Kennt jemand das Buch?

Geschrieben von Arkana am 16. Januar 2004 10:20:

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S. 146
……herbeisehnen, dass er sie ganz und allen sichtbar beherrsche.

Nach neuen Zeichen wird die Menschheit rufen, nachdem sie selbst alle Zeichen zerschlug, nach dem Bann neuer Segnungen und Beschwörungen, nachdem sie alle Bande gelöst hat.

Nach Kraft wird die Welt rufen in ihrer Schwäche, nach Tat in ihrer Erstarrung, nach Einheit in ihrer Zersplitterung, nach wirklicher Wesenheit in ihrer Verflüchtigung.

Diese verworrene Welt, angelangt auf der Scheitelhöhe des Wissens und der Erfindung, sich selbst erfassend in labyrinthischer Organisation, sich selbst teilend und zergliedernd bis in die letzten Atome, aber ihres eigenstes Wesens nicht mehr mächtig, weil sie es verlor an Zahlen und Maschinen, wird verstrickt sich wehren wie ein plumper Fisch im Netz eines unsichtbaren Fischers, und Stand wider Stand und Volk wider Volk werden sich würgen in verbissener Ohnmacht.

Nach Brot werden die Hungernden rufen, nach Frieden die Kämpfenden, nach Freiheit die gefesselten Kräfte, nach dem neuen Geheimnis die Denker und Dichter.

Es wird ein anderer „Advent“ sein, nicht mehr voll dunkler Scheu wie der erste und zart erleuchtet von Strahlen der Ahnung; nein, ein Vorabend des Grauens, gelähmt vom Verhängnis wie ein enges Tal bei nahendem Gewitter, wird den Tag des „anderen Messias“ einleiten als den Beginn des „Reiches der Welt“.

Aufhorchen wird die Welt eines Tages auf einen Unbekannten, aus dessen Stimme der Gluthauch der Wüste weht, und dessen Worte, genährt von den unerforschten Geheimnissen der Erde, bald lockend wie fremdartige Früchte vor die Menschen niederfallen, bald mit der Kraft der Elemente ihnen drohen und gebieten.

Hören werden ihn die Weisen, müde ihres unfruchtbaren Wissens; müde ihrer Macht die Herrschenden; hören die Entmachteten und die Mühseligen und dunkel Hoffenden in allen Teilen der Erde, die die Erde lieben und an sie glauben als an die Mutter der künftigen Götter.

Jener aber wird aufstehen und sagen, aus Liebe zu den Menschen, den blinden und irrenden, habe er die Einsamkeit der Wüste und den Flügelschlag der Geister verlassen, um alles Lebendige zu retten.

Schonungslos, wird er denen, die zu ihm kommen, wie denen, die ihn meiden und fürchten, die Niedrigkeit ihre Wollens vor Augen halten, auf dass sie erfahren, wie er sie alle durchschaue, auf dass sie die Notwendigkeit begreifen, ihm als dem Stärkeren zu dienen.

An alle Völker wird sein Ruf ergehen, sich unter seiner Fahne zu sammeln, um nach Jahrtausenden einseitiger Erkenntnisse und halber Taten die Menschheit zum „Menschlichen“ zu erlösen.

Denn was waren – wird er den Zweiflern entgegnen –, am absoluten Ziel der Menschen gemessen, alle bisherigen Versuche, ihm soziale, politische und religiöse Formen zu geben, anderes als Unzulänglichkeiten herrschsüchtiger Betrüger oder im besten Falle unfruchtbare Tragik von Träumern?

Sagte doch einst – so wird er hinweisen – der Stifter des Christentums selbst, jedes Werk sei an den Früchten zu erkennen, aber welche andern Früchte außer neuer Versklavung und neuer Blutströme habe selbst diese „Lehre des Friedens“ den Menschen gebracht?


S. 148
Habe sie trotz ihrer Selbstentmannung je einen einzigen Krieg verhindert, habe sie den an der Last des Schicksals tragenden Geschöpfen nicht auch noch die schlichten Freuden der Erde genommen; habe sie nicht die Botschaft der Liebe auf den Lippen, das Liktorenbündel der Unterdrückung gelöst, und, sich berufend auf den Geist, die wahrhaft geistigen Kräfte des Menschen niedergehalten, um im Bund mit der jeweiligen Macht von Staat und Besitz über eine willenlose Herde zu herrschen?

Einseitig war bisher alle menschliche Formung – so wir der lehren –, einseitig die weltfremde Spekulation des Ostens, einseitig das abstrakte Rechnen des Westens, einseitig die Anbetung der Technik durch die jüngst emporgekommenen Völker.

Wo blieb bisher die Ganzheit? – wird er fragen.

Geahnt wurde sie vielleicht von einzelnen Eroberern, Künstlern und Weisen, aber nie verwirklicht, nie auch nur ehrlich als letztes Zielbild des Menschen aufgestellt.

Denn auch diesen wenigen fehlte das Eine und Höchste: der Mut, zur vollen Wirklichkeit ja zu sagen.

Diese Ja, als ein Sprung über den Abgrund der Entscheidung, hätte, einmal gesprochen, nicht nur den Spuk der Chimären für immer verscheucht; es hätte auch jeden Nebel zerrissen um jenen Begriff, den die Menschen in ihrer Schwäche „Gott“ nannten, um jenes grausame Wahnbild, dem sie sich jahrtausendelang geopfert, um dessentwillen sie ihre besten Söhne ausstießen aus der Gemeinschaft als verfluchte Rasse des Kain.

Diese Blinden – wird er ausrufen – beteten ihr eigenes Verhängnis an und den Schatten ihrer Feigheit.

Sie beteten das Verhängnis an, das mit Krankheit und Tod wie mit Schlingen nach allem Lebendigen wirft, und den Fluch, den ihre eigene Entzweiung gebar.

Wären sie sehend geworden, so hätten sie erkannt, wie das treuliche Walten des Erdgeistes ihnen Feuer und Herdstatt geschenkt, sie alle Künste und Freuden gelehrt, wie es ihnen stufenweise mit freundlicher Eingebung half, seine Gaben steigernd zu entfalten, bis die Zeit der Fülle naht, wo das Werden sich wandelt in Sein, wo die Würde des ganzen Geschlechtes sich offenbart in der Würde des „Mensch-Gotts“.

Die Herrschaft der Chimären – so wird er schließen – sei vorüber; die Stunde sei da, ihre letzten Schlacken zu vernichten.

Alle, die den Namen „Mensch“ wirklich verdienten, müssten jetzt gemeinsam ihre Kräfte regen, um den Bau der neuen Ordnung zu errichten.

Der Mensch-Gott dürste, das Reich der Verheißung aufzuschließen; wer seiner teilhaftig sein wolle, der werfe alles Halbe von sich und werde zum Kämpfer.

Der Lohn des Kämpfers ei ja nicht mehr der bisherige Lohn aller verratenen Opfer – das Harren in Schwere auf einen Traum jenseits des Grabes; sein Lohn sei das Leben in vollkommener Gestalt und Macht von der Allmacht des Mensch-Gotts.

So wird der Künder des neuen Heils sprechen, so wird sein Prophet auf ihn hinweisen, und von den vier Enden der Erde und aus allen Völkern werden sie zu seiner Fahne strömen, um den „Sieg des Lebens gegen den Tod“ zu erkämpfen.

Der Mann aus der Wüste, der unerkannt vor die Menschen trat, wird zum Staatsmann und Feldherrn, zum Eroberer eines irdischen Reiches, das den Bestand der alten Mächte bedroht und ihr Gefüge unterhöhlt, bis auch die letzten in dem Beben einstürzen, das die ganze Erde entlangrollt und das Zeichen und Wunder begleiten.

S.150
Das Niedagewesene, Niegeglaubte, wird Wirklichkeit sein: ein Reich umspannt die ganze Welt, und alle Macht dieser Welt ist in die Hände eines Mannes gelegt.

Alle Schätze der Erde, alle Kräfte der Völker sind ihm dienstbar, sind gleichsam das Material, in dem er seine, ihn schon als Jüngling erfüllende Idee gestaltet.

Der Mahner, der immer wieder Gerechtigkeit forderte für die Unterdrückten und Ausgestoßenen, der Überwinder aller Schranken von Wirtschaft und Besitz, der Vernichter des Eigennutzes der Stände und Nationen, gibt jetzt den tragenden Ideen der Weltgeschichte ihren „letzten Sinn“ und ihre „gültige Verkörperung“, er baut aus ihnen allen die überwölbende Synthese.

Mit klugem Vorbedacht baut er sie so, dass die Hoffnungen der Menschheit in ihn selbst, in sein zum Gott erhöhtes Menschentum einmünden, dass sie erst durch ihn den Hauch des Lebens empfangen. Seine Werber werden als andere Apostel den Völkern darlegen, dass in seiner Person sich das Sehnen der Menschheit erfülle: die Klarheit Apollons und der Rausch des Dionysos, die Macht und Ordnung Roms, die Berührung von Himmel und Erde in den Pyramiden des Ostens, die freie Persönlichkeit der Germanen, die universale Brüderlichkeit der Slawen und die einst dem Volke Israel gegebene Verheißung auf den Messias.

Jedes Volk wird glauben, sein eigenes Wesen in ihm wie in einem Spiegel wiederzufinden; viele werden bei Antritt seiner Herrschaft die Morgenröte segnen, die den Tag des ewig-blühenden Fleisches und des ewig-zeugenden Geistes heraufführen soll.

Und gerade dies wird das furchtbare Geheimnis seines Betruges sein: er, nach seiner Kraft der größte Genius seiner Zeit, wird nicht Wesen und Gestalten schaffen, sondern einzig deren Scheinbilder; er, lebendiger als alle anderen, wird nicht weiterzeugen, sondern töten.

Einzig die Sinnenschrumpfung einer von seinen Strahlen gebannten Masse wird es ihm ermöglichen, in ihren Augen Berge zu versetzen, dem Meer und den Stürm en zu gebieten und Tote aus den Gräbern zu rufen.

In Wahrheit aber fehlt ihm und denen, die sein Zeichen tragen, der Zwang des Schöpfertums: sich selbst immer wieder zu verbrennen in jener Flamme, die mehr ist, als je ein Mensch zu sein vermag.

Ihm fehlt nicht die Kraft, aber die Liebe, die allein imstande ist, Tod in Leben zu verwandeln.

So wird es ihm zwar gelingen, die Schwerte der Materie zu bändigen als ein unter ihm stehende Seinsordnung und sie zu lösen in zauberische Leichtigkeit, aber es wird ihm nicht gelingen, die Ordnung des Geistes umzustoßen, die mächtiger ist als er.

Dies dunkel fühlend und von dorther Gefahren witternd für seinen Stolz und seine Sendung, wird er Befehl geben, alles zu vernichten, was „die Würde des Menschen bedroht“.

Furchtbare Befehle wird der umdüsterte Cäsar der Welt seine Henkern erteilen, Tod wird er überall verbreiten im Namen des Lebens, aber immer wieder werden über den Leichen der Gerichteten neue Empörer sich erheben und seine treuesten Diener ins Wanken bringen.

Genötigt wird er sein, Wölfe auszusenden, die seine bisherigen Spürhunde abwürgen, aber selbst unter den Wölfen und Panthern wird er sieben müssen als der Tiger mit bluttriefender Tatze, als der unersättlichste Despot, den je die Erde trug.

Der Befreier der Menschheit wird rasen gegen das Geschlecht der Menschen, weil er überall die Hand des Einen…….



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