Re: Ironie des Jahrhunderts
Geschrieben von JeFra am 26. Oktober 2003 15:25:08:
Als Antwort auf: Re: Ironie des Jahrhunderts geschrieben von Andreas am 25. Oktober 2003 15:03:07:
Es geht Widdowson nicht daraum "gegen Deutschland" zu sein, wie Du fälschlicherweise annimmst.
Das habe ich nicht behaupten wollen, und zwar ganz einfach deswegen nicht, weil D. für die Ideologie Widdowsons keine besonders wichtige Rolle spielt. Die Frage, wessen Interessen Widdowson vertritt, war also durchaus als Frage gemeint. Auf der anderen Seite schien mir, daß Widdowson bestimmte Vorgänge negativ bewertet, die ich dezidiert positiv einschätze, z. B. das Demolieren der britischen Überwachungskameras oder eine vielleicht etwas weniger einseitige Darstellung des WK2 in den deutschen Medien.
Übrigens wollte ich die Frage "Wessen Interessen vertritt xyz" nicht unbedingt so auffassen, daß xyz dies bewußt tun muß. Mir gibt beispielsweise immer die außerordentlich hohe Wertschätzung Adornos für Spengler zu denken. Eine (vielleicht zu naive) Erklärung ist sicher, daß Vorstellungen von der quasi-naturgesetzlichen Determiniertheit bestimmter gesellschaftlicher Entwicklungen im 20. Jhdt (Frankfurter Schule, die Kulturrevolution der 60iger etc.) denjenigen nützen, die diese Entwicklungen ganz bewußt herbeizuführen geholfen haben. Schließlich stellt man sich ja die Frage nach der Rolle bestimmter ethnischer Gruppen nicht mehr, wenn man meint, daß das alles `kosmisch' determiniert ist. Auf der anderen Seite wäre es Schwachsinn, zu behaupten, daß Spengler diese Interessen bewußt unterstützt hat. Spengler ist sicher subjektiv ehrlich und auf gewisse Weise genial (wobei ich Letzteres für W. bisher nicht sehe). Ich denke lediglich, daß selbst die als `rechts' oder `faschistoid' diffamierte, aber immer noch frei zugängliche Literatur einer gewissen Auslese unterzogen wurde und daß dabei systematisch (auf die eine oder andere Weise: Giftschrank oder Totschweigen) versucht wurde, die Leser dieser Literatur in eine irrationale Richtung zu drängen, die ich für gefährlich halte. Beispielsweise könnte ich mir vorstellen, daß es so etwas wie eine nationalsozialistische Polemik gegen Spengler gegeben hat, die zwar langweiliger zu lesen ist als dessen Buch, aber systematisch dessen Ansatz auseinandernimmt und die Rolle bestimmter ethnischer Sonderinteressen hinter Bolschewismus/Frankfurter Schule (die es ja damals schon gab) herausarbeitet. Bei dem ideologischen Gegensatz zwischen NS und Spengler ist das jedenfalls naheliegend, und es wäre natürlich interessant, diese Polemiken zu lesen, wenn sie einigermaßen gut geschrieben sind.
Gruß
JeFra