Fund zum (Dauer)Thema "Regionalgeld" (mit Quellenangabe)
Geschrieben von Cancan am 27. September 2004 19:14:
(24) Regionalgeld hat den grossen Vorzug, dass es (1) von überschaubaren Stellen ausgegeben wird, (2) es den Austausch innert der Region fördert, der Globalisierung somit entgegenwirkt, und (3) als Schwundgeld ausgestattet die Zinsnehmerei von vornherein ausschliesst. – Beurteilen Sie dieses Loblied.
Die "überschaubaren Stellen" haben ein sehr hohes Interesse daran, Regionalgeld in Verkehr zu bringen. Denn sie stecken einen beachtlichen Profit aus dem Seigneuriage ein. Der Seigneuriage (nicht "die"; denn alle Wörter mit der Endung –age sind im Französischen männlichen Geschlechts!) ist die Unterschied zwischen den Herstellungskosten eines Geldzeichens (Schein, Münze) und dem Nennwert, also dem aufgedruckten bzw. aufgeprägten Währungsbetrag. Dieser Gewinn fliesst beim Zentralbankgeld dem Staatshaushalt (mithin der Allgemeinheit) zu. Beim Euro ist ein bestimmter Verteiler-Schlüssel für den Seigneuriage (im Englischen und daraus auch im Deutschen oft: "Seigniorage" geschrieben) an die Mitglieder des Euro-Verbunds festgeschrieben.
Die Behauptung, dass Regionalgeld die Austauschbeziehungen innert einer Region fördere und die Globalisierung hemmt, ist ganz offensichtlich falsch. Ob ein Konsument ein Auto aus Japan, Schuhe aus Indien, eine Konservendose mit Pfirsichen aus Kalifornien oder ein Kilo Bananen aus Ecuador einmal mit Regionalgeld, zum andern mit Euro kauft, ändert nun doch wirklich nichts an der Nachfragestruktur! Nicht das verwendete Geld, sondern ganz allein eine auf regional erzeugte Produkte gerichtete Einkaufshaltung seitens der Käufer ist hier entscheidend.
Warum Regionalgeld (meistens) als "Schwundgeld" ausgestattet ist, also als ein Zahlungsmittel, das innert einer bestimmten Zeit einen festgelegten Teil seines Wertes verliert, ist wirklich nicht einzusehen. Denn hier wird dem Geldbesitzer die Möglichkeit verbaut, sein Geld (aus welchen vernünftigen oder unvernünftigen Gründen auch immer) zu horten, und so empfindlich in seine Entscheidungsfreiheit eingegriffen.
Dass der Zins ein wichtiger volkswirtschaftlicher Preis ist, der entscheidende Signale für Investitionen setzt und letztlich Leihkapital zum "besten Wirt" vermittelt, sehen die Eiferer des "Freigeldes" nicht ein. Sie folgen hier blindlings den Lehren eines wunderlichen, in Argentinien (natürlich aus Schuld der Banken!) in Konkurs geratenen Kaufmanns aus dem heutigen Deutschbelgien namens Silvio Gesell (1862-1930), dessen Gedanken, wenn auch tausendmal schlüssig widerlegt, immer wieder überzeugte Anhänger bei Aussenseitern finden.
Entgegen anderslautenden Meldungen der Freigeld-Sekte hat sich das Regionalgeld aus den besagten Gründen bisher noch nirgendwo lange gehalten bzw. es kam nicht über den engeren Kreis der Anhänger hinaus. Gegenüber dem staatlichen Geld bietet es für den Besitzer nur Nachteile, und es wird daher auch in Zukunft nur eine belanglose Rolle spielen. Chancen bestünde nur durch Zwang; und Gnade Gott dann, wenn statt der Lenkungsfunktion des Zinses die Gremien der Freigeld-Leute über Investitionen entscheiden!