Lieber tot als rot!
Geschrieben von Swissman am 26. Oktober 2003 18:05:07:
Als Antwort auf: Re: Ich würde lieber im kommunismus leben -.- geschrieben von KyroxX am 26. Oktober 2003 01:12:20:
Hallo KyroxX,
>Schonmal Karl Marx gelesen ?
>Ich rede von KOMMUNISMUS nicht Stalinismus
>Das was uns die 70/80/ usw gezeigt haben war kein Kommunismus.Selbstverständlich habe ich u. a. auch Karl Marx gelesen, schliesslich muss man seinen Feind kennen, damit man auch weiss, was man bekämpft, und um zu wissen, wie der Fein denkt, um im Idealfall seine nächsten Züge antizipieren zu können. Bereits der altchinesische Militärschriftsteller und General Sun Tsu betonte in seinem zeitlosen Meisterwerk, wie wichtig es ist, seinen Gegner genauestens zu kennen.
Dass der Kommunismus, wie ihn Karl Marx verstand, bislang niemals wirklich errichtet wurde, ist für mich daher keine Überraschung, sondern eine geradezu triviale Tatsache: Die Länder, in denen die Kommunisten die Macht übernommen haben, befinden sich laut Marx in einer Art Übergangsphase (gemeinhin als "Sozialismus" bezeichnet) zwischen Kapitalismus und Kommunismus, die einerseits zum Ziel hat, Kapitalismus, "Bourgeoisie" und Religionen restlos "auszurotten", andererseits auf die Verwirklichung des Kommunismus hinzuarbeiten.
Während dieser Phase ist alles erlaubt, was "die Partei" als zur Durchsetzung dieser beiden Ziele notwendig erkannt hat ("Diktatur des Proletariats"). Daher konnte Lenin 1921 auch vorübergehend unter dem Titel NEP den Kapitalismus teilweise wiedereinführen, ohne dadurch gegen die Ziele der KPdSU(B) zu verstossen - Lenin hatte die NEP von Anfang an als zeitlich befristetes, vorübergehend notwendiges Übel bezeichnet. Ebenso rechtfertigte Den Xia Ping die Einführung "kapitalistischer Sonderwirtschaftszonen" damit, dass es besser sei, "vorübergehend den Stock des verfluchten Kapitalismus zu benutzen, als gar nie Laufen zu lernen." - Nur hier im Westen weigert man sich standhaft, aus der Geschichte die notwendigen Lehren zu ziehen.
Wenn man Karl Marx denn glauben will, wie dies weltweit Millionen Dummköpfe nach wie vor tun, wird die "Diktatur des Proletariats" von schliesslich zum "Absterben des Staates" führen, da dieser nach der Errichtung des Kommunismus (und dem Erscheinen des "homo sovieticus") nicht mehr benötigt werde. - Das witzige daran ist, dass es tatsächlich Leute gibt, die allen Ernstes glauben, ein totalitäres Herrschaftssystem würde sich "einfach so" von selbst abschaffen - die Geschichte lehrt uns, dass Gewaltherrschaften nur durch Gewalt gestürzt werden können.
Wie sieht nun der von Marx geforderte Kommunismus genau aus: Zunächst einmal genügt es nicht, bloss einen Teil der Welt zu bolschewisieren - solange die Weltherrschaft nicht errunge ist, kann laut Karl Marx auch nicht von Kommunismus im wirklichen Sinne gesprochen werden. Sodann ist jede Religion restlos auszumerzen und durch den "wissenschaftlichen Materialismus" zu ersetzen (Peter Scholl Latour witzelte einmal: "Es gibt keinen Gott und Karl Marx ist sein Prophet.").
Ein weiteres Hauptkriterium ist die Verstaatlichung sämtlicher Produktionsmittel, einschliesslich der "Mittel zu Menschenproduktion", d. h. der Frauen ("kommunistische Weibergemeinschaft"). Sämtliche Arten der Produktion, auch die von Menschen, sollen zentral gelenkt und geplant werden. - Man fragt sich, wie eigentlich Sahra Wagenknecht, die sich ja sehr emanzipiert gibt, darüber denkt, dass ihr Götze Karl Marx sie als Gebärmaschine ansieht... Da sie den Eindruck erweckt, tatsächlich an den Kommunismus zu glauben, steht zu vermuten, dass sie Marxens Privatkorrespondenz nie gelesen hat und ergo auch nichts von der "kommunisitischen Weibergemeinschaft" weiss. Dass man dieses Them, zumal an gemischtgeschlechtlichen, internen Parteischulungen vermeiden wird, wie der Teufel das Weihwasser ist ja auch durchaus verständlich... Man wil ja die nützlichen Idioten, die die Drecksarbeit übernehmen, nicht unnötig verschrecken...
Vor einigen Monaten habe ich mir übrigens die Mühe gemacht, Karl Marx ausführlichst im Originalwortlaut zu zitieren. - Eine wirklich sehr aufschlussreiche Lektüre...
Ich ziehe es jedenfalls vor, eine kommunistische Welt nicht zu erleben. - In diesem Fall würde ich es vorziehen, gleichsam in einem zweiten St. Jakob kämpfend unterzugehen und dabei möglichst viele Kommunisten mitzunehmen.
mfG,
Swissman