Re: Die große Verschwörung - kann es die geben?

Geschrieben von JeFra am 07. Dezember 2003 20:52:38:

Als Antwort auf: Die große Verschwörung - kann es die geben? geschrieben von Johannes am 06. Dezember 2003 22:12:29:


Ich sehe das jetzt zwar in erster Linie anders, nämlich als Folge der Geldgier mancher Leute.

Das glaube ich nicht. Wie der Hinterbänkler in dem ersten der von Ihnen zitierten Beiträge klargmacht hat, war ja der finanzielle Nutzen eher gering:

Man muss aber wissen, dass damals Rekordernten erzielt wurden. Niemand hätte hungern müssen. Das Getreide wurde vornehmlich in die USA zu einem übrigens und tragischerweise sehr schlechten Preis verkauft. Wegen der guten Ernten war der Weltmarktpreis kaputt. Trotzdem hat die USA in Milliardenhöhe Getreide angekauft. Im Gegenzug durfte ein (in Worten: ein) amerikanischer Architekt in Russland 'Traktorfabriken' bauen.

Ich glaube, es ging einmal darum, kurzfristig Rußland zu einer militärischen Macht aufzubauen, die man gegen Deutschland ausspielen konnte. Insofern war es kurzfristige Planung, zumal man ja damals den Staat, dem diese Hilfe galt, recht gut beherrschte. Daß man die Macht in Rußland verlieren würde und sich letztlich einen Feind schaffen würde, dessen Existenz sich als spielentscheidend für den Überlebenskampf des Staates Israel herausstellen könnte, war ja nicht vorhersehbar. Aus rationaler Sicht ist natürlich eine Politik glatter Selbstmord, mit der man sich den wohlverdienten Haß der Völker Europas ebenso zuzieht wie den wohlberechtigten Haß der islamischen Welt. Wir sehen hier aber den religiösen Wahnsinn am Werke und nicht rationale Planung.


Ich glaube aber auch, daß bei den von Backbencher angesprochenen Vorgängen ganz einfach der Haß auf die betroffenen Völker eine wichtige Rolle gespielt hat. Wenn Sie beispielsweise Feuchtwangers `Jud Süß' lesen, wird klar, daß es Feuchtwanger das deutsche Volk gehaßt hat, und zwar lange vor 1933. Dieses Beispiel läßt natürlich Rückschlüsse auf die Haltung der Führungspersönlichkeiten der Münchener Räterepublik zu, zu deren Umfeld Feuchtwanger gehörte und mit denen er den religösen Hintergrund teilte. In manchen Fällen gibt es von führenden Bolschewiki klipp und klar formulierte Äußerungen, wonach es ihnen um den Volkstumskampf ging. Beispielsweise hat Lasar Kaganowitsch auf grauenhafte Weise gegen die Kulturdenkmäler Moskaus gewütet, die Sprengung der Erlöserkirche war nach dieser russischen Biographie kein Einzelfall. Bei der Sprengung der Erlöserkirche hat Kaganowitsch gesagt: "Saderjom podol matuschke-Rossii", was meist etwas ausschmückend übersetzt wird als "Mother Russia is cast down. We have ripped away her skirts.", aber auf jeden Fall den Schluß zuläßt, daß Kaganowitsch seine Tätigkeit als Vergewaltigung des Mütterchens Rußland betrachtet hat. Desgleichen gibt es klar formulierte Aussagen entweder von Kamenew oder Sinowjew, daß diese den Bolschewismus als die Überwältigung der Völker Europas durch die Völker Asiens betrachtet haben und die Nazis folglich mit dieser Deutung des Bolschewismus nur das Selbstverständnis der Bolschewiki übernommen haben. Allerdings fehlt mir im Augenblick die Zeit, dieses Zitat herauszusuchen.


Siehe zu dieser Frage auch Solschenitzyn, Der Archipel Gulag II, FN auf S. 70. Solschenitzyn wirft die Frage auf, warum Naftalij Frenkel ohne Not sich in die Dienste des auch für seine Diener hochgefährlichen Sowjetstaates begeben hat:


Ich hege dazu eine persönliche Vermutung und werde sie im folgenden Kapitel äußern.

Was er dann auf S. 131 am Ende von Kapitel III.4 tut:

Mich dünkt, er [ Frenkel ] hat dieses Land gehaßt.

Es ist schwer möglich, diesen Eindruck nicht zu teilen, wenn man einige Nummern von `konkret' gelesen hat und das höchst selektive Verhältnis dieser Kommunisten zu Religion, Volkstum und Chauvinismus kennt.


Was die von Backbencher gebrachte Geschichte angeht, so sollte man sich auch die Auswirkungen dieser Politik auf die USA vor Augen führen. Ob ein kausaler Zusammenhang zu den John-Steinbeck-Jahren des Massenelends existiert, ist aus naheliegenden Gründen in der offiziellen Geschichtsschreibung bisher nicht untersucht worden. Jedenfalls geht es um eine Politik, die durchaus sinnvoll ist aus der Sicht von Leuten, die den amerikanischen Farmer so hassen wie den ukrainischen Kulaken. Und die Ruinierung des unabhängigen Bauernstandes ist ja eine wichtige Strategie im Volkstumskampf.


Ich glaube also nicht an die Weltverschwörung, sondern nur an den Volkstumskampf als Hintergrund der Politik der Bolschewiki und daran, daß wir bei vielen Ereignissen der Tagespolitik ganz einfach den religiösen Wahnsinn am Werke sehen. Im Falle der Freimaurer habe ich hier schon mal erläutert, warum ich nicht an eine Weltverschwörung im Dienste irgendeiner abstrakten Gesinnung glaube:


Die Freimaurer bilden ja kein Volk, und da die wenigsten Menschen emotionale Gefühle mit der Mitgliedschaft in irgendwelchen Gesinnungs-Internationalen verbinden, sollte es den meisten Freimaurern eher ums Geld gehen, sofern sie nicht einen ideologischen Hintergrund außerhalb der Freimaurerei haben. Der Eintritt in die Loge wird meist nicht vor dem 20. Lebensjahr erfolgt sein. Im Gegensatz dazu werden die Schüler einer religiös oder völkisch geprägten Schule von frühester Kindheit an zur Treue zu den Idealen ihrer Religionsgemeinschaft bzw. ihres Volkes erzogen.

Gruß
JeFra


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