Imperium Romanum

Geschrieben von franke43 am 17. Dezember 2003 11:03:20:

Als Antwort auf: Re: Noch eine Analogie - das Imperium Prinzip geschrieben von Eraltho am 17. Dezember 2003 10:07:24:

Hallo Eraltho

Auch das war mir bekannt. Schon zu Zeiten der
Kaiser war das römische Reich gespalten, und
zwar auch VOR der endgültigen Reichsteilung
von 396.

Als das römische Reich durch Eroberungen
langsam Form gewann, geschah die Ausbreitung
im Westen auf Kosten von "Barbarenvölkern",
also von solchen Völkern, auf die herabzusehen
die Römer ein Anrecht zu haben glaubten. Zwar
wissen wir heute, dass die keltischen Stämme
keine Barbaren waren, aber die Römer fühlten
gegenüber Kelten und Germanen eine kulturelle
Überlegenheit. Auf den eroberten Gebieten
verbreitete sich die römische Kultur und die
lateinische Sprache, die dann zu den heutigen
romanischen Sprachen wurde.

Im Süden (Karthago, Ägypten) und im Osten
(Griechenland, Kleinasien, Syrien, Israel)
war die Lage völlig anders. Die dortigen
Völker hatten unter dem Perserreich und
später unter dem Alexanderreich und den
Diadochenstaaten eigene grosse Staatswesen
geschaffen, für die Rom nicht ein Vorbild
war, sondern ein Nachahmer, ein neuer
Diadochenstaat. Im Osten hatte man die alten
Schriftenkulturen und ihre Schriftsprachen:

Pharaonisches Ägyptisch (Koptisch), Persisch,
Aramäisch, Griechisch, Phönizisch, Hebräisch
- alles Schriftsprachen mit einer eigenen
Literatur und alten Kultur. Dort waren die Römer
Neulinge, also Emporkömmlinge und "Greenhorns".

Also lebten die dortigen Sprachen weiter:

Griechisch und Aramäisch als Verkehrssprachen,
Koptisch, Persisch, Hebräisch und Phönizisch
als Sprachen mit lokaler Bedeutung in ihrem
angestammten Kulturkreis.

Der Osten wurde nie "romanisiert", auch nicht
zur Zeit der mächtigsten Kaiser. Stattdessen
mussten die Römer dort Griechisch sprechen,
was viele Papyrusfunde eindeutig belegen.

Daher wurde die griechische Ostkirche - die
spätere Orthodoxie - auch nie latinisiert
wie die Westkirche. Im Gegenteil: in der
Ostkirche sah man die Latinisierung der
Westkirche als Glaubensabfall und als
Verrat an der Sprache der Evangelien und der
Gemeindebriefe. die ersten lateinischen
Bibelübersetzungen (Itala) waren "Verrat".

Dieses Selbstbewusstsein hat gerade zu den
späteren Konfrontationen von Westrom und
Ostrom geführt - und dazu, dass die hunnischen
und germanischen Invasoren derVölkerwanderungs-
zeit die verfeindeten Romani (Weströmer) und
Rhomaier (Oströmer, "Byzantiner") gegeneinander
ausspielen konnten, was z.B. Attila sehr
intensiv getan hat. Nur Aetius gelang es,
den Spiess umzudrehen und Germanen gegen-
einander auszuspielen nämlich die beiden
gotischen Brudervölker gegeneinander.

Der Balkan war die Grenzregion zwischen dem
oströmischen und dem weströmischen Reich
und dann später zwischen dem byzantinischen
Reich und dem westgotischen Königreich in
Italien unter Theoderich. Und so ging das
weiter - bis heute. Die Türken haben auf
ihrem Vormarsch auf dem Balkan auch nur
die alten Streitigkeiten der Europäer
ausgenutzt. Niemand wollte auf dem Kosovo
Polje (Amselfeld) 1389 den orthodoxen
Serben helfen, niemand den orthodoxen
Byzantinern in Konstantinopel 1453.

Gruss

Franke




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