Re: Egoistisches vs. altruistisches Handeln in Krisenzeiten und 3 Fragen @all
Geschrieben von Guerrero am 03. Januar 2003 14:49:51:
Als Antwort auf: Egoistisches vs. altruistisches Handeln in Krisenzeiten und 3 Fragen @all geschrieben von SoL333 am 03. Januar 2003 11:54:48:
>Hallihallo mal wieder :-)
>Erst einmal vielen Dank für die liebe und amüsante Resonanz auf meinen ersten Beitrag weiter unten.
>Dieser Beitrag betrifft vor Allem die Zeit des Chaos und natürlich auch fundamental für die Zeit dannach, außerdem enthält er am Ende ein kleines Experiment, für dessen Teilnahme ich werben möchte. Er betrifft vor allem die Frage: wie wird sich der einzelne in einer Extremsituation in bezug zu anderen Menschen verhalten?
>Diese Frage ist vor allem dahingehend relevant, ob man selbst überlebt oder nicht. Wem kann man trauen? Kann man Fremden trauen, kann man sich selbst trauen oder kann man gar den Menschen trauen, die man schon seit Jahren zu kennen glaubt?
>Wenn z.B. Schiffbrüchige (Kollegen und Freunde seit Jahren) auf einem Rettungsboot tagelang auf dem Meer trieben, kam es am Ende nicht selten vor, daß der eine den anderen für die letzte Flasche Wasser getötet hat.
>Aber es gab auch reale Fälle, in denen das genaue Gegenteil funktionierte.
>(Quelle: Richard Dawkins, "Das egoistische Gen")
>- Ein chinesisches Schiff stieß weit entfernt auf ein Riff, sank zum größten Teil und war somit wochenlang total isoliert. Die Besatzung rettete sich auf den noch herausragenden Bug. Etwas Werkzeug war zum Glück zur Hand, anderes konnte improvisiert werden. Sie montierten das Gestänge der Brüstung ab und improvisierten aus den Rohren eine Meerwasser-Destillationsanlage, die sie mit Trinkwasser versorgte (als Brennmaterial diente unter anderem getrocknetes Treibholz). Zusätzlich fingen sie Regenwasser auf und ernährten sich vom Fischfang.
>- Im ersten Weltkrieg gab es Frontabschnitte im Westen zwischen Deutschen un Engländern, an denen es keine Toten gab. Dabei haben sie nicht ein Wort miteinander gewechselt, sondern a) es waren dort Leute mit Herz und Verstand in der Verantwortung und b) beide Seiten begriffen, daß ein gegenseitiges Abschlachten nichts bringt, denn es brachte nicht einmal einen Meter. In englischen Briefen von dieser Front in die Heimat wurde z.B. berichtet, daß es keinen Sinn hätte zu schießen, denn für jede Granate, die sie rüberschießen kämen zwei zurück und für die Deutschen war es im Endeffekt genauso. Man reduzierte stattdessen auf spielerische Drohgebärden: so zeigten Scharfschützen ihr Können darin, daß sie auf von den Gegenern dargebotene Ziele schossen, hochgehaltene Dosen z.B.
>Englische Offiziere lobten auch die sprichwörtliche Pünktlichkeit der deutschen Artillerie, die sekundengenau immer auf die gleiche Stelle schoß. Britischer Humor: sie schossen pünktlich zur Teatime und tatsächlich tranken die Offiziere ihren Tee dannach :-). Niemand wurde verletzt und für die Kriegtreiber oben sah es so aus, als würden dort eine Schlacht stattfinden. Schließlich wurde dort ein Haufen Munition verschossen und weil die eigenen Verluste mehr als gering waren lobte man Ihre eigenen Truppen für Ihre Kampfkraft als wäre ein Mann so viel wert wie 10, denn wer weiß schon zu der Zeit, wieviele auf der Gegenseite gefallen sind? Erzählen kann man viel und die Gegenseite hütete diese Informationen wie ihren Augapfel, die Kommunikation war auf allen Seite eh enorm eingeschränkt.
>Wir werden alle höchstwahrscheinlich in eine Situation kommen, in der das Überleben davon abhängt ob man Zusammenarbeitet oder die Zusammenarbeit verweigert. Das Problem: wir werden nie wirklich wissen, wie die Person gegenüber sich entschieden hat. Man kann den Leut'n nich inne Köppe guck'n, wie es so schön heißt.
>
>Nun möchte ich Euch bitten, wenn Ihr denn möchtet, Euch kurz in folgende 3 Fallbeispiele hineinzuversetzen und anschließend zu beantworten, wie Ihr Euch hypothetisch in dieser Situation verhalten würdet. Eine ganz große Bitte: Lest die Antworten der anderen Foris bitte erst NACHDEM Ihr Eure Antwort geschriebn habt, oder wenn Ihr sowieso nicht antworten wolltet. Damit bleibt Ihr von Handlungbeispielen während Eurer Antwort anderer Forumsteilnehmer unbeeinflusst.
>Fall A)
>Du hast Dich im Wald versteckt (ggf. mit Deiner Familie) und lebst dort seit Wochen. Deine Nahrungsvorräte werden knapp, bist schon etwas hungrig, denn seit 5 Tagen lebst Du schon von halber Ration und von dem was Du findest, was einfacher gesagt war als getan. Du streifst herum, denkst an die letzte Tafel Schokolade aus dem EPA-Paket, die Du als Reiseproviant mitgenommen hast und auf einmal springt ein russischer Soldat, offenbar allein, hinter einem Baum hervor, Kalaschnikow im Anschlag. Er ist recht klein, nicht unbedingt kräftig oder von Natur aus furchteinflößend. Er wirkt blaß hat tiefe Ringe unter den Augen und er zittert. Er ruft Dir mit zitternder Stimme etwas zu, was Du nicht verstehst, Du nimmst an, daß es etwas russisches war. Du hattest mal ein Waffe gefunden und sie hinten in den Hosenbund gesteckt. Du könnetst sie sehr schnell ziehen, denn Du hattest zufällig sowieso eine Hand am Rücken gehabt, weil es gejuckt hatte, als der Russe hervorsprang.
>Was würdest aus heutiger Sicht hypothetisch tun?
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---also wenn der die kalaschnikow im anschlag hat, garn nichts.
abwarten was der will bzw. macht.---
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>Fall B)
>Der Bürgerkrieg ist im vollen Gange, Du bist in einer betroffenen Stadt, musstest in einen Hinterhof fliehen und versteckst Dich hinter einen Müllcontainer. Du wirst Zeuge, wie ein Mann vor einen anderen wütenden Mann, der größer und kräftiger als der fliehende ist ebenso in diesen Hof flüchtet, doch der Größere holt ihn mit haßverzerrter Fratze ein und wirft den kleineren zu Boden. Der Kleinere schreit weinerlich auf, hat offensichtlich große Angst versucht davon zu kriechen. Der Größere packt ihn mit überlegener Miene an den Beinen und zieht ihn wieder zu sich mit einem Ruck. Doch er stolpert dabei leicht, der Kleinere hat Glück und schafft es, ein Bein loszureißen und den Größeren damit panisch in den Magen zu treten und sich wieder aufzurappeln. Es gibt ein Kampf und der Kleinere gibt alles, was er hat, er kämpft um sein Leben, er beißt, kratzt, schlägt umsich und fügt dem Größeren durchaus Schaden zu. Dieser wirkt überrascht, aber das scheint ihn noch wütender zu machen und er wird den Kleinen bald besiegt haben, obwohl auch er schon herb angeschlagen ist. Du könntest Ihn jetzt leicht besiegen, den Kampf beenden und den Kleinen vor dem sicheren Tod bewahren. Doch Du müsstest dafür Dein Versteck preisgeben.
>Was würdest Du aus heutiger Sicht hypothetisch tun?--------------------------------------------------------------------------
---den kleinen helfen. den grossen aber nur hintern in seinem vorhaben.---
-------------------------------------------------------------------------->Fall C)
>Du bist früher mal bei der Bundeswehr gewesen, normaler Wehrdienst und die Lage wird kritisch. Du bist zuhause, durch die Nachrichtsperre ahnst Du nicht viel, wie akut alles mittlerweile ist. Es klingelt. Du öffenst die Tür, erwartest den Nachbarn oder die Zeugen Jehovas. Zu Deiner Überraschung stehen 2 Feldjäger vor der Tür und bitten Dich durchaus höflich, sie hereinzulassen. Du tust es und sie sagen, daß sie es bedauern, aber daß sie Dich mitnehmen müssten, Befehl sei Befehl und es sei eine große Mobilmachung im Gange, mehr könnten sie nicht sagen. Sie geben Dir 15 Minuten, daß notwendigste einzupacken und bleiben in der Küche, während Du unbeaufsichtigst in der Wohnung bist. Ihr könnt Euch hören, sehen könnt Ihr Euch nicht und Du musst Dich schnell entscheiden. Du erinnerst Dich an Waffen, die Du bei Dir versteckt hast, die Handschellen, oder auch das Seil, mit dem Du schnell vom Balkon fliehen und abhauen könntest. Du beginnst zu packen, die Feldjäger sind mitlerweile in ein Gespräch vertieft, abgelenkt. Sie plaudern über Ihre Kinder, der eine habe kürzlich erst geheiratet und seine Frau erwarte jetzt ihr zweites, sie lästern über die Politiker, denn auch sie mussten viele Kürzungen hinnehmen, schimpfen darüber, daß sie nichts erfahren von oben, was denn wirklich los sei. Du lachst innerlich, denn Du weist genau, was los ist, doch auf Dich wollt ja niemand hören, dabei stehts doch für jeden lesbar in den Büchern bei Dir im Regal, aber immer nur: glaub' ich nicht, so ein Scheiß les' ich gar nicht erst....
>Was würdest Du aus heutiger Sicht hypothetisch tun?-------------------------------------------------------------------------
---ich würde mitgehen, aus überzeugung---
------------------------------------------------------------------------->Wenn Ihr die paar Minuten habt, beantwortet doch mal kurz diese Fragen. Nach einigen Tagen werde ich einen zweiten Teil präsentieren, der das Experiment auf Grundlage dieser Szenarien um einen weiteren Komlex erweitert. Dieser 2. Teil steht bereits jetzt vollkommen unabhängig Eurer zukünftigen Antworten zu diesem Beitrag fest, daß heißt, Ihr habt keinerlei Reaktion auf Eure Antworten zu befürchten, auch wenn sie z.B. Selbstverteidigung und Gewalt mit einschließt. Wenn Ihr antwortet, dann tut dies bitte so ehrlich wie möglich und richtet Euch nicht daran, was andere vielleicht gernen hören wollen oder was heutzutage in ist zu sagen, sondern, was Ihr aus heutiger Sicht realistisch tun würdet, denn bedenkt: es wird dann um Euer Leben gehen.
>Vielen Dank schon einmal für die Mitarbeit und liebe Grüße
>Euer Chrisi