Re: Zum Leid

Geschrieben von Erntemond am 10. Januar 2004 22:10:16:

Als Antwort auf: Re: Zum Leid geschrieben von Johannes am 10. Januar 2004 12:25:15:

Hallo Johannes,

haben Ärzte, Krankenschwestern, Feuerwehr, Rettungsdienste, ... etc also den falschen Beruf?
Das habe ich nicht behauptet. Jedoch ist es kein Geheimnis, dass viele Menschen in Pflegeberufe strömen,
um zu "helfen", um sich die Anerkennung und Wertschätzung von Hilfebedürftigen zu holen, weil sie die
von "Stärkeren" und "Gesunden" nicht bekommen, geschweige denn sie sich selbst anerkennen und wertschätzen.
Sie suchen im Außen, was nur im Innern zu finden ist.

Sie alle versuchen, Leid zu vermeiden, soweit es in ihren Kräften steht.
Vermeidet eine Krankenschwester "Leid", wenn sie eine Trenage zieht? Kommt die Feuerwehr, bevor das Feuer
ausbricht? Geht man mit blendender Gesundheit zum Arzt? Keiner der von Dir angeführten Berufe vermeidet Leid,
sondern sie arbeiten mit und an dem Leid.

Vielleicht, weil sich das Opfer den Autounfall, den Mordanschlag, das Erdbeben etc. selbst ausgesucht hat?
Wer mir 3 Promille gegen einen Baum fährt und dann sein Leben lang im Rollstuhl sitzen muss, verdient der Mitleid?
Ist er ein Opfer? Wenn ja, von was? Von seiner selbst? Wenn nein, wer ist dann der Täter? Womöglich der Baum, der da
einfach so nutzlos am Straßenrand vor sich hin wuchs? Das Opfer hat meinerseits vollstes Mitgefühl für sein weiteres Leben
im Rollstuhl, aber ausgesucht hat er sich den Umstand schon selbst.
Und falls dieser betrunkene Fahrer einen weiteren Menschen in Mitleidenschaft zieht, dann hat dieser mit Sicherheit auch
eine Lebensaufgabe zu meistern, die wir nicht überblicken. Diesem Menschen Mitleid entgegen zu bringen, ist in meinen
Augen fatal, denn er braucht Mitgefühl und Zuspruch für seinen weiteren Lebensweg.

...so Dein Zitat, und etwas gegen das Leid tue (inkl. Vorsorge, daß erst nichts passiert), dann zeigt das, daß ich uneingeweiht bin?
Wenn Du vorsorgst, verursachst Du womöglich Leid. Schon einmal darüber nachgedacht? Wem nützt/schadet es, wenn
Du versuchst, Leid zu vermeiden? Nimmst Du Menschen dadurch evtl. eine „Lernerfahrung“, damit sie einen „Fehler“
nicht noch einmal begehen? Wenn es Dich nicht trifft, trifft es einen anderen.

Bin ich eingeweihter, wenn ich die Opfer bzw. potentiellen Opfer lieber leiden lasse?
Mit Mitleid ist der Welt nicht geholfen. Wenn zu mir ein Arzt sagt, "dass tut mir leid, was ihnen passiert ist" (= Mitleid),
springe ich gleich von der Trage. Ein "ich weiß, dass sie Schmerzen haben und ich werde versuchen ihnen zu helfen" (= Mitgefühl)
wirkt da mehr. Was ist bitte ein potentielles Opfer? Was macht einen zu einem potentiellen Opfer?

So kommt Deine Aussage rüber. Wenn ich es falsch verstanden habe, dann kannst Du sie ja vielleicht nochmal erklären.
Es ist ja kein Geheimnis, dass wir zwei völlig verschiedene Sichtweisen auf die Welt, in der wir leben, haben.

Übrigens: Ich habe nicht die Antwort, warum es Leid gibt
Was ist das Gegenteil von Leid? Vielleicht gibt es keine andere Möglichkeit uns aufzuzeigen, dass man dankbar sein sollte
über jeden Tag, den man in "Gesundheit" verbringt, an den man sich satt essen kann und sich glücklich schätzen darf, hier in
unseren Breitengraden geboren zu sein?

Allgemein schon, wir sind in einer gefallenen Welt, die nicht nach Gottes Geboten handelt.
Und wenn wir alle nach Gottes Geboten handeln, wird dann die Welt besser oder finden wir dann wieder etwas, was
"Leid" erzeugt? Was ist mit den Leuten, die nicht nach Gottes Geboten leben wollen, leiden die dann nicht auch?

Denn wenn das Leid nicht der geplante Weg ist, dann werde ich frei, gegen das Leid aufzustehen (auch im Gebet) und mein Leben
in die Hand zu nehmen.

Bevor ich das kommentiere wäre zu diesem Satz noch Erklärungsbedarf Deinerseits. Nicht, dass da was bei mir ankommt, was
gar nicht so gemeint ist. :-)

Zugespitzt: Du bist in der niedrigsten Kaste geboren. Dich also nicht unterstützen, denn Du hast es sich ja selbst ausgesucht?
Oder Dich unterstützen und fördern im Rahmen der Möglichkeiten?

Wenn ich es will, habe ich sicher nichts gegen die Förderung im Rahmen der Möglichkeiten.
Wenn ich es nicht will bitte ich doch um die "christliche Nächstenliebe", die für mich Respekt gegenüber anderen und deren
Andersartigkeit mit einschließt.

Aus der Antwort von Zappa:
Wie gesagt, in Indien sehe ich im Kastendenken genau das, was ich eigentlich als die logische Konsequenz des Reinkarnationsglaubens
sehe, wenn er von einem Volk in einem größeren Maß verinnerlicht wurde. Sich in sein schlechtes Schicksal zu ergeben, statt aktiv am
Fortschritt und der allgemeinen "Leidvermeiderei" zu arbeiten. (Die teils vorhandene kath. Einstellung, Leid sei von Gott geschickt, hilft
allerdings aus den gleichen Gründen auch nicht viel weiter).

Ich finde es schon immer wieder interessant, wie wir "Christen" anderen Kultur- und Glaubenskreisen unser Gesundheitssystem,
unseren "Fortschritt" und unser Wertesystem aufdrücken wollen. Über was Du Dir hier Gedanken machst, spielt in Indien absolut keine Rolle. :-)
Für Dich mag das Schicksal mit Deinen westlichen Augen betrachtet "schlecht" sein, die Inder nehmen aber ihre Lebensaufgaben
durchaus ernst - im HIER und JETZT - und meistern diese mit Demut, die uns hier ziemlich abhanden gekommen ist.

Viele Grüße
Erntemond



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