Zustimmung zur Wiedervereinigung im Tausch DM gegen €
Geschrieben von Spitama am 16. September 2003 11:23:24:
Als Antwort auf: Warum hatten wir in DE keine Volksabstimmung über den Euro? geschrieben von Niels am 15. September 2003 18:19:30:
Frankreich hat seine Zustimmung zur Wiedervereinigung im Rahmen seines 4-Mächte-Status von der Aufgabe der DM und Einführung des € abhängig gemacht.
Laut Spiegel hatte Kohl 1989 keinerlei Absicht, die D-Mark aufzugeben. Ebenso zurückhaltend war er bezüglich des Ausbaus des Währungssystems, dessen Grundstein mit dem Europäischen Währungssystem (EWS I) 1979 vom damaligen Kanzler Helmut Schmidt und dem französischen Präsidenten Giscard d'Estaing gelegt worden war. Kohl vertrat die Auffassung, daß eine "politische Union" Vorbedingung für die währungspolitische Einigung in Europa sein müsse, und nicht umgekehrt. 1988, so berichtet der Spiegel weiter, war ein Komitee unter Leitung von Jacques Delors gegründet worden, das Pläne ausarbeitete, ohne jedoch genaue Angaben zu machen und einen Zeitpunkt für ein EWS II festzulegen.
Aber mit den politischen Umwälzungen in der DDR im Jahre 1989 änderte sich die Lage schlagartig. Während eines Arbeitsbesuchs in Paris am 24. Oktober 1989 - eine Woche nach dem Rücktritt von DDR-Staatschef Honecker - machte der französische Staatspräsident Mitterrand Kanzler Kohl unmißverständlich klar, daß er die Währungsunion und damit das Ende der Deutschen Mark auf dem anstehenden Straßburger EU-Gipfel im Dezember 1989 beschlossen haben wolle. "Der Franzose sah darin das einzig probate Mittel, die Deutschen unter europäische Kontrolle zu bringen", heißt es in den vom Spiegel zitierten vertraulichen Regierungsdokumenten, "für Mitterrand ist die europäische Einbindung der deutschen Währung ein entscheidender Faktor, der Wiedervereinigung zuzustimmen."
Am 9. November 1989 fiel die Mauer. Mitterrand berief für den 18. November einen EU-Sondergipfel in Paris ein, wo er erneut seine Forderung nach unverzüglichem Aufbau der Währungsunion bekräftigte und andeutete, andernfalls werde Frankreich der Idee einer Konföderation beider deutscher Staaten entgegentreten. Ohne eine deutsche Zustimmung zur Währungsunion würde das europäische Gleichgewicht empfindlich gestört. In einem Brief vom 27. November legte Helmut Kohl die Schwierigkeiten und Bedenken auf dem weiten Weg zur Währungsunion dar und gab zu erkennen, daß er die Ablösung der DM möglichst lange hinausschieben wolle. So solle der Europäische Rat im Dezember 1992 lediglich feststellen, welche Schritte auf dem Weg zur Wirtschafts- und Währungsunion eingeleitet werden könnten.
Mitterrand reagierte sehr kühl. In einem Schreiben vom 1. Dezember 1989 forderte er von Kanzler Kohl kategorisch, "daß wir in Straßburg Entscheidungen treffen, die uns unmißverständlich auf den Weg zur Wirtschafts- und Währungsunion in der Europäischen Union verpflichten". 1990 sollten die Verhandlungen über eine zukünftige Europäische Währungsunion im wesentlichen abgeschlossen sein, gefolgt von einem EWU-Vertrag, der 1991 unterzeichnet und 1992 bereits ratifiziert werden könne.