Re: Anteil ausländischer Straftäter?

Geschrieben von Johannes am 19. Dezember 2003 14:12:20:

Als Antwort auf: Re: Peter Scholl-Latour, heute im ZDF, sagte: Untergang des Abendlandes geschrieben von Apollo am 18. Dezember 2003 21:35:42:

> in der besagten Polizeistatistik steht ja auch so schön " Tatverdächtige ".
> ( Am Anfang ist ja jeder Verbrecher mal " tatverdächtig " !) Wieviele von
> denen auch reel überführt wurden..?Eine effektive Anteilszahl ist anscheinend
> nicht so leicht zu ermitteln ?


Hallo Apollo,

die Zahlen bezüglich einer Verurteilung habe ich bisher auch nicht gefunden, aber selbst wenn, welche sollte man denn nehmen? Nur Freiheitsstrafen, auch Bewährungsstrafen?

Wieviel werden überführt? Und das ist nochmal etwas anderes als die Frage, wieviel schuldig waren. Nimm mal die Mafia als Beispiel. Da wird vielleicht mal jemand als tatverdächtig verhaftet und angeklagt, kommt dann aber aus Mangel an Beweisen frei, weil kein Zeuge aussagt. Für die Statistik heißt das, daß die Mafia bei den verurteilten Tätern einen geringeren Anteil hat als bei den Tatverdächtigen.

Okay, wie dem auch sei, wir haben hier nur die Statistik zu den Tatverdächtigen. In der Bewertung werden dort einige Punkte aufgeführt, die den hohen Ausländeranteil relativieren sollen. Einem Teil der Argumente kann ich mich anschließen, so sollte man aus der Gesamtbetrachtung die Delikte herausnehmen, bei denen es um Verstöße gegen Ausländerrecht (Auifenthaltsrecht etc) geht. Das sind Dinge, die können Deutsche naturgemäß kaum begehen.

Nicht anschließen kann ich mich dem Punkt, die Ausländer seien häufig jünger, männlich, lebten überwiegend in Großstädten, gehörten zu einem größeren Anteil unteren Einkommens- und Bildungsschichten an und seien häufiger arbeitslos. Dies führe zu einem höheren Risiko, "als Tatverdächtige polizeiauffällig zu werden".

Diese Argumentaion stimmt zwar, nur, was sagt sie aus? Mir geht es nicht darum, ob Ausländer bessere oder schlechtere Menschen sind. Sondern mir geht es bei der Auswertung der Statistik darum, ob die hier lebenden Ausländer im Schnitt mehr Straftaten begehen als die Deutschen.

Nimm einen Ladenbesitzer als Beispiel, er muß mit Diebstahl rechnen. Jetzt kommt ein neuer Kunde und er versucht ihn einzuschätzen, was er will. Hoffentlich viel kaufen, natürlich. Aber vielleicht achtet er nach schlechten Erfahrungen auch mehr darauf, wer ehrlich zahlt und wer klaut. Und wenn der Ladenbesitzer nun feststellen sollte, daß Ausländer häufiger klauen als Deutsche, dann interessiert ihn nicht, warum hier eher jüngere männliche Ausländer leben. Es sieht es pragmatisch und sagt sich, hier sind die, die eben hier sind. Und die sind so, wie sie sind. Und überlegt also, ob der durchschnittlich vorhandene Ausländer eher klaut als der durchschnittliche Deutsche.

Für einen Sozialarbeiter mag die Frage interessant sein, ob Ausländer weniger straffällig wären, wenn sie in anderer Zusammensetzung hier wären, für Politiker auch, z.B. wenn sie überlegen, wem sie eine Zuzugsgenehmigung erteilen und wem besser nicht. Derjenige, der wie der Ladenbesitzer die Situation erst einmal nur als gegeben hinnehmen kann, der sieht die Gruppen in eben jener Mischung, wie sie eben vorhandenen ist. Er will wissen, wer häufiger klaut und nicht so sehr, warum er das tut.

Okay, nach der langen Vorrede, was sagt die Statistik aus? Bei Raub, Vergewaltigung sowie Mord und Totschlag liegt der Anteil der ausl. Tatverdächtigen bei ca. 30%, schwere Körperverletzung bei ca. 25%, leichte Körperverletzung sowie Freiheitsberaubung bei ca. 20%. Dies bei einem Ausländeranteil von 8,9% laut ZDF (http://www.heute.t-online.de/ZDFheute/artikel/15/0,1367,POL-0-2037551,00.html).

Was heißt das nun praktisch? Von 1.000 Tatverdächtigen begehen die 89 Ausländer 30% aller Morde, die 911 Deutschen die restlichen 70%. Zum Vergleich, welche Gruppe straffälliger wird, mußt Du die Menge berücksichtigen. Und da ist das Verhältnis Ausländer/Deutsche dann 337 zu 77, sprich, der Anteil ausländischer Tatverdächtiger ist mehr als 4-fach so hoch wie der der Deutschen. Dies gilt auch bei Raub und Vergewaltigung. Bei schwerer Körperverletzung ist das Verhältnis 280 zu 82, bei leichter Körperverletzung 224 zu 88.

Der höchste Anteil ausl. Tatverdächtiger besteht bei Urkundenfälschung (die 49,2% entsprechen 553 zu 56), der niedrigste bei Wettbewerbs-/Korruptions-/Amtsdelikten (4,9% ensprechen 47 zu 105), d.h. dort sind Deutsche mehr als doppelt so oft auffällig geworden.

Um nochmal zu meinem Ladenbesitzer zurückzukommen, hier geht es um Diebstahl. Hier ist der Anteil ausl. Tatverdächtiger ca. 21%, d.h. das Verhältnis ist 236 zu 87. Sprich, der Anteil ausl. Tatverdächtiger zu Deutschen beträgt 2,7 zu 1.

Nun aber Achtung, was die statistische Auswertung angeht! Diebstahl ist sehr häufig eine Mehrfachstraftat. Wer einmal anfängt, macht häufig verstärkt weiter. Diebstahl ist gleichzeitig die häufigste Straftat, sie macht etwa 1/3 aller erfaßten Straftaten aus. Unsere vorliegende Statistik geht nach Tatverdächtigen. Würdest Du eine Statistik nach Taten führen, so würde Diebstahl besonders ins Gewicht fallen, anderes (Korruption/Amtsdelikte) eher weniger. Sprich, der durchschnittliche Ladenbesitzer bekommt eher die Straftat eines Ausländers mit als die eines Deutschen. Dies beeinflußt natürlich die Wahrnehmung.

Nochmal zu den Anmerkungen in der Polizeistatistik: Natürlich müßte man auch die illegal hier lebenden Ausländer berücksichtigen, dies würde den Ausländeranteil etwas erhöhen bzw. umgekehrt die durchschnittliche Straffälligkeit senken (denn die Taten sind ja erfaßt, obwohl die Täter nicht in der Meldestatistik auftauchen).

Und noch eine Falle bei der Auslegung der Statistik: Hubert sprach den subjektiven Eindruck der Bevölkerung an. Wenn jemand ausländischer Herkunft ist, aber einen deutschen Paß bekommen hat, zählen seine Straftaten in der Statistik auf der deutschen Seite. Der Ladenbesitzer in meinem Beispiel weiß aber nicht, welchen Paß jemand besitzt, er kann nur nach der Herkunft gehen, die er äußerlich erkennen kann. Würde man, wie er, die Tatverdächtigen, die zwar einen deutschen Paß haben, aber ausländischer Herkunft sind, auf der Seite der Ausländer buchen, wäre der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen höher als in der Statistik aufgeführt.

Okay, soweit mein Beitrag zur Statistik bzw. der schwierigen Auswertung.

Gruß

Johannes



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