Re: Etwas zum biblischen Hintergrund von 'Auserwählung' bzw. Prophezeiungen

Geschrieben von Johannes am 29. November 2003 02:43:02:

Als Antwort auf: Religiöses Eifertum paart sich mit Halbseidenem Wissen geschrieben von Danan am 28. November 2003 18:26:13:

> Auf die Philosophische Frage von einem Allmächtigen Gott, der sich ein
> bestimmtes Volk auserwählt will ich garnicht groß eingehen, denn sowas
> erscheint mir von Menschenhirnen gemacht.

Hallo Danan,

ich sehe, wir sollten diesen Teil des Proph.-Themas doch mehr im Forum besprechen. :-)

Es ist ein häufiges Mißverständnis, daß Gott ein VOLK ausgewählt hätte. In dieser Form finde ich das nicht in der Bibel.

Was ich in der Bibel finde, das ist der BUND, den Gott mit ABRAHAM geschlossen hat. "Dich und Deine Nachkommen will ich segnen und zahlreich machen wie den Sand am Meer", um das jetzt einmal frei wiederzugeben.

Und in dieser Form macht das auch viel mehr Sinn, finde ich. Denn jetzt steht nicht mehr die Frage im Raum, wieso hat Gott gerade DIE auserwählt (und DIE sind doch auch nicht besser... und so), sondern die Frage stellt sich, warum wurde Abraham gesegnet? Was war das besondere der Beziehung zwischen Gott und Abraham?

Und die Frage der Beziehung zwischen Gott und den Menschen zieht sich als roter Faden durch die Bibel. Angefangen von der Schöpfung, in denen Gott den Menschen nur ein einziges Gebot auferlegt, nämlich die Frucht eines einzelnen Baumes nicht zu essen. Dies begründete Gott nicht näher, der Mensch konnte es also auch mit seinem Verstand nicht fassen. Und flugs kam der Teufel, die alte Schlange, und fragte "Sollte Gott wirklich gesagt haben...?"

Nebenbei: So, wie die Schlange es sagt, hatte Gott es nicht gesagt. Aber es war rethorisch natürlich geschickt, denn so kam ein "na siehste" als Antwort. Über die Umformulierung gab es dann gar keine Diskussion mehr.

Wir haben hier also das Grundproblem, daß der Mensch der eigentliche Herrscher sein will, unabhängig von Gott. Er will entscheiden, esse ich diese Frucht oder nicht. Wenn er das Verbot nicht versteht, warum sollte er sich dann danach richten?

Betrachte aber noch einmal die Situation: Adam und Eva waren im Paradies, sie hatten alles, was sie sich nur wünschen können. Gott hatte sie nur gebeten, eine einzige Bitte zu beachten. Einen Punkt, den sie nicht aus ihrem Verstand heraus begründen können. Sondern die Respektierung der Bitte lies sich für Adam und Eva nur durch den Respekt vor Gott erklären bzw. die Liebe zu Ihm, ihrem Schöpfer.

Da haben wir sie also nun, die beiden, im Garten Eden. Sie haben alles, können tun und lassen, was sie wollen. Bis auf den einen, winzigen Punkt, der, wenn sie ihn erfüllen, zeigt, daß sie nicht sich selbst als Herrscher bzw. Mittelpunkt der Erde aufspielen, sondern Gott als den wahren Herrn anerkennen. Darum geht es nämlich im Endeffekt bei der Frage, ob sie nun auch noch die Frucht des einen verbotenen Baumes essen dürfen oder nicht.

Nach der rethorisch geschickten Frage der Schlange entscheiden sich die beiden, nicht die Bitte Gottes zu respektieren, sondern sich selbst als Maßstab zu setzen. ICH will das, ICH sehe das so, warum sollte ICH Gottes Willen beachten, wenn ICH das nicht verstehe?

Wer ist also nun der Herr, der Mensch oder Gott? Das ist das Grundproblem beim Sündenfall, nicht die Frage, warum Gott das so und nicht anders wollte. Der Mensch entschied sich, sich als Maßstab zu nehmen, seinen Verstand - und so kam es zur Trennung von Gott.

Diese Grundfrage nach der Beziehung zwischen Gott und den Menschen zieht sich durch die gesamte Bibel, von Adam und Eva bis zum Schluß der Offenbarung. Immer wieder wirbt Gott um den Menschen - und der Mensch wendet sich dennoch von Gott ab. Nicht Gott soll ihm etwas zu sagen haben, sondern der Mensch will selbst Gottes Stelle einnehmen.

Vor diesem Hintergrund solltest Du einmal die biblische Geschichte von Abraham lesen. Gott fordert hier etwas von Abraham, das dieser nicht verstehen kann. Aber im Gegensatz zu Adam und Eva entscheidet er sich dafür, Gott zu vertrauen. Und Gott macht ihm klar, daß es ihm gar nicht um das (vordergründig) geforderte Opfer ging, sondern darum, daß der Mensch letztendlich Gott höher setzt als sich selbst.

Abraham tat tat in herausragender Weise - und Gott segnet ihn über alle Maßen. Und nicht nur er soll gesegnet sein, sondern auch seine Nachkommen.

Nun wäre ich wieder bei Deinem Punkt: Warum sollte Gott ein einzelnes Volk auserwählt haben? Nein, hat er nicht! Aber er hat Abraham und dessen Nachkommen seinen Segen verheißen. Und die Frage ist nun nicht mehr die, warum sollte Gott gerade DIE auserwählt haben, sondern die Frage sollte sich jeder persönlich stellen: Wer oder was ist in meinem Leben der letztendliche Maßstab? Bin ICH das, weil ich nichts als verbindlich akzeptieren will, wofür mein Verstand keine letztendliche Erklärung findet? Oder ist es Gott, dem ich vertraue, weil Er Er selbst ist?

Du kannst ruhig die Beziehung zwischen Mann und Frau als Vergleich nehmen. Was hat eine Frau denn davon, daß ich ihr Rosen schenke? Und was hat sie davon, wenn ich "Ich liebe Dich" zu ihr sage? Sollte sie das nicht inzwischen wissen, daß ich sie liebe? Warum dann immer wieder wiederholen? Oder so ähnlich. Du weißt wohl, was ich sagen will. Es gibt diese Punkte, die können wir letztendlich nicht erklären - aber wir können sie aus Liebe respektieren und beachten.

Und genau das gleiche gilt für die Beziehung zwischen Gott und den Menschen. Im Endeffekt müssen wir eigentlich nichts tun. Ist es denn wirklich ein Opfer, wenn man aus dem gesamten Paradies nur vom einem einzelnen Baum nichts essen soll?

Okay, das nur mal als Hintergrund, da der Punkt mit der Auserwählung oft falsch verstanden wird. Es geht nämlich nicht um Auserwählung, es geht um Segen. Dieser Segen soll natürlich deutlich werden, es erwächst daraus also auch eine Verantwortung. Je größer der Segen, desto größer die Verantwortung. Daraus erwächst dann, je nach Blickwinkel, auch eine gewisse Auserwählung, aber das ist nicht die Kernaussage. Sondern die Kernaussage ist die Frage nach unserer BEZIEHUNG zu Gott und daß wir den gleichen Segen haben können, wenn wir Gott als Gott anerkennen und uns nicht selbst zum Maßstab setzen.

Gott sagt, wer mir gehorsam ist, den will ich segnen über tausend Generation. Und wir sündigt, dem will ich strafen (den Segen wegnehmen) bis in die dritte Generation (also ein riesiger Unterschied!). Aber, bevor nun Kritik kommt, Gott sagt auch, daß er einen Sohn nicht für die Sünden seiner Vorfahren bestrafen will, wenn der Sohn sich von den bösen Wegen seiner Vorfahren abwendet. Jeder hat es also im Endeffekt selbst in de Hand.

Für das Forumsthema ist aber der langanhaltende Segen interessant. Denn einen zugesagten Segen (Beispiel: "am Ende der Tage will ich mein Volk, das bis dahin in alle Welt verstreut wurde, wieder an seinem ursprünglichen Ort sammeln" - frei zitiert) können wir überprüfen und somit sehen, welchen Wert die anderen prophetischen Aussagen (Verheißungen) haben. Nichts gegen Irlmayer und Co, aber auch die Prophezeiungen der Bibel sollten wir mal etwas mehr betrachten, daher freue ich mich über den Thread von Loys.

Viele Grüße

Johannes


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