Wetterregeln - Aberglaube oder Wissenschaft?
Geschrieben von Tawa am 13. Januar 2004 13:07:41:
Diesmal ein wörtlich (einschließlich neuer Rechtschreibung) abgekupferter Artikel aus der OTZ (Ostthüringer Zeitung) von Ulrike Michael (Sie wird es mir sicher verzeihen):
Der Mensch ist und war schon immer abhängig vom Wetter. Deshalb misst er ihm so große Bedeutung bei und sucht seit dem Mittelalter nach möglichst verlässlichen Wetterregeln. Viele kleine Anzeichen in der Natur wurden über Jahrzehnte von Bauern zusammengetragen und schließlich als Petrus´ Fingerzeig für die weitere Entwicklung der Wetterlage gedeutet.
Doch das Gros der Wetter- und Bauernregeln, die einst für den Großteil der Bevölkerung so überlebenswichtig waren, sagt heute Hobby-Gärtnern nicht mehr viel. Immerhin reicht deren Entstehung bis in die Zeit vor der Christianisierung zurück. Und die Einführung des Gregorianischen Kalenders im Jahre 1582 beschwor die zeitliche Verwirrung nahezu herauf. Zudem kommt, daß früher das Jahr nicht in Tage, Wochen und Monate eingeteilt, sondern geprägt war von Fest- und Namenstagen. Viele Wetterregeln sind daher an Namenstage katholischer Heiliger geknüpft.
Doch trotz Kalenderumstellung gibt es einige Regeln, die auf naturwissenschaftliche Erkenntnisse deuten. Die Siebenschläfer-Regel beispielsweise legt Ende Juni/Anfang Juli den Verlauf des sogenannten Jetstreams in fünf bis zehn Kilometer Höhe fest. Der entscheidet später über Islandtief oder Azorenhoch. Um das herauszufinden, brauchten die Bauern früher weder studierte Meteorologen noch Wettersatelliten. Aber wir wissen ja: Nichts ist so unbeständig, wie die Wettervorhersage.
Morgenrot schlecht Wetter droht - Alte Bauernregeln zur Wetterbeobachtung lassen sich auch heute für die Gartenarbeit nutzen (ddp)Sie zählen eindeutig zu den Rennern unter den althergebrachten Bauernregeln und Wetterweisheiten: Denn Eisheilige, Schafskälte und Siebenschläfer sind heute fast jedem Begriff. Sie schärfen die Sinne für das Wettergeschehen und sind wegen ihrer Reimform besonders einprägsam. "Die wertvollsten alten Regeln sind die zur Wetterbeobachtung", sagt Fachbuchautor Joachim Mayer ("Großvaters Wetter- und Bauernregeln"). Der Grund: Die gute Beobachtungsgabe und praktische Wettererfahrung unserer Ahnen. So ist auf die vermutlich schon im 12. Jahrhundert formulierte Voraussage "Ander´ Winde, ander´ Wetter" noch heute Verlass. Bäuerliche Langzeitprognosen sind hingegen oft eher mit Vorsicht zu genießen - regionale Unterschiede aber auch Klimaveränderungen schmälern ihre Trefferquote. Ein weiterer Haken der alten Langzeitprognosen: Termingebundene Regeln sind bei späteren Kalenderverschiebungen - etwa der Reform unter Papst Gregor XIII im 16. Jahrhundert - nicht umdatiert worden.
Und doch: Voraussagen wie "Kommt bis zum Dreikönigstag (6. Januar) kein Winter, kommt auch keiner mehr dahinter", bewahrheiten sich auch heute noch in immerhin acht von zehn Jahren, wie Mayer berichtet. Die selbst von Laien viel beachtete Siebenschläferregel (27.6.: "Wie´s Wetter wird am Siebenschläfertag, es sieben Wochen bleiben mag"), trifft im Alpenvorland nach langjährigen Wetterstatistiken zu 80 Prozent zu. "Wer die Wetterbeobachtungen für die Gartenarbeit nutzbar machen will, sollte sich vor allem an die Wetterbeobachtungen halten", rät Mayer. Immer noch aktuell ist etwa die Aussage "Dem Korn unterm Schnee tut die Kälte nicht weh." Die Konsequenz: Bei sogenannten Barfrösten (der Boden ist nicht von Schnee bedeckt), ist ein Winterschutz für empfindliche Stauden und Gehölze wichtig. Auch die Regel "Reif und Tau machen den Himmel blau", sollte dem Gärtner eine Warnung sein: Kündigt sich nach einer frostigen Nacht ein sonniger Tag an, sind die Sonnenstrahlen besonders gefährlich. Mayers Tipp: Gefährdete Pflanzen (etwa Immergrüne, Obstbäume) an solchen Tagen von der Südseite schattieren. Wichtig mit Blick auf die Kältegefahren sind bis in den März auch Sprüche wie "Kälte und Nachtfrost schädlich sind, gut hingegen ist der Wind" (der die Kaltluftschichten auflockert und häufig als Westwind mildere Luft mit sich bringt) oder "Weht´s aus Ost bei Vollmondschein, stellt sich strenge Kälte ein".
Erst im März kann der Winterschutz gelockert werden, bewahrheitet sich doch auch heute noch in vielen Jahren der Reim "Wenn der Tag beginnt zu langen, komt der Winter erst gegangen". "Häufig wird es erst nach der Wintersonnenwende um den 21. Dezember richtig kalt", erklärt Mayer. Eine vergleichsweise hohe Trefferquote erzielen zudem die Vorhersagen: "Trockener Dezember, trockenes Frühjahr", "Auf trockenen Januar folgt viel Schnee im Februar" sowie "Wenn zu Antoni (17.1.) die Luft ist klar, so gibt es ein trockenes Jahr". Aber auch die Zeit um den 25. und 31. Januar sollte der Gärtner im Blick behalten. Hier gilt nicht selten "Ist zu Pauli Bekehr (25.1.) das Wetter schön, wird man ein gutes Frühjahr sehn" oder "Friert es auf Vigilius (31.1.), im Märzen Kälte kommen muss". Ein problematischer Termin für alle empfindlichen Pflanzen ist die Zeit um den 12. bis 15. Mai (Eisheilige): "Bis Mitte des 19. Jahrhunderts kam es häufig zu diesem Zeitpunkt noch einmal zum Kälteeinbruch", sagt Mayer. Heute fällt die Quecksilbersäule im Mai bei weitem nicht mehr so oft unter Null Grad Celsius. Allerdings: "Selbst wenn sich die frostigen Eisheiligen rar gemacht haben, ist es ratsam, den Termin zu beachten", mahnt der Fachmann. Denn auch nasskalte Witterung lässt zu früh ins Freie gesetzte Pflanzen verkümmern.