschaftspotential und einer reichen Kultur könnte sich zu einem der wichtigsten Teilnehmer am Aufbau eines einheitlichen Europa entwickeln. Stattdessen konzentriert sich die polnische Diplomatie neuerdings auf zwei Hauptrichtungen: die vorbehaltlose Orientierung auf die USA und eine erbitterte Russophobie. Wie Adam Michnik, bekannter polnischer Schriftsteller und Chefredakteur der "Gazeta wyborcza", zugibt, ist "Polen das proamerikanischste Land der Welt. Es ist proamerikanischer als Amerika selbst." Warschaus servile Unterstützung für die amerikanische militärische Invasion in Irak veranlasste Jacques Chirac seinerzeit, die "ungezogenen" jungen EU-Mitglieder aus Osteuropa zu verurteilen, die "eine gute Chance, sich einmal in Schweigen zu hüllen, versäumt haben".
Seitdem hat sich der Konflikt zwischen dem "Alten Europa" und den Neulingen in der Europäischen Union offenbar nur weiter verschärft. Kürzlich verzichtete Warschau ostentativ auf die französischen "Mirage"-Jäger und kauft nun für 3,5 Milliarden Dollar 48 amerikanische F-16-Maschinen, was den größten militärtechnischen Vertrag der postkommunistischen Zeiten darstellt. Das bekräftigt wohl am überzeugendsten den Verdacht, dass das junge Mitglied der Europäischen Union Polen als den Garanten der eigenen Sicherheit nicht die neue europäische Familie betrachtet, zu der es eben erst gestoßen ist, sondern die Supermacht in Übersee: die Vereinigten Staaten.
Aber wenn Warschau militärische Hilfe jenseits des Atlantik sucht, warum bittet es dann um Wirtschaftshilfe diesseits des Atlantik, bemüht, aus der gesamteuropäischen Kasse möglichst viel herauszuziehen, fragt man sich in Brüssel befremdet. Deutschlands Bundesaußenminister Joschka Fischer ging noch weiter. Dieser Tage stellte er öffentlich die Frage, ob Washington nicht Warschau benutze, um die erweiterte Europäische Union zu spalten und zu schwächen. In der Presse des "Alten Europa" ist Polen als amerikanisches "Trojanisches Pferd" verrufen, ein Journalist nannte es sogar einen "Trojanischen Esel".
Zugleich hat sich Polen in den letzten Monaten mehrere antirussische Ausfälle erlaubt. So hatten die Behörden von Warschau nichts besseres zu tun, als einen städtischen Platz neu zu benennen, und zwar nach Dschochar Dudajew, der in Russland als der Vater des tschetschenischen Terrorismus gilt.
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- Re: Die Rolle Polens in Europa und zu Russland werner 20.4.2005 18:02 (0)