bei den Hütern der Zinsknechte

Geschrieben von Scorp am 12. Januar 2004 15:33:11:

Als Antwort auf: wo stecken die Milliarden, Billionen? geschrieben von Butterfly am 11. Januar 2004 13:23:

Der Zinsesknecht

In der heutigen Zeit schimpfen fast alle, vom Armen bis gar zum Wohlhabenden, daß das Geld von vorn und hinten nicht mehr reicht, alles teurer wird, und früher die Kaufkraft einfach höher gewesen sei.
Doch all dies muß einen Grund haben, welcher bei oberflächlicher Betrachtung nicht zu finden ist.

Demzufolge überlegen wir uns als erstes, was Geld eigentlich ist, wozu es erfunden wurde, und wem es jetzt dient.
In grauer Vorzeit nämlich gab es noch kein Geld. Wozu auch. Jeder versorgte sich so gut es ging selbst, baute sich seine Feldfrüchte an, schneiderte sich aus der Wolle seiner Schöpse seine Gewänder, und baute sein Haus aus dem, was die Natur ihm bot.
So werkelte er mehr oder weniger zufrieden vor sich hin, bis das die Zeit kam, daß man sich auf die Produktion verschiedener Dinge spezialisierte, um deren Qualität zu verbessern.
So gab es dann Schuster, Schneider, Bauern, Fischer und was sonst noch alles gebraucht ward.
Bald entwickelte sich ein reger Tauschhandel, und Fiete der Fischer gab dem Bauern Jupp einige Fische, wofür er Kartoffeln mit nach Hause trug. Davon gab er auf dem Heimweg ein Drittel dem Schuster Hein, und nahm sich dafür ein paar neue Stiefel mit. Hein wollte allerdings noch ein paar Fische haben, welche Fiete ihm dann am nächsten Tag brachte.
Alles in allem war dies eine gute Entwicklung, wenn auch etwas umständlich. Der Tauschhandel florierte bald auch über Städte- und Landesgrenzen hinweg und gedieh prächtig.
So brachte denn der Händler Isaak dem Ritter Kunibert von fernen Landen Salz und Gewürze auf seine Burg, von wo er Ziegen mitnahm, welche er auf dem Rückweg bei Händler Ali gegen kostbares Tuch tauschen konnte, auf welches schon ein Schiffer wartete, um es dem Sultan Suleiman zu bringen. Isaak bekam in paar Unzen Gold dafür.
Schließlich ging die Spezialisierung immer weiter, und ein neues Tauschmittel wurde gebraucht.
Gold war rar, und so kam jemand auf die geniale Idee, Leistungsgutscheine auszustellen, was die Durchführung größerer Vorhaben sehr vereinfachte.
Das war eine wunderbare Erfindung, welche dem Fortschritt auf unserem Heimatplaneten sehr dienlich war, bis jemandem einfiel, das man ja den Leistungsgutschein „arbeiten“ lassen könne, ohne selbst etwas dazuzutun.
Dazu wiederum waren Geldverleiher und der Zins nötig. Und damit begann auch der Niedergang, was schließlich dazu führte, saß selbst die großen Weltreligionen den Zins verteufelten.
Mohammed beispielsweise vergab alle Sünden, nicht aber das Zinsnehmen. Der oberste pakistanische Gerichtshof entschied ebenfalls erst kürzlich, dass Zins gegen religiöse Grundsätze verstoße und abgeschafft werden müsse.
1749 gab der damals amtierende Papst die Antizins- Enzyklia heraus, in der es hieß, daß der Zins ins Verderben führe. Diese päpstliche Schrift geriet leider in Vergessenheit.
Nun gab es allerdings auch Zeiten, in denen es so etwas wie Zins nicht gab, und man sich auf bessere Methoden besann, das Geld in Umlauf zu halten.
In diesen Zeiten erlebte die Welt eine nie da gewesene Blütezeit, in welcher es dem größten Teil der Bevölkerungen tatsächlich gut ging.
Eine dieser Epochen war die Zeit des Goldenen Mittelalters von 1150 bis etwa 1450.
Im Geschichtsunterricht wird diese Zeit allerdings gern verschwiegen, weil sonst vielleicht jemand tiefer darüber nachdenken könnte, wie sich Mißstände späterer Epochen leicht beseitigen ließen.
1150 wie gesagt hatte der damalige Erzbischof Wichmann aus Magdeburg die geniale Idee, einseitig geprägte Blechmünzen herauszugeben, die zwei mal jährlich zum Umtausch ausgerufen wurden. Für 12 alte Münzen erhielt man beim Wechsel 9 neue.
Erfunden als praktische Methode der Steuereintreibung führte dies zur größten Schaffensperiode der Geschichte.
Selbst der Bau der großartigen Kirchenbauten fiel in diesen Zeitrahmen.
Geld wurde vor dem halbjährlichen Wechsel gern zinslos verliehen, der Kirche gespendet oder anderweitig schnellstens in Umlauf gebracht.
Der Spruch „Handwerk hat goldenen Boden“ stammt übrigens aus dieser Zeit. Ein Arbeiter hatte dazumal eine 30-Stunden-Woche und 153 arbeitsfreie Feiertage. Er konnte sich von einem Monatslohn bereits eine Wohnung kaufen, und Bauern trugen silberne Knöpfe an ihrer Kleidung. Fast jeder Gasthof servierte seine Speisen mit Silberbesteck.
Das also war das GOLDENE Mittelalter, von dem wie schon gesagt kaum noch etwas zu hören ist. Unter anderem fiel der Baubeginn des Ulmer Münsters in diese Zeit, welcher aber ein jähes Ende fand, als gegen 1450 die Fugger (in meiner Schulzeit vom Geschichtslehrer als Wucherer bezeichnet, was zu denken gibt) ihre Macht etablierten, indem sie wieder ein Zinssystem einführten.
Selbst die großen Kirchenbauten konnten daraufhin wegen Geldmangels nicht mehr fertiggestellt werden, und es dauerte nicht mehr lange, und das FINSTERE Mittelalter folgte.
Anstatt der rauschenden Feste gab es große Unterdrückung und daraus resultierende Unzufriedenheit im Volke, was in der Folge zu Bauernkriegen führte. Als Sündenböcke wurden schließlich Heiden und Hexen hingestellt, welche nach grausigen Folterungen obendrein im Namen Gottes verfeuert wurden, was in den Geschichtsbüchern im Gegensatz zum Goldenen Mittelalter wieder gelehrt wird. So läßt sich selbst diese Epoche auf den Fluch des Zinssystems zurückführen.
Übrigens beauftragte Bismarck seinerzeit einen Professor Ruhland mit einer Untersuchung, was der Grund für den Untergang oder das Scheitern früherer Hochkulturen war.
Ruhland ermittelte die Schritte im Verfall JEDER vergangenen Hochkultur folgendermaßen:
Zinsen führten zu Vermögenskonzentration in immer weniger Händen, dadurch bedingt zu allgemeiner Verschuldung, was zu Zinssklaverei führte und damit zu allgemeiner Dekadenz.
Dieser begegnete man einerseits mit „Brot und Spielen“ für das Volk, gleichzeitig aber mit immer höheren Steuern und Gesetzen.
Dies wiederum führte zu Unruhen und später zum Zusammenbruch der Hochkultur.
Dass Zinssysteme auf Dauer nicht funktionieren, zeigt uns das Beispiel des sogenannten Josephspfennigs, welcher der hypothetische Pfennig ist, welchen Joseph für seinen Sohn Jesus mit 5% Zins angelegt hätte.
Nach 100 Jahren hätten die Enkel Jesu zwar erst 1,31 Mark besessen, aber die Ururenkel nach 296 Jahren hätten bereits einen Goldbarren ihr Eigen genannt. Nach 438 Jahren besäßen die Nachkommen bereits der Barren 1000, und im Jahre 1466 wäre daraus bereits eine Weltkugel aus purem Gold geworden. Heute nun besäßen die Nachkommen Jesu über 200 Milliarden Weltkugeln aus Gold, OHNE je mehr Arbeit geleistet zu haben, als Joseph dazumal für besagten Pfennig aufbrachte.
Die Geschichte lehrte uns inzwischen, daß Zinssysteme nur recht kurzfristig funktionieren, und danach höchst unangenehm zusammenbrechen.
Äußerlich zeigen sich dann Inflation, Deflation, Krisen und / oder Krieg.
Allerdings ist das Ganze nur recht schwer zu durchschauen, da ein solcher Zusammenbruch sich nur etwa aller zwei Generationen zu manifestieren pflegt.
Ein Alarmzeichen hierfür ist beispielsweise, wenn die wirklich Reichen, welche Ahnung von finanziellen Spekulationen haben, nicht mehr auf ihren Aktien sitzen wie die Glucke auf dem Ei, sondern dieselben dem Volke zum Fraß vorwerfen.
Dann wird es in den meisten Fällen nicht mehr lang dauern, und die betreffende Aktie verliert horrend an Wert!
Als erstes trifft es stets die Kleinen. Sozialhilfeempfänger Hilfsarbeiter, und Leute welche einfach mit Geld nicht umgehen können. (Und die „Sozis“ werden dann noch als die Schmarotzer hingestellt, was nur auf einen verschwindend geringen Teil derselben zutrifft.)
Kurz darauf verschwinden immer mehr kleine Selbstständige, und schließlich der Mittelstand. Übrig bleiben nur die ganz Großen, und ein paar wenige ganz Kleine, welche nebenberuflich eine Marktlücke ausfüllen und lediglich aus Enthusiasmus ihrer Tätigkeit nachgehen, die zur Berufung geworden ist (Hinterzimmerverlage zum Beispiel).
Selbst große Staaten sind bereits bei privaten Banken schwer verschuldet, wobei erstens Abhängigkeit von selbigen auftritt, zweitens aber die Steuerlast immer weiter zunimmt.
Würde das Geld nicht derart missbraucht werden, daß einige wenige von der Arbeit anderer leben können ohne etwas dazuzutun, sähe vieles anders aus, und wir bräuchten nur vier Stunden die Woche arbeiten, um das im Geldbeutel zu tragen, was wir heute mit 40 Stunden Wochenarbeitszeit verdienen.
Oder um es so zu formulieren: Der Angestellte kostet seinen Unternehmer monatlich etwa 3500 Teuro. Etwa 2000 davon sind sein Bruttogehalt. So er ledig ist bekommt er 1000 Teuro Netto auf die Hand. Die Hälfte davon investiert der Gute in Miete, Strom und Wasser. Jetzt hat er noch ein Auto, und zu essen braucht er auch. Bleibt am Ende nicht viel übrig, aber den Unternehmer kostet es Unsummen, sich ein paar Angestellte zu leisten.
Also gibt es Entlassungen, und der nunmehr Arbeitslose vegetiert mit seinen paar Pfennigen Stempelgeld dahin, und liegt obendrein dem Staat auf der Tasche, wobei nicht versäumt wird, es demselben auch noch ständig aufs Brot zu schmieren, was sein Selbstwertgefühl bestimmt nicht hebt.
Der Arbeiter gerät hingegen immer mehr in Leistungsdruck, und muß arbeiten bis zum Umfallen. Besondere Unzufriedenheit ruft es nun noch hervor, wenn er einen Job macht, bei welchem er im Schichtdienst weniger verdient als ein Arbeitsloser erhält. So sind alle unzufrieden mit sich und zornig auf die Andren, und sehen das wahre Problem nicht.
So liegen bis zu 40% Zinsen auf einer Ware, welche Sie im Supermarkt einkaufen.
Mit einem vernünftigen Finanzsystem wäre demzufolge alles billiger, die Arbeitslosigkeit würde abnehmen oder ganz verschwinden, Arbeiter und Unternehmer würden profitieren, und wir würden einen Aufschwung erleben, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat.
Schon wenn es keine Einkommenssteuer mehr gäbe, könnten Unternehmer viel mehr Leute einstellen.
Jeder Angestellte könnte seine 3000 Teuro im Monat verdienen, was seine Kaufkraft steigert. Die Arbeitszeit würde sich verkürzen, und jeder hätte Zeit für seine Kinder.
Es könnte ein Paradies auf Erden werden, außer vielleicht für jene, welche es gewohnt sind durch Nichtstun reich zu werden. Doch selbst jene würden sich wohler fühlen in ihrer Haut, wenn sie durch ehrliche Arbeit ihren Wohlstand begründen könnten. Schließlich sind wir alle nur in einem schlecht durchdachten Geldsystem gefangen, aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint.
Es gibt Geldsysteme, welche besser funktionieren. Sehen wir auf das goldene Mittelalter, schauen wir auf die Freiwirtschaft nach Silvio Gesell (1862-1930) oder auch auf andere Systeme, welche zum Wohle aller funktioniert haben.

grüsse scorp


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