Re: Heiligkeit und Wunder

Geschrieben von Swissman am 23. Oktober 2003 01:42:23:

Als Antwort auf: Heiligkeit und Wunder geschrieben von JeFra am 22. Oktober 2003 21:10:23:

Hallo JeFra,

>Ich habe mir schon oft die Frage gestellt, ob der Status der Heiligkeit/Seligkeit nach katholischen Glaubensvorstellungen objektiven Charakter traegt oder nicht. Ist ein verstorbener Christ heilig/selig oder nicht, unabhaengig davon, ob wir das wissen? Ist also die Heiligsprechung die Anerkennung durch die RKK der vorher schon bestehenden Heiligkeit der betreffenden Person?

Das ist korrekt: Das Selig-, bzw. Heiligsprechungsverfahren hat den Zweck, das Leben des Kandidaten möglichst eingehend zu untersuchen, um zu prüfen, ob die "fama sanctitatis et elenchus", der "Ruf der Heiligkeit und eines vorbildliches Lebens", der Nachprüfung standhält. Dazu ist es notwendig, dass bestimmte Kriterien erfüllt sind - in diesem Sinne ist Ihre Frage nach dem objektiven Charakter eindeutig zu bejahen.

Die zusätzlich verlangten Wunder könnte man als Rückversicherung bezeichnen, durch die das menschliche Urteil über die Tugendhaftigkeit des potentiellen Seligen/Heiligen in einer Art Gottesurteil bestätigt wird - wenn der Kandidat tatsächlich auch vor Gott heilig ist, dann sollte dies durch außergewöhnliche Vorkommnisse, eben "Wunder", bestätigt werden. Die vermuteten Wunder werden jeweils von einer unabhängigen Wissenschaftler-Kommission eingehend überprüft.

Wenn das Verfahren positiv verläuft, d. h. die Seligkeit, bzw. Heiligkeit der Person festgestellt worden ist, kommt es zur Selig-/Heiligsprechung. - Ich gebe zu, der Begriff dürfte für Nichtkatholiken etwas missverständlich sein: Die Person wird nicht erst durch die Heiligsprechung zum Heiligen, sie war es bereits zuvor. Durch die Heiligsprechung wird das positive Ergebnis des Verfahrens verkündet, und es wird öffentlich festgestellt, dass die betreffende Person tatsächlich ein Heiliger im Sinne der Katholischen Kirche ist.

Um dies anhand eines Beispiels zu veranschaulichen: Die Annahme, Jeanne d'Arc sei als Ketzerin gestorben, wäre durch den Revisionsprozess aus der Hölle befreit und in den Himmel überführt worden, um schliesslich durch die Heiligsprechung sogar zur Heiligen zu werden, wäre völlig absurd (gelegentlich werden von kirchenfeindlicher Seite allen Ernstes derartige Gedankenspiele angestellt, um den Uninformierten zu verwirren).

Tatsächlich war Jeanne d'Arc (nach katholischem Verständnis) durch ihre vorbildliche Lebensführung und durch ihren Märtyrertod bereits zum Zeitpunkt ihres Todes eine Heilige. Dass sie sie von einem (formal) geistlichen Gericht verurteilt wurde, ist in diesem Zusammenhang irrelevant - es handelte sich dabei, wie auch im Revisionsprozess festgestellt wurde, um ein politisch motiviertes Fehlurteil. Schlussendlich wurde diese Tatsache im Rahmen des kanonischen Verfahrens offiziell festgehalten und der Papst sprach sie infolgedessen heilig.

>Kann man irgendwo die Wunder nachschlagen, die ein Heiliger vor seiner Heiligsprechung gewirkt hat? Etwa die (mindestens) drei Wunder des Heiligen Faa di Bruno?

Dies dürfte zweifellos möglich sein. Allerdings entzieht es sich meiner Kenntnis, wo man dies genau nachschlagen müsste - ich könnte mir aber vorstellen, dass Hubert diese Frage beantworten kann. Bezüglich Ihres Berufskollegen Faà di Bruno liessen sich die von ihm bewirkten Wunder über Google (auf die Schnelle) nicht finden.

mfG,

Swissman


Antworten: