Re: Und wüßt ich, dass ich bald sterben muss............. / @Franz

Geschrieben von Johannes am 05. Februar 2004 02:26:15:

Als Antwort auf: Re: Und wüßt ich, dass ich bald sterben muss............. / @Krautl geschrieben von franz_liszt am 05. Februar 2004 01:32:51:

> von Eso zu Johannes. Meinst Du, die Erkenntnis, dass wir uns den Lebensweg
> und das Lebensende großteils selbst aussuchen, ist wertend? Bloß weil es von
> uns ausgeht, soll es leichter sein? Die Erkenntnis muss falsch sein, weil sie
> uns nicht Linderung verschafft? Ich kann Dir nicht folgen.

Hallo Franz Liszt,

Du setzt voraus, daß es eine Erkenntnis ist, daß es so sei, aber genau das sehe ich anders. Ich sehe den Gedanken, man hätte es sich selbst ausgesucht, als eine Hilfskonstruktion an ohne realen Hintergrund (es donnert, also muß dort oben ein Gott Steine werfen - ich leide, also muß da jemand verantworlich sein. Ein höheres Wesen oder etwas von außerhalb schließe ich als Verantwortlichen aus, also muß ich es selbst gewesen sein).

Das ist jetzt schwierig, das pauschal zu sagen, weil jeder das ein klein wenig anders sieht. Aber sieh Dir mal ein Grundproblem an: Die, die sagen, das Leid hätten wir uns selbst ausgesucht, sagen meist auch, die Zukunft sei nicht festgelegt, sondern völlig offen, es sei unsere Entscheidung.

Ja, nun, sie kann aber nicht allzu offen sein, denn wenn ich ausprobieren möchte, wie es ist, ermordet zu werden, dann kann ich nicht ruhig im Bett einschlafen. Oder, anders herum, wenn ich mich doch entscheiden kann, mein Leben so anders zu gestalten, daß ich eben nicht ermordert werde, sondern irgendwann ruhig einschlafe, dann habe ich mir vorher nicht das ermordet werden aussuchen können (zumindest nicht erfolgreich).

Und eben deshalb, weil ich denke, wir sind hier und jetzt für unser Schicksal verantwortlich (einzeln, das Massenschicksal liegt weitgehend fest) und können etwas verändern, habe ich Schwierigkeiten, das ganze dann doch als vorherbestimmt zu sehen (durch eine Entscheidung, die ich angeblich vor der Geburt getroffen hätte).

Mein zweiter Grundgedanke (neben dem genannten Widerspruch) dabei ist, daß dieser Glaube, man hätte sich sein Leid selbst ausgesucht, im Endeffekt mit der Vorstellung verbunden ist, sich selbst zu erlösen, aus seiner eigenen Leistung heraus. Auch da gibt es tausende Vorstellungen, aber oft wird es ja so geschildert, man hätte sich genau das ausgesucht, was man noch an Erfahrungen braucht, um sich zu vervollkommnen. Also klassische Selbsterlösung - und die widerspricht klar der Bibel, wie ich sie sehe (mit einem Opfer, das von außen kommt, weil wir es selbst niemals schaffen würden).

Ich kann jetzt zwar versuchen, diese grundverschiedenen Denkansätze irgendwie zu vereinen, aber es bleiben erhebliche Ungereimtheiten. Daher auch die geradezu unbeschreibbare Fülle an Lehren, weil der eine da einen innereren Widerspruch vermeiden will, der andere dort (auch wenn das eher indirekt geschieht).

Gruß

Johannes


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