Reisefieber
Geschrieben von Suchender am 08. April 2005 12:16:
NEW DELHI - Die Berliner Regierung kämpft um Wirtschaftseinfluss in Indien und stellt eine für New Delhi günstige Revision der EU-Außenwirtschaftspolitik in Aussicht. Zum Abschluss einer Reise in das südasiatische Land kündigte der deutsche Wirtschaftsminister an, er werde ,,einen zweiten Blick" auf Indien betreffende Anti-Dumping-Maßnahmen der EU werfen. Auf dem Subkontinent sollen in den nächsten zwölf Jahren Infrastrukturprojekte im Wert von einer halben Billion US-Dollar durchgeführt werden; Berlin wünscht, dass deutsche Unternehmen einen bedeutenden Anteil davon erhalten. Deutschen Strategiespielen zufolge gilt Indien als wichtiger Faktor bei der Eindämmung der Volksrepublik China. Die Berliner Außenpolitik scheut dabei vor konfrontativen Auftritten an der chinesischen Staatsgrenze nicht länger zurück.
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Einmalige Demonstration
Wie es in Berliner Strategieplänen heißt, könnte Indien - wie auch Japan - im süd- und ostasiatischen Kräftespiel das ,,Gleichgewicht" zur aufstrebenden Volksrepublik China halten und deren Einfluss neutralisieren. Dass die deutsche Außenpolitik ihre Indien-Beziehungen auch praktisch nutzt, um gegen Beijing Front zu machen, zeigt ein Besuch des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch vor wenigen Wochen. Koch suchte den tibetanischen Religionsstifter Dalai Lama im Norden Indiens auf, wo er ein großzügiges Exil-Quartier bewohnt. Kochs Visite bei dem chinesischen Separatisten wurde von Vertretern aller hessischen Landtagsfraktionen, von Journalisten überregionaler deutscher Medien und von seiner Wirtschaftsdelegation begleitet. Der konfrontative Auftritt sei vom Staatssekretär im Auswärtigen Amt Jürgen Chrobog ausdrücklich gebilligt worden, schreibt die deutsche ,,Tibet-Initiative", die den westchinesischen Separatismus unterstützt. ,,Aus Sicht der Chinesen", bemerkt die Organisation, ,,war das für einen deutschen Spitzenpolitiker eine bisher einmalige Demonstration des tibetischen Autonomieanspruchs."