Re: Egoistisches vs. altruistisches Handeln in Krisenzeiten und 3 Fragen @all
Geschrieben von Anakin am 03. Januar 2003 18:27:08:
Als Antwort auf: Egoistisches vs. altruistisches Handeln in Krisenzeiten und 3 Fragen @all geschrieben von SoL333 am 03. Januar 2003 11:54:48:
Hallo,
Fall A)
Du hast Dich im Wald versteckt (ggf. mit Deiner Familie) und lebst dort seit Wochen. Deine Nahrungsvorräte werden knapp, bist schon etwas hungrig, denn seit 5 Tagen lebst Du schon von halber Ration und von dem was Du findest, was einfacher gesagt war als getan. Du streifst herum, denkst an die letzte Tafel Schokolade aus dem EPA-Paket, die Du als Reiseproviant mitgenommen hast und auf einmal springt ein russischer Soldat, offenbar allein, hinter einem Baum hervor, Kalaschnikow im Anschlag. Er ist recht klein, nicht unbedingt kräftig oder von Natur aus furchteinflößend. Er wirkt blaß hat tiefe Ringe unter den Augen und er zittert. Er ruft Dir mit zitternder Stimme etwas zu, was Du nicht verstehst, Du nimmst an, daß es etwas russisches war. Du hattest mal ein Waffe gefunden und sie hinten in den Hosenbund gesteckt. Du könnetst sie sehr schnell ziehen, denn Du hattest zufällig sowieso eine Hand am Rücken gehabt, weil es gejuckt hatte, als der Russe hervorsprang.
Was würdest aus heutiger Sicht hypothetisch tun?Ich würde die Waffe ziehen, und schußbereit auf ihn richten. Halt mein Freund! Wenn ich dann noch lebe :-), würde ich zu ihm sagen, daß er sein Gewehr fallen lassen soll. Danach, daß er seinen Rucksack und eventuelle Munitionsgurte auch fallen lassen soll. Dann würde ich ihm bedeuten, von den Sachen weg zu gehen, dabei ständig die Waffe auf ihn gerichtet, mit Finger am Abzug. Dann würde ich als erstes die Kalaschnikow an mich nehmen, dabei natürlich auch ständig den Russen im Auge behaltend, und meine eigene Waffe auf ihn gerichtet. Dann würde ich ihm bedeuten, daß er verschwinden soll. Sollte er zunächst nicht reagieren, schieß ich ihm vor die Füße. Wenn er weg ist, nehme ich die restliche Ausrüstung auch an mich, und gehe schnell zurück zu meinem Versteck. Dort angekommen, versuche ich auf einem Baum oder einer Erhebung zu kommen, und versuche mir einen Überblick über das Gelände zu machen, und ob irgendwo Trupen zu sehen sind, eventuell mit Hilfe eines Fernglases. Danach würde ich auf jeden Fall meinen Standort ändern. Davor sehe ich mir noch kurz die Ausrüstung des Russen an, und behalte mir die Waffen samt Munition und falls es mir nützlich erscheint, noch anderes (sofern ich die Sachen auch tragen kann)...
Fall B)
Der Bürgerkrieg ist im vollen Gange, Du bist in einer betroffenen Stadt, musstest in einen Hinterhof fliehen und versteckst Dich hinter einen Müllcontainer. Du wirst Zeuge, wie ein Mann vor einen anderen wütenden Mann, der größer und kräftiger als der fliehende ist ebenso in diesen Hof flüchtet, doch der Größere holt ihn mit haßverzerrter Fratze ein und wirft den kleineren zu Boden. Der Kleinere schreit weinerlich auf, hat offensichtlich große Angst versucht davon zu kriechen. Der Größere packt ihn mit überlegener Miene an den Beinen und zieht ihn wieder zu sich mit einem Ruck. Doch er stolpert dabei leicht, der Kleinere hat Glück und schafft es, ein Bein loszureißen und den Größeren damit panisch in den Magen zu treten und sich wieder aufzurappeln. Es gibt ein Kampf und der Kleinere gibt alles, was er hat, er kämpft um sein Leben, er beißt, kratzt, schlägt umsich und fügt dem Größeren durchaus Schaden zu. Dieser wirkt überrascht, aber das scheint ihn noch wütender zu machen und er wird den Kleinen bald besiegt haben, obwohl auch er schon herb angeschlagen ist. Du könntest Ihn jetzt leicht besiegen, den Kampf beenden und den Kleinen vor dem sicheren Tod bewahren. Doch Du müsstest dafür Dein Versteck preisgeben.
Was würdest Du aus heutiger Sicht hypothetisch tun?Ich würde versuchen, in den Kampf einzugreifen, und dem Kleinen helfen. Den größeren würde ich versuchen, unmächtig zu schlagen. Sollte mir das gelungen sein, frage ich den Kleinen, was den los gewesen wäre, dabei von dem Großen weggehend mit ihm, so daß wir nicht zu nahe an ihm sind, und uns auch nicht gleich jemand von der Straße aus sehen kann, falls es möglich ist...
Fall C)
Du bist früher mal bei der Bundeswehr gewesen, normaler Wehrdienst und die Lage wird kritisch. Du bist zuhause, durch die Nachrichtsperre ahnst Du nicht viel, wie akut alles mittlerweile ist. Es klingelt. Du öffenst die Tür, erwartest den Nachbarn oder die Zeugen Jehovas. Zu Deiner Überraschung stehen 2 Feldjäger vor der Tür und bitten Dich durchaus höflich, sie hereinzulassen. Du tust es und sie sagen, daß sie es bedauern, aber daß sie Dich mitnehmen müssten, Befehl sei Befehl und es sei eine große Mobilmachung im Gange, mehr könnten sie nicht sagen. Sie geben Dir 15 Minuten, daß notwendigste einzupacken und bleiben in der Küche, während Du unbeaufsichtigst in der Wohnung bist. Ihr könnt Euch hören, sehen könnt Ihr Euch nicht und Du musst Dich schnell entscheiden. Du erinnerst Dich an Waffen, die Du bei Dir versteckt hast, die Handschellen, oder auch das Seil, mit dem Du schnell vom Balkon fliehen und abhauen könntest. Du beginnst zu packen, die Feldjäger sind mitlerweile in ein Gespräch vertieft, abgelenkt. Sie plaudern über Ihre Kinder, der eine habe kürzlich erst geheiratet und seine Frau erwarte jetzt ihr zweites, sie lästern über die Politiker, denn auch sie mussten viele Kürzungen hinnehmen, schimpfen darüber, daß sie nichts erfahren von oben, was denn wirklich los sei. Du lachst innerlich, denn Du weist genau, was los ist, doch auf Dich wollt ja niemand hören, dabei stehts doch für jeden lesbar in den Büchern bei Dir im Regal, aber immer nur: glaub' ich nicht, so ein Scheiß les' ich gar nicht erst....
Was würdest Du aus heutiger Sicht hypothetisch tun?Ich würde versuchen, während dem Packen der Sachen meine Waffen mit einzupacken. Dann würde ich versuchen damit heimlich über den Balkon abzuhauen. Je nach dem wo die Feldjäger ihr Auto abgestellt haben, würde ich denen vielleicht noch einen Platten stechen, und dann schnell abhauen...
Natürlich hängt in der Wirklichkeit alles auch noch davon ab, wie sich die anderen Beteiligten dann nach meiner ersten Aktion verhalten...
Gruß
Anakin