PRESSESTIMMEN ZU RATZINGER

Geschrieben von Rotamint am 20. April 2005 01:21:

hier ein paar puzzel-stücke die ihr schon gefunden habt
sehr gut Beiträge!!

PRESSESTIMMEN ZU RATZINGER

"Nicht geschmeidig, aber prinzipientreu"

Die Wahl des deutschen Kurienkardinals Joseph Ratzinger zum Papst hat in der Presse hierzulande einen begeisterten Widerhall gefunden. Vielfach mischten sich aber auch mahnende Töne in die Freude. Der neue Pontifex müsse endlich kirchliche Reformen einleiten, hieß es.

"Bild-Zeitung", Hamburg: Oh, Freude! Die katholische Welt hat ein neues Oberhaupt. Oh, Stolz! Es ist ein Deutscher. Joseph Ratzinger, der den Namen Benedikt wählte - der "Gesegnete". Der letzte Papst dieses Namens ging in die schrecklichen Annalen des Ersten Weltkrieges als "Friedenspapst" ein. Unermüdlich vermittelte er zwischen den verfeindeten Mächten. Der Weg, der vor dem neuen Pontifex liegt, ist steil und steinig. Behutsam muss er die Kirche in die moderne Welt von heute führen. Einen jähen Bruch mit bewährten Traditionen wird es nicht geben. Ein starres Festhalten an Positionen, die viele Gläubigen seit Jahren kritisieren, aber auch nicht. Der von Johannes Paul II. so demütig begonnene Dialog mit Islam und Judentum muss fortgesetzt werden. Der Papst ist unendlich viel mehr als ein "Medien-Star". Er ist und bleibt das gute Weltgewissen. Gottes Segen möge den Papst aus Deutschland von Tag zu Tag begleiten!

"Märkische Allgemeine", Potsdam: Die Überraschung besteht erst einmal darin, dass Joseph Ratzinger tatsächlich zum Papst gewählt wurde, obwohl sein Name stets als einer der ersten fiel, wann immer es um die Nachfolge von Johannes Paul II. ging. Die Erfahrung lehrt doch, dass die zuerst gehandelten Kandidaten keine Chance haben. Nicht weniger überraschend erscheint, dass ein Deutscher Papst geworden ist - angesichts der belasteten Geschichte dieses Volkes. Die übrigen Argumente, das hohe Alter etwa, die Vermeidung eines zu langen Pontifikats und dergleichen sind eher taktischer Natur. Entscheidend ist ein anderes Signal, das von Benedikt XVI. ausgeht. Die Katholiken werden keinen geschmeidigen, sondern einen prinzipientreuen Papst erhalten, der sich - in seinen Worten - den Wellen ideologischer Moden, der Diktatur des Relativismus entgegenstemmen wird. Insofern bedeutet diese Wahl ein Stück Kontinuität. Die Nähe zum Vorgänger ist unverkennbar.

"Braunschweiger Zeitung": Joseph Ratzinger wird weniger durch sein Handeln, wie der polnische Papst, als durch sein Reden überzeugen. Er ist - wie mancher Bundespräsident - ein glänzender Rhetoriker, der nicht nur sein Milliarden-Volk faszinieren wird, sondern die Welt. Ein Ruck wird durch die Kirche gehen, weil er wortgewaltig nicht dem Zeitgeist hinterherlaufen, sondern die großen Werte zeigen wird, den Wert des Lebens, der Freiheit und der Beständigkeit, wovon die meisten Politiker nur noch wenig Ahnung haben.

"Kölnische Rundschau": Benedikt XVI.: Wie stets ist der Papstname Programm. Benedikt XV. leitete die Kirche zu Zeiten des I. Weltkriegs, der ersten großen Katastrophe des 20. Jahrhunderts, nach dessen Ende sich die Welt machtpolitisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich grundlegend verändert hatte. Nicht wenig spricht dafür, dass die Kurie den derzeitigen Zustand der Menschheit in ähnlich desolater Lage sieht: die bereits von Johannes Paul II. scharf gerügte Bedrohung durch einen Raubtierkapitalismus, der nach dem 11. September 2001 drohende kulturelle Konflikt zwischen Westen und islamischer Welt, die Zerstörung der Ressourcen der Erde, die zahlreichen Anfechtungen und Gefährdungen von Leben und Menschenwürde in vielfältiger Form. Benedikt XV. war zugleich der Papst, der mit dem Codex juris canonici das Kirchenrecht neu festlegen ließ. Die Fundamente des Glaubens stärken: Dieser Satz Benedikt XVI. könnte sich bald als programmatisch erweisen in einer Form, die viele enttäuschen mag, die nach dem Pontifikat Johannes Paul II. innerkirchliche Modernisierung für dringlich halten.

"Trierischer Volksfreund": Es geht in einer Zeit des Werteverlusts und der Verunsicherung um kirchliche Einheit und Kontinuität. Für diesen Auftrag hätten die Kardinäle niemand besseren finden können als Joseph Ratzinger. In Italien ist Ratzinger bereits vor dem Konklave mit großem Zuspruch und Begeisterung bedacht worden. In Deutschland selbst wird es dazu wohl noch eine Weile brauchen allzu tief ist der Name Ratzinger in die Schublade des Konservativen geschoben worden, vielfach zu Unrecht. Ratzinger ist unbestritten einer der großen, führenden Theologen der Gegenwart, mit den Herausforderungen des Papstamts vertraut wie kein anderer und eine souveräne Gestalt. Nun wird man in aller Welt gespannt sein, welche Akzente der neue Papst setzt. Ein erster ist die Wahl des Namens, der zu Ratzingers bisherigem Erscheinungsbild passt und Programm sein dürfte. Es wird im Pontifikat Benedikt XVI. um eine Rückbesinnung auf den Kern und den Geist der christlichen Botschaft gehen Anbiederung an Welt und Moderne ausgeschlossen.

"Stuttgarter Zeitung": Insbesondere an der Kirchenbasis in Europa wird die Entscheidung für Ratzinger schwer zu vermitteln sein. Das liegt nicht an dem manchmal verzerrten Urteil über seine Person. Ratzinger ist ein differenziert denkender, hochgebildeter, im kleinen Kreis auch liebenswürdiger Mensch. Er kennt den Vatikan wie kaum ein anderer und ist durchaus auch für überraschende Gedanken gut. Doch eines unterscheidet ihn fundamental von seinem Vorgänger: Ein Menschenfischer ist er nicht. Ihm fehlt eine gewisse Herzlichkeit und Spontaneität im Umgang mit Menschen. Ratzingers Weltbild ist von Pessimismus durchdrungen.

"Neue Osnabrücker Zeitung": In Zeiten des Umbruchs und der Säkularisierung keine Experimente, so lautete offenbar die Devise bei der ersten Papstwahl im dritten Jahrtausend. Denn die kirchenpolitische Richtung von Benedikt XVI. ist nicht rätselhaft, sondern glasklar. Sie steht für Kontinuität. Inhaltlich dürfte er das Programm seines Vorgängers fortführen fromm, bescheiden, prinzipientreu, jedoch mit weniger Charisma. Ratzinger: Das ist eher ein Wissenschaftler, der auf Augenhöhe mit dem Philosophen Habermas diskutiert, als ein Seelsorger einer Pfarrei. Wenn man es positiv sehen will: Niemand, wirklich niemand in der katholischen Kirche muss befürchten, dass dieser neue Papst durch zu viel Anpassung an moderne Zeitströmungen auffallen wird. Ratzinger zieht auch Grenzen, wenn er es für notwendig hält.

"Heilbronner Stimme": Nach 480 Jahren gibt es wieder einen Papst aus Deutschland, doch ein deutscher Papst ist Joseph Ratzinger nicht. Der gebürtige Bayer gilt nach 24 Jahren im Vatikan längst als internationaler Mann der Kurie, der die konservative Mehrheit der katholischen Weltkirche mehr im Blick hat als das kriselnde Europa. Als oberster Wächter des Glaubens hat er sich wiederholt mit aller Macht seines Amtes und Apparates gegen Positionen hiesiger Reformer wie der deutschen Bischofskonferenz gestellt. Gleichwohl darf in dieser Stunde bei aller Meinungsverschiedenheit in der Sache auch Stolz über die Wahl eines Deutschen zum Papst gezeigt werden.

"Westdeutsche Allgemeine Zeitung": Die Wahl von Joseph Kardinal Ratzinger ist auch Ausdruck von Ratlosigkeit. Die Kardinäle konnten sich nicht - vielleicht noch nicht - auf eine Öffnung, auf eine Richtung für die Kirche im dritten Jahrtausend verständigen. Sie haben sich für zeitlichen Aufschub entschieden. Es bleibt nun die Hoffnung, dass diese Zeit genutzt wird, um den Weg zu sondieren, auf dem die Kirche in die Zukunft schreiten kann; dass diese Zeit nicht Stillstand für die Kirche bedeutet.

"Thüringer Allgemeine": Papst Benedikt XVI. braucht jetzt Zeit. Vielleicht überrascht er und ist zu weit mehr Wandel fähig, als man ihm zutraut. Vom einstigen Kardinal Joseph Ratzinger war allerdings nicht die geringste Reform zu erwarten. Ob mit der Bitte um Erlaubnis weiterer Beratung beim Schwangerschaftsabbruch oder für ein gemeinsames Abendmahl mit Protestanten hatten sich viele deutsche Bischöfe umsonst an Rom gewandt. Der Papst mit Joseph Ratzinger als einem seiner wichtigsten Berater lenkte nicht ein. Ebenso erging es den Priestern Lateinamerikas, die sich zur Bekämpfung der Armut gegen die Staatsmacht auflehnten. Der deutsche Kardinal an der Spitze der Glaubenskongregation verhielt sich, wie es von der Nachfolgeinstanz der Inquisition zu erwarten war: Verhütungsmittel, Frauen als Priester, mehr Rechte der Ortskirche blieben ein Tabu. In einer Frage hat er die Deutschen über alle Konfessionen hinweg aber bereits geeint: Der vierte Fußballweltmeister-Titel ist nun sicher.

"Schwarzwälder Bote", Oberndorf: Benedikt XVI. was bringt der neue Papst den Katholiken, was bringt er der Welt? Zu kurz greift, wer bloß fortschreibt, wie Joseph Kardinal Ratzinger bislang auf viele Gläubige gewirkt hat: streng im Glauben, dogmatisch in der Lehre, kühl im Auftreten, scharf im Intellekt, rigide in den Moralvorstellungen. ... Das Konklave hat klug einen sanften Übergang in das Pontifikat nach Johannes Paul II. gewählt. Ein Ruck geht nun nicht durch die Christenheit. Doch die Aufgaben für den Papst aus Deutschland sind so gewaltig, dass er und seine Kirche sich Stillstand gar nicht leisten können. Segensreich wirkt Benedikt XVI. nur, wenn er Reformen nicht scheut: gemäßigt, aber entschieden.


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