hier ein Zeitungsbericht

Geschrieben von Bonnie am 01. Oktober 2003 09:00:52:

Als Antwort auf: Re: Kollaps geschrieben von Zwobbel am 01. Oktober 2003 08:51:50:

Herzog-Kommission für Rente ab 67



Berlin (dpa) - Mit einem höheren Rentenalter und einem radikalen Systemwechsel in der Kranken- und Pflegeversicherung will die CDU- Reformkommission einen Kollaps in der Sozialversicherung verhindern. «Es zeigt sich, dass unsere soziale Sicherheit wirklich auf der Kippe steht», sagte der Vorsitzende der Kommission, Alt-Bundespräsident Roman Herzog, am Dienstag in Berlin bei der Vorlage des Berichts.
Trotz drastischer Änderungen werde es «keine Beitragssenkungen in großem Umfang geben», sagte Herzog. Der Steuerzahler werde im Jahr 2030 außerdem noch 43 Milliarden Euro zuschießen müssen, um einen sozialen Ausgleich im Zuge der Reformen zu gewährleisten. Dies könne nur mit mehr Wirtschaftswachstum bezahlt werden. Bleibe dies aus, «dann fliegt das System in die Luft».
Nach den Plänen der Kommission sollen die Kranken- und Pflegeversicherung längerfristig nicht mehr aus an den Löhnen bemessenen Beiträgen, sondern durch eine Art Kopfpauschale finanziert werden. Zuvor sollen die Arbeitgeber 5,4 Prozentpunkte ihres Beitragsanteils auf die Einkommen aufschlagen. Um die Prämien für Ältere bezahlbar zu halten, sollen in den Jahren vor der Umstellung aus Beitragsmitteln Kapitalstöcke gebildet werden.
Der Pflegebeitrag von jetzt 1,7 Prozentpunkten würde verdoppelt. Die Krankenkassenprämien für Bezieher geringerer Einkommen sollen vom Staat subventioniert werden. Zahnersatz und Zahnbehandlung sollen die Arbeitnehmer zusätzlich versichern. Die Arbeitgeber sollen für das Krankengeld aufkommen. Eine Bürgerversicherung wird abgelehnt.
Bei der Rente plädiert die Kommission für die Heraufsetzung des Alters für abschlagsfreie Altersbezüge auf 67 Jahre. Wer jung ins Berufsleben einsteigt und schon eher 45 Versicherungsjahre aufweist, dürfte ab 63 Jahren volle Rente beziehen.
Familien mit Kindern sollen in der Sozialversicherung stärker begünstigt werden. Bei der Rente sollen die angerechneten Kindererziehungszeiten verdoppelt werden. Dies sei aus Kürzungen bei den Witwenrenten zu finanzieren. Bei der Pflege soll es je Kind einen monatlichen Beitragszuschuss von zehn Euro geben. Die Kinder selbst bleiben bei Kranken- und Pflegeversicherung beitragsfrei.
Mit der Umstellung auf Prämien will die Kommission die Kranken- und Pflegeversicherung von der demographischen Entwicklung unabhängig machen. Besserverdienende, die dadurch günstigere Beiträge bekommen, würden über Steuerzuschüsse herangezogen.
In der Arbeitslosenversicherung will die Kommission bei der Finanzierung von Arbeitsförderung sparen. Das Arbeitslosengeld im ersten Monat der Erwerbslosigkeit soll um 25 Prozent gekürzt werden.
Herzog warnte die Politiker davor, aus den Vorschlägen nur die herauszupicken, «die nicht weh tun. Dann kommt man nicht weit.» Der CDU-Vorstand will sich am 6. Oktober mit den in den eigenen Reihen umstrittenen Vorschlägen befassen. CDU-Chefin Angela Merkel rechnet in ihrer Partei mit einer «Riesendiskussion». Der CDU-Arbeitnehmerflügel verlangte Korrekturen vor allem bei der Krankenversicherung. Die Herauslösung der Zahnbehandlung widerspreche dem Gedanken einer solidarischen Versicherung, sagte der Abgeordnete Gerald Weiß. Der Chef der CDU-Sozialausschüsse, Hermann-Josef Arentz, wandte sich in der Wochenzeitung «Die Zeit» gegen das Prämienmodell.
Der IG Metall-Vorsitzende Jürgen Peters sprach sich im Deutschlandradio gegen eine Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre aus. Die Arbeitgeber kritisierten «einen unvertretbaren weiteren Anstieg der Sozialbeiträge» durch die Herzog-Pläne. Sie begrüßten jedoch den Ausbau der Kapitaldeckung in der Kranken- und Pflegeversicherung.
Die Grünen-Fraktionschefin Krista Sager sagte, die Reaktionen aus der Union zeigten, dass sie tief gespalten und zerstritten sei. Die FDP begrüßte die Vorschläge der CDU-Kommission.



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