Nervenkrieg vor Sechsergesprächen in Peking
Geschrieben von Napoleon am 27. August 2003 06:57:58:
Als Antwort auf: NACHRICHTEN (owT) geschrieben von Johannes am 27. August 2003 00:53:38:
Japan verzögert Auslaufen nordkoreanischer Fähre - Seoul feuert Warnschüsse im Gelben Meer ab
von Bernd WeilerTokio - Auf die japanischen Beamten ist Verlass. Wenn sie Mängel finden wollen, finden sie welche. Losgelassen auf eine nordkoreanische Fähre, die schon länger als Vehikel für Schmuggler und Waffenhändler gilt, sind Tokios Staatsdienern zwar "keine verdächtigen Aktivitäten" aufgefallen, doch dafür technische Unzulänglichkeiten. "Wir haben fünf Mängel entdeckt", sagte ein Vertreter des Transportministeriums. So seien zum Beispiel nicht genügend Feuerlöscher vorhanden, und Hinweistafeln für Notausgänge fehlten. Damit entspreche die "Mangyongbong-92" nicht den internationalen Sicherheitsstandards, könne so nicht aus dem westjapanischen Hafen Niigata auslaufen.
Die Mängelrüge für die nordkoreanische Fähre ist eigentlich nichts Besonderes. Von den 120 nordkoreanischen Schiffen, die von Anfang Januar bis Ende Juli in Japan festgemacht hatten, erhielten 88 eine Verwarnung, durften häufig erst nach Reparaturen wieder auslaufen. Doch die "Mangyongbong-92" kam zu einem prekären Zeitpunkt, kurz vor den heute beginnenden Nordkorea-Gesprächen in Peking, an denen erstmals seit einem halben Jahrhundert sechs Länder beteiligt sind: die USA, China, Russland, Japan, Südkorea und Nordkorea.
Fünf Regierungen wollen Pjöngjang dazu bewegen, sein Atomwaffenprogramm zu stoppen, etwa schon vorhandene Nuklearwaffen abzubauen. Die seit Monaten schwelende Sicherheitskrise in Ostasien soll entschärft werden. Die von Washington lange angestrebte, schließlich durch Vermittlung Pekings und Moskaus zu Stande gekommene multinationale Gesprächsrunde könnte ein Einlenken Pjöngjangs andeuten. Nordkorea bestand bislang auf bilateralen Verhandlungen mit den USA, auf einer Sicherheitsgarantie Washingtons, einem Nichtangriffspakt. Der Irak-Krieg habe gezeigt, dass nur Abschreckung vor einem amerikanischen Angriff schützen könnte, hatten nordkoreanische Staatsmedien gewettert. Sie berichteten auch, Pjöngjang sei schon im Besitz von Atomwaffen, und sollte Washington eine Resolution des UN-Sicherheitsrats erwirken, könnte dies als Kriegserklärung aufgefasst werden. Zuvor hatte Pjöngjang das amerikanisch-nordkoreanische Nuklearabkommen von 1994 verletzt, war aus dem Atomwaffensperrvertrag ausgetreten und hatte Inspekteure der Internationalen Atomenergiebehörde ausgewiesen. Das Regime von Kim Jong Il ist nun dabei, die Brennstäbe eines Versuchsreaktors wieder aufzuarbeiten, könnte so atomwaffenfähiges Material gewinnen. Nun hat Pjöngjang Gesprächen zugestimmt. Doch die Hoffnung auf eine schnelle Lösung des Atomstreits ist gering. In Japan und Südkorea werden keine hohen Erwartungen geschürt. Russland versucht vermittelnd in Fernost wieder mehr Einfluss zu gewinnen, und China merkt an, man könne schon zufrieden sein, wenn sich die Runde auf ein zweites Treffen einigen könnte. Die Unterhändler Tokios wollten in Peking die Entführungen japanischer Staatsbürger zur Sprache bringen. Japan stellt Nordkorea zwar umfangreiche Wirtschaftshilfe, darunter auch Öllieferungen, in Aussicht, doch nur, wenn das Regime in Pjöngjang klar seinen Willen zu erkennen gebe, sein Atomprogramm zu stoppen, Entführungsfälle aufzuklären und die Kinder ehemals verschleppter Japaner ausreisen zu lassen. Vor der Einwilligung auf ein Abkommen mit Pjöngjang verlangt Washington den kompletten Abbau des Atomprogramms und die Zulassung von Inspektionen. Die harten amerikanischen und japanischen Forderungen weckten in Seoul schon Sorgen, Nordkorea könnte den Verhandlungstisch schnell wieder verlassen. Dies entspräche einem bekannten nordkoreanischen Verhaltensmuster. Wie bei vorangegangenen - kleineren - Gesprächsrunden bleibt auch jetzt Provokation nicht aus. Am Dienstag verletzte ein nordkoreanisches Boot südkoreanische Hoheitsgewässer, Seouls Marine feuerte Warnschüsse im Gelben Meer.
Japans Außenministerium: