Re:Historische Wetterextreme
Geschrieben von mica am 17. September 2003 20:51:58:
Als Antwort auf: Sammelsurium und Fragenkatalog geschrieben von Badland Warrior am 17. September 2003 11:04:36:
>Es gab mal im Mittelalter, bitte sucht mir das raus, ihr lieben Geschichtsexperten, irgendwann im 13. Jahrhundert, wenn ich mich nicht täusche, eine Zeit, da hat es 7 Jahre durchgeregnet, und in Europa herrschten Hungersnot und Elend. Will mich jetzt nicht durch den gesamten Namen der Rose wühlen, wo das angerissen wird, aber ohne Jahreszahlen.
Hallo BW,
von mir auch ein herzliches Willkommen zurück! Dich haben sie ja wieder wie neu gemacht, scheint es. ;-)
Zur "Kleinen Eiszeit" fällt mir Walther v.d. Vogelweide ein; irgendwo gibts ein Zitat glaub` ich, in dem er über den Sommer mit Schnee klagt!! Beschwerlich war das Reisen sowieso, un ddann auch noch Schnne im Juli, oder Juni....
Hier noch ein Text über historische Wetterkapriolen:Verregnete Sommer sind keine Spezialität der vergangenen Jahre. Schon vor Jahrhunderten mussten sich die Menschen durch Schlechtwetterperioden quälen. Am bekanntesten ist ein Phänomen, das Mitteleuropa im Hochmittelalter überzog und von da an über Jahrhunderte hinweg für eisige Winter und nasse Sommer sorgte: die so genannte kleine Eiszeit. In mehreren Wellen kam es zwischen etwa 1330 und 1850 zu außergewöhnlichen Klimaerscheinungen. Die Winter waren ungewöhnlich streng und in den Alpen bildeten sich über die Jahrzehnte außergewöhnlich große Gletscher. Im Sommer zerstörte anhaltender Regen die Ernte.
Solche Wetterextreme hatten in der mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Welt allerdings wesentlich weiterreichende Folgen als heute. "Die Leute waren enorm klimasensibel", sagt Christian Pfister, Professor für Umweltgeschichte an der Universität Bern. "Sie beobachteten das Wetter mindestens ebenso intensiv, wie wir heute die Börse." Oft genug war das nicht nur eine Frage des täglichen Lebens, sondern des Überlebens.
So zum Beispiel in den Krisenjahren 1585 bis 1602. In dieser Zeit verzeichneten die Bauern im deutschsprachigen Raum nur zwei Sonnenjahre. Die Folge waren Missernten, Preistreiberei bei Getreide, Hungersnöte. Weil der Wein ungenießbar war, trank man fortan Bier. Die spärlichen Getreidereste wuchsen aus oder schimmelten. Die Menschen aßen sie trotzdem - und vergifteten sich so unwissentlich.
Die vielen trüben Tage schlugen aufs Gemüt. "Man betrachtete das schlechte Wetter als Gottesstrafe und suchte nach Erklärungen", sagt Pfister. Die Obrigkeit ließ Predigten halten, in denen das Volk der Sünde bezichtigt wurde. Das Volk aber war sich keiner Vergehen bewusst und suchte eigene Sündenböcke: Es begann die grausamste Hexenjagd der Geschichte. "Eine Hexe allein konnte das Klima nicht verwandelt haben, deshalb wollte man alle ausrotten", erklärt Pfister. In Süddeutschland und der Schweiz kam es zu Massenverbrennungen, denen nach Schätzung des Umwelthistorikers mehrere zehntausend Menschen zum Opfer fielen. Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts gab es wissenschaftliche Erklärungsversuche für übermäßigen Regen oder Frost. Für die einfachen Menschen aber blieb das Wetter unergründlich. Sie suchten ihr Heil in Gottesdiensten und verzichteten noch auf die kleinsten Freuden - nur, um den Himmel milde zu stimmen.
Beim derzeitigen geistig-emotionalen Entwicklungsstand des Homo s.s. fürchte ich, dass wir durch Umstände wie oben beschrieben wieder in das tiefste Mittelalter zurückfallen könnten - Abergalueb und Lynchjustiz nicht ausgenommen. :-(
liebe Grüße
mica