off topic«Die Geister die mich riefen»
Geschrieben von Napoleon am 29. Oktober 2003 22:00:50:
Elena (auch Helena) Petrowna (1831 - 1891) heiratete ihm Alter von 17 Jahren einen sechzigjährigen General namens Blavatsky. Neuer Nachname, viele Reisen. Die Tochter einer russischen Adelsfamilie sammelte exotische wie esoterische aber auch okkulte Erfahrungen rund um den Globus. Getrieben von der Sucht nach Anerkennung. Ihre Manie, im Mittelpunkt zu stehen, stellte sie mit der Gründung einer neuen Religion unter der Beweis. Eine Mixtur diverser Glaubensinhalte, die sie zur Vorläuferin des heutigen New Age werden liess. Blavatskys Kreation «Theosophie» erhielt eine monotheistische Prägung der besonderen Art. Die orientalischen Religionen mutieren zu einer einzigen göttlichen Realität, die sich in Form verschiedener Götter manifestiert. Die Theosophie stellt sich über die anderen Religionen. In ihrem ersten Werk «Die entdeckte Isis» versucht Elena Blavatsky die Wahrheit des Christentums zu Gunsten des Buddhismus umzukrempeln. (1) Das Herzstück des heutigen New Age ist, auch dank Blavatsky, der althergebrachte Hinduismus.
1873 begann sie in New York mit dem Spiritismus. Spezialität: Automatisches Schreiben. Im New Yorker «Miracle Club» trat sie als Medium mit einem Führergeist auf. Der nannte sich John King, ein Seeräuber, der damals bei den Medien in Mode war. Sie wandelte den «Club» in die theosophische Gesellschaft um. Der Hauptsitz der Gesellschaft wurde 1882 nach Adyar, Indien verlegt. Mittlerweile gab sie vor, eine «Eingeweihte» zu sein. Ihre Botschaften würden nicht mehr von Geistern sondern direkt von den Mahatma (Meister höherer Entwicklung) kommen. Sie veröffentlichte «Die Briefe der Mahatma». Briefe die vom Himmel vielen und den merkwürdigsten Orten gefunden wurden.Die «Society for Psychical Research», London untersuchte 1884 die Authentizität der Phänomene. Der Beauftragte, Richard Hodgson stellte Fest dass «die sogenannten Wunder der Mahatma nur auf einfachen Tricks beruhten.»
Es ergab sich, dass die mahatmischen Handschriften mit derjenigen Blavatskys übereinstimmten. Sie verteidigte sich mit dem Argument, es würde sich um «psychische Telegraphie» handeln, dass heisst eine elektromagnetische Verbindung zwischen ihr und den Mahatma die jeweils eine Art astrale Klingel läuten... (etc.)
Sie begann ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren worauf sie Indien noch im selben Jahr verliess. Professor Kiddle aus New York bewies 1885 dass es sich bei den vom Himmel gefallenen Botschaften um nichts anderes als die Wiedergabe einer seiner Reden handelte, die in einer spiritistischen Zeitschrift veröffentlicht worden war. (2)
Immer wieder scheint die theosophische Lehre mit Erfindungen Blavatskys angereichert. Eine grosse Rolle spielt zum Beispiel «Fohat». Das ist die Bezeichnung für die Lebenskraft und Energie die überall vorkommt, alle Dinge schafft und am Leben erhält. Das Wort stammt laut Blavatsky aus dem Tibetischen, ist aber keinem Tibetologen bekannt. (3)
Das endlose Warten auf Maitreya
Ganz in der Tradition Baileys steht die Organisation «Share International», die auf den schottischen Esoteriker Benjamin Creme (geb. 1922) zurückzuführen ist. Diese Organisation verkündet das erscheinen des Weltlehrers Maitreya. Gemäss Creme steht das erscheinen des «grössten Lehrers», des Maitreya Christus, kurz bevor (Seit der Versprechung sind mittlerweile 19 Jahre vergangen, ohne Erscheinung im Sinne Cremes). Gemäss ihm wandelt dieser Weltlehrer seit dem 19. Juli 1977 unter uns. «Er wird seine Identität bald bekanntgeben», behauptete Creme dazumal. Bis höchstens Mitte 1982 wolle er diese geheimhalten. Danach sollte die Menschheit die Möglichkeit haben, ihn zu erkennen. Das Hauptanliegen des Weltlehrers ist die «Errichtung rechter Beziehungen zwischen allen Menschen», der «Aufruf zum Teilen» sowie das «Errichten einer neuen Weltordnung».
Die Gemeinschaft lancierte 1982 eine weltweite Inseratekampagne mit dem Versprechen: «Der Christus weilt jetzt unter uns» und dass sich Maitreya der Weltöffentlichkeit bald offenbaren würde. Was bis heute nicht geschehen ist. (4)
«Maitreya» ist angeblich die fünfte Reinkarnation Buddhas (obwohl diese erst in Tausenden von Jahren erwartet wird). Um weltumspannend Anzusprechen verkündet Creme weiter, Maitreya sei Christus. Für die Moslems ist er Iman Mahdi, für die Hindus Krishna.Seit Maitreyas Nichterscheinen verlangt Cremes Meister (desen Namen er nicht nennen will) immer neue Forderungen die erfüllt werden müssen, damit Maitreya auch erscheinen kann. Handlungen von denen ursprünglich versprochen wurde, dass Maitreya sie besorgen würde. Um diese voranzutreiben organisiert der Schotte Transmissionsgruppen die in seinem Sinne arbeiten. Die ersten dieser Gruppen wurden 1974 gegründet. Ihre Aufgabe ist es, durch meditieren eine Brücke zwischen den im Jenseits wirkenden Meistern und der Menschheit zu bauen.
Anno 1974 verkündete Creme, Maitreya suche sich einen «Manifestationskörper». Einer in dem er beliebig verschwinden und wieder erscheinen könne sowie gleichzeitig an verschiedenen Orten sein. Die Gestaltung eines solchen Körpers sei - auch für den Meister aller Meister - eine langwierige Angelegenheit. Mitte 1977 berichtete der Schotte, Maitreya sei im Himalaja physisch auf die Erde gestiegen, ab dem 22. Juli soll er mit seiner Arbeit begonnen haben. Er sei gekommen «Wie ein Dieb in der Nacht». (5) Und tatsächlich wurde er von der Bevölkerung bis heute nicht wahrgenommen. Zudem folgten Versprechen wie «sehr schnell kommt die Zeit, in der Gefängnisse überflüssig werden, weil die Menschen vom Weltraum aus kontrolliert werden können. Der Terrorismus wird verschwinden, weil es für Terroristen kein Versteck mehr geben wird.» (6) Die Zeit vor dem Jahr 2001 kann damit schwerlich gemeint sein; Russland freut sich dass die Raumsonde MIR überhaupt noch durchs All klappert und Organisation wie IRA, ETA oder Hisbollah verteilen noch immer keine Blumen.
In besagter Anzeigenkampagne versprach Creme, dass sich Maitreya «innerhalb der kommenden zwei Monate überall auf der Welt im Radio gehört und im Fernsehen gesehen werden kann.» Als nichts geschah, warf Creme den Medienschaffenden vor, sie hätten sich zuwenig um Maitreyas Ankündigungen gekümmert. Die Ankunft des «Überheilandes» muss also mühsam herbeimeditiert werden, da wir Otto-Normalmenschen noch nicht reif dafür sind. Ursprünglich war es, laut dem Esoteriker, Maitreya der uns helfen sollte, jetzt scheint es umgekehrt zu sein. Immerhin, schenkt man dem Schotten weiter glauben, so ist die Ankunft Maitreyas für jedermann körperlich spürbar.Am 14. Mai 1982 behauptete Creme, Maitreya lebe in der asiatischen Gemeinde in London, trage einen muslimischen Namen und trete unter Pakistani in London als Sprecher auf. Creme forderte die Reporter auf, ihn zu suchen. In den folgenden Jahren (!) suchten die Journalisten Maitreya vergeblich, was bei einem Sprecher einer ethnischen Gruppe eigentlich ein Ding einiger Telefonate wäre. Für Creme aber war klar: Den Journalisten fehlte der Wille, Maitreya wirklich zu finden. 1990 berichtete Creme über seine damalige Einladung: «Bedauerlicherweise reagierten die Medien darauf nicht.» (7) Heute ergänzt er, dass er die Medien vergeblich aufgerufen habe, nach Maitreya zu suchen. (8) Immerhin, 1997 bat eine amerikanische Fernsehanstalt Maitreya um ein Interview. Dieser meldetet sich aber bis heute nicht. (9)
Ab 1988 stellte Creme seine These um. Im Zentrum steht nicht mehr der «Day of Declaration», der Tag an dem Maitreya auf einen Schlag von der ganzen Welt erkannt wird, sondern das erscheinen vor Einzelpersonen und Menschengruppen. (10)
Dies zieht sich bis heute weiter. So findet sich in der monatlichen Publikation von «Share International» jeweils eine Leserbrief Rubrik in der die Autoren von banalen Begegnung mit einer Person berichten («Ich bemerkte eine Frau, die von der anderen Strassenseite auf uns zu ging. Sie trug einen braunen Mantel und eine kleine Tasche unter dem Arm. Ich konnte das Klacken ihrer hohen Absätze auf dem Gehsteig hören. Sie hatte dunkles Haar, und als sie näherkam, schaute sie mich mit dunklen, unergründlichen Augen direkt an. Ihr ganzes Wesen strahlte Würde aus. Während sie weiterging, schaute ich ihr zweimal nach, und als ich mich ein drittes Mal umdrehte, war sie nirgendwo mehr zu sehen.»). Meist antwortet Creme mit folgenden Worten: «Benjamin Cremes Meister bestätigt, dass die «Frau» Maitreya war». (11)Seit 1991 verschiebt sich das Schwergewicht der Erwartungen erneut. Jetzt werden weltweit Wunder gesammelt. Lichtkreuze, weinende Madonnen und Marien angeblich energetisch aufgeladene Quellen und seit neustem auch Kornkreise, die alle auf das erscheinen Maitreyas hinweisen sollen. Bereits in seiner Botschaft vom November 1977 erfuhr Creme von Maitreya: «Wer nach Zeichen sucht, der wird sie finden.» Diesen Grundsatz befolgt Creme im Jahr 2000 wie selten zuvor. Der Wagon eines Zuges entgleiste in der englischen Grafschaft Hampshire, sprang aber wieder ins Geleise zurück. «Benjamin Cremes Meister bestätigt, dass der Zug von Meister Jesus gerettet wurde.» (12) Ein 76jähriger Mann war zwölf Jahre blind. Jetzt sieht er wieder. BBC berichtete. «Benjamin Cremes Meister bestätigt...» (13)
Creme meint mittlerweile, die Welt müsse sich zuerst im Sinne Maitreyas verändern, damit dieser auftreten könne. Damit stellt sich aber die Frage warum dieser überhaupt noch zu erscheinen braucht.Laut seinen Berichten greift Maitreya seit den 80er Jahren immer wieder in den Verlauf der Geschichte ein und arbeitet auf Ziele wie gerechte Verteilung der Ressourcen, Stop von Seuchen und Krankheiten und Weltfrieden hin. In Tat und Wahrheit wird der Unterschied zwischen Arm und Reich immer grösser. Zu den Vorschriften und Empfehlungen die Creme seinen «Jüngern» diktiert gehört ein Verbot von Aspirin. Es gilt als «Gift». Als Medikamente sollen nur homöopathische Mittel verwendet werden. (14)
Creme ist weltweit der einzige, der Mitteilungen von Maitreya erhält. Alles, die Veden, Bibel, Koran, Tao Te King oder das Avesta seien verfälscht, will ihm dieser mitteilen. Was Jesus, Buddha, Lao Tse oder Mohammed wirklich lehrten weiss nur einer: Creme. Abgewertet werden auch die anderen esoterischen Kanäle, sogar die theosophische Gesellschaft, auf deren Gedankengut Creme aufbaut. Blavatsky war die «Vorläuferin», Bailey die «Zwischenphase». Erstaunlich, dass Creme in der trotz diverser Fehlprognosen Esoterikszene einen guten Rücklauf verbuchen kann. Als einziger öffentlicher Vertreter Maitreyas befindet sich Creme in einem enorm wichtigen heilsgeschichtlichen Amt, das er bei einem Auftreten Maitreyas augenblicklich verlieren würde. Eine Verzögerung des Erscheinens des «Weltenlehrers» kommt Creme nicht ganz ungelegen. Verwunderlich wäre es indes nicht, wenn Creme demnächst verkünden wird, dass sich Maitreya aufgrund der Unreife der Menschheit zurückgezogen hätte. (15) Bis es soweit ist, treffen sich Cremes Jünger innerhalb seiner Transmissionsgruppen zu Tausenden zum meditativen «Brückenschlag». Wöchentlich; mehrere Stunden. Ob Creme seine Leute nicht besser zu einem gesellschaftlichen Engagement im Sinne Maitreyas aufrufen würde?
Immerhin: Die Share International Foundation «ist eine gemeinnützige Organisation und bei den Vereinten Nationen als Nicht-Regierungsorganisation (NGO) anerkannt.» (16) Fehlt nur noch die Auszeichnung Cremes zum universalen Besserwisser der vergangenen drei Jahrzehnte.
Maitreyas kommen, respektive nicht kommen, nimmt mittlerweile Ausmasse von Uriellas Thesen an («Fax vom Heiland, Weltuntergang erneut verschoben»).
Maitreya, ein Geist, ein Dämon, in Form eines Lichtwesens oder doch eher ein Hirn- respektive Portemonnaiegespinst Benjamin Cremes? Tatsache ist, die Weltbevölkerung - «das globale Dorf» - schaut aus nach einer übernatürlichen Identifikationsfigur.
- Lügenmeister. Guerrero 30.10.2003 08:41 (1)
- Stimmt... Neo23 30.10.2003 13:18 (0)