Erfahrungen aus dem kühlen Norden
Geschrieben von Weitblicker am 07. Januar 2003 15:38:36:
Johannes bat mich, unsere Erfahrungen aus dem ersten Winter in Nordschweden mal preiszugeben. Hier mein Geschreibsel:
Wo fange ich an? Hm, also erstmal eins der wichtigsten Sachen:
das Haus (um 1930, renov. in den 50ern und 80ern):
Wir wohnen in einem Holzhaus, von außen mit Glaswolle und von innen mit Holzfaserplatten isoliert. Dazwischen fette Fichtenstämme in Blockhaus-Bauweise.
Der Schwachpunkt ist der Boden (Fichtenbretter, Holzfaserplatten drauf, dazwischen Sägespäne). Es ist bei -30° doch recht fußkalt. Milderung erfährt man, wenn man den im Überfluss vorhandenen Schnee rund um's Haus aufschichtet, also sozusagen beginnt, das Haus im Schnee zu verstecken. So kann die Kälte nicht so gut unter's Haus kriechen, und Schnee ist ein absolut guter Kälteschutz (relativ gegen gar nicht geschützt gesehen).Wir heizen fast ausnahmslos mit Holz. Am besten ist Birkenholz, das brennt gut und gibt ordentlich Wärme. Eine Mischung mit Espenholz und Fichte ist bei unserem persönlichen Wald individuell auch möglich und hat sich als prima Mischung herausgestellt, wenn man die Espen loswerden will. Auch die Verarbeitung (also schlagen und sägen, spalten) ist relativ einfach. Deutsche Eiche ist da schon weniger rückenschonend.
Birke hat den Nachteil, leicht ölige Rückstände im Kamin zu hinterlassen, die später hartnäckig verkohlen und vom Schornsteinfeger entfernt werden *müssen*!
Fortbewegung
Auto: Gaaaaaanz wichtig: im Herbst den Kraftstofffilter wechseln! Kondenswasser im Filter oder in den Leitungen friert auf jeden Fall und ist sehr hartnäckig! (eigene Erfahrung). Und: frische Batterie (Akku).
Im Hinblick auf spätere schlechte Zeiten wäre ein Diesel interessant, da man den nach Umrüstung auch mit Pflanzenöl fahren kann. Das wird aber im Winter nicht funktionieren! Jedenfalls nicht hier oben.
Mit Spikes-Reifen kann man nach etwas Übung leicht mit 80 (Schweden fahren gerne 100 und mehr) über Glatteis fahren, solange keine Kurven oder Elche im Weg sind. Da lächelt man über manche übervorsichtigen Autofahrer in D.Zu Fuss: Schneeschuhe oder Langlaufski. Warm einpacken, ausziehen kann man sich immer noch. *Immer* Kopfbedeckung und Schal. Im Anglerbedarf gibt es Taschenöfen, prima Sache beim Eisangeln.
Oder Schneemobil: die Dinger sind laut, kosten viel im Unterhalt, und saufen wie der Russe (umgerechnet 30-40 Liter/100km). Es gibt auch Viertakter, die sind aber horrend teuer.
Nebeneinfall:
Die schwedische Armee hier oben (Gebirgsjäger-Art) graben sich im Fjäll in den Schnee ein. Es gibt ein Mittelgang, von dem aus Gänge zu 4-5 Mann-Schneebunker gegraben werden. Dort ist man schön windgeschützt und zusammen mit ein paar Kerzen und dem Kochgeschirr wird's gemütlich warm. Und man wird nicht gesehen. Nach einem Schneesturm auch nicht mehr aus der Luft.Windschutz ist das A und Ö hier oben!
Essen:
Das mit der Haltbarkeit erklärt sich von selbst ;-)
Fisch kann man mit sog. Pimpeln (heißen echt so), 30cm kurzen Angeln mit ein paar Meter Schnur und kleinem Haken dran, bestens angeln. Köder: Maden (kann man selber züchten, Ehefrau vorher über Inhalt der seltsamen Dosen im Kühlschrank bzw. im Keller informieren!!) oder Regenwürmer (etwas aufwändiger, da anfällig).
Mit einem Eisbohrer ein paar Löcher ins Eis bohren und im 10-15 Minuten-Takt Löcher wechseln. Petri Heil.
Zur Jagd kann ich nichts sagen außer dass man momentan leicht Elche und Rentiere mit dem Auto erlegen kann, wenn man nicht zufällig selber dabei draufgeht...Ansonsten fällt mir jetzt nichts mehr ein. Wer jetzt auf den Trip gekommen ist und hier oben ein Haus kaufen will: für ca. 8000 Teuros gibt's ein kleines Haus (50qm?) mit großem Garten (3000qm+/-?) hier im Ort. Bezugsfertig, mit Erdkeller und Hobbyhäuschen.
Lasst Euch von Johannes meine e-mail-Adresse geben.