Ho Ho Putins Mafia...Staatsstreich im kreml... Spiegel Bericht
Geschrieben von Mat72 am 25. August 2003 17:56:20:
HEIMLICHER STAATSSTREICH
Wie Putins KGB-Connection die Macht übernimmtVon Fritjof Meyer
Seit Wladimir Putin Staatspräsident ist, haben Geheimpolizei und Militär still und heimlich alle wichtigen Stellen der Regierung infiltriert. 77 Prozent der Führungspositionen sind von der alten Sowjet-Nomenklatura besetzt, ein Drittel des Kabinetts trägt Uniform. Kritiker befürchten einen "geheimen Staatsstreich".
Es war ein kalter Wintertag, der 19.Dezember 1999, als sich der KGB-Major im Wartestand, Wladimir Putin, in seine frühere Dienststelle begab: in die Lubjanka, das Hauptquartier der Geheimpolizei in Moskau. Er wurde begeistert empfangen. Denn der ehemalige Agent - unter anderem spionierte er in Dresden - war vier Monate zuvor zum Regierungschef ernannt worden. Etappe eins der Aufräumarbeiten war damit erfolgreich absolviert." Keine zwei Wochen später folgte Etappe zwei. Putin wurde als Nachfolger Boris Jelzins überraschend Staatspräsident von Russland. Gelungen war ihm das, indem er sich auf eine Koalition aus Geheimdienstlern und den neuen Wirtschaftsbossen stützen konnte. Letztere, die "Oligarchen", sind inzwischen ihres politischen Einflusses beraubt: Das war die dritte Etappe. Nun hat Putin nur noch seine alten Kollegen, die Geheimpolizei, als relevante Hausmacht.
Die Kräfte, die ihn nach oben brachten träumen auch von einer Rückkehr zur Supermachtrolle Russlands. Doch der Griff nach der Weltmacht ist das Ziel einer späteren Etappe. Jetzt muss erst einmal die Macht im Innern des Riesenreiches gesichert werden. Diese vierte Etappe ist bald abgeschlossen: In ihrem Marsch durch die Institutionen sind die Geheimdienste, di Nachfolger des berüchtigten KGB, ihrem Ziel sehr nahe.
Gigantische Infiltration von Militär und Geheimdienst
"Die zahlreichen Geheimdienste, die neue 'Spionageverfahren' fabrizieren, Bürger observieren und gesetzeswidrig Telefone und Handys abhören, handeln außerhalb jeglicher gesellschaftlicher Kontrolle", protestierte jüngst der Schriftsteller, Historiker und Philosoph Wladimir Iljutschenko in der "Nowaja Gaseta": "In der letzten Zeit ist es zur gigantischen Infiltration von Personen mit Schulterklappen in die Staatsverwaltung, die Politik und das Business gekommen - Armeegeneräle, Offiziere, Geheimdienstler."
Manche Beobachter meinen gar, die Attacken gegen den Jukos-Erdölkonzern des Oligarchen Michail Chodorkowski seien gegen dessen politische Ambitionen gerichtet gewesen, andere sind sich sicher, dass der Geheimdienst auf diese Weise nach den Kommandopositionen in der Volkswirtschaft greifen wolle.
Denn auch in der Wirtschaft sind die Schlapphutträger überall schon präsent, und sei es nur als Schutzleute von privaten Wach- und Schließgesellschaften, einer Domäne von Ex-KGB-Leuten. Sie halten die Augen und Ohren offen und sammeln Erfahrungen. Sie haben "Waggons von Aktenbündeln mit Geheimmaterial" sichergestellt, wie Olga Kryschtanowskaja erfahren hat.
Sie ist Soziologin an der Russischen Akademie der Wissenschaften und hat die Unterwanderung der höheren Etagen in der politischen Klasse Russlands regelrecht ausgezählt. Dabei stellte sie fest, dass wieder eine "steife Hierarchie" etabliert ist und 77 Prozent aller Führungspositionen von Angehörigen der alten sowjetischen Nomenklatura besetzt sind. Die neuen Kader aus Kreisen der Dissidenten und der frei schwebenden Intelligenzler, die unter Jelzin nach oben kamen, sind weitgehend eliminiert.
Zu Sowjetzeiten setzten sich - wie auch andernorts - die herrschenden Eliten aus Seilschaften zusammen, die bestimmten Landsmannschaften zuzuordnen waren. Der Staats- und Parteichef Leonid Breschnew stützte sich auf Genossen, die er aus seiner Heimatregion kannte, die "Dnjepropetrowsker Mafia".
Seilschaften aus der Heimat
Michail Gorbatschow gab Vertrauensleuten aus Stawropol den Vorzug, unter Jelzin stand vor allem Anwärtern aus Swerdlowsk (heute: Jekaterinburg) der Aufstieg offen. Jetzt aber ist die Stunde der Kameraden aus St. Petersburg, wo Putin herkommt - vor allem jener, die aus seiner beruflichen Sphäre stammen, dem KGB. Von den Bevollmächtigten des Präsidenten in den rund hundert Regionen und Bundesländern der Russischen Föderation dienten zwei Drittel vormals der Geheimpolizei. Jedes der Ministerien hat wenigstens einen Vize-Minister, der die Schulterklappen eines Offiziers der Armee oder der Geheimpolizei trägt.
Olga Kryschtanowskaja kann das genau beziffern. In den Spitzengremien Politbüro und ZK des Jahres 1988 saßen 4,8 Prozent Militärs. Heute gibt es im vergleichbaren obersten "Sicherheitsrat", der über die Abwehr jeglicher Risiken für das Regime zu entscheiden hat, 58,3 Prozent Männer in Uniform. In der Regierung waren es damals 5,4 Prozent, heute kommt ein Drittel aller Kabinettsmitglieder von der Truppe oder vom Geheimdienst.
Die Soziologin hat noch mehr erkundet: 1993 wie 2002 betrug das Durchschnittsalter aller Spitzenfunktionäre 51 Jahre. Früher waren aber fast drei Prozent von ihnen Frauen, heute sind es nur noch 1,7 Prozent. Hatten vor zehn Jahren kaum sieben Prozent eine militärische Ausbildung hinter sich, sind es heute fast viermal mehr.
Ein Viertel der Regierungselite trägt Uniform
In der gesamten regierende Elite stieg der Anteil der Militärs und Geheimdienstler von einem guten Zehntel auf ein Viertel aller Posten, der Anteil der Staatssicherheitsleute von knapp jedem Achten auf jeden fünften Amtsinhaber. Engere Landsleute des Staatsoberhaupts waren 1993 beinahe jeder achte Angehörige der politischen Klasse; voriges Jahr kam fast jeder fünfte dieser einige Hundert Staatstragende umfassenden Schicht aus St. Petersburg. "Die Kader entscheiden alles", lautet ein auch heute noch gern zitiertes Stalin-Wort.
Und alle warten sie auf einen Befehl von ihrem Mann an der Spitze. So ermittelte es jedenfalls die Sozialforscherin, die Feldstudien betrieben und viele Einzelinterviews geführt hat, wie sie der Moskauer Zeitung "Nesawissimaja Gaseta" sagte: Die Geheimpolizisten sind allesamt, was man in Russland heute "konservativ" nennt. In Wirtschaftsdingen plädieren sie für einen "Volkskapitalismus", was heißt: Privates Kleingewerbe ist zugelassen, etwa eine Kerzen-Manufaktur. Doch die Schlüsselindustrien Öl, Gas, Metall gehören in die Hand des Staates. Genau das nannte Lenin einst "Staatskapitalismus". Frau Kryschtanowskaja spricht von "Sowjetisierung".
Doch es wäre nicht das erste Mal, dass in Russlands neuerer Geschichte die Geheimpolizei die politische Macht ausübt. Es war Stalin, der sich vom Beginn seiner Alleinherrschaft 1934 an auf den KGB-Vorläufer NKWD stützte, gegen die Kommunistische Partei der UdSSR. Natürlich ist Putin, der DDR-Deutsche im Kreml, kein Stalin. Doch über die Seilschaft, die er in Stellung bringt, sagt der Kritiker Iljutschenko: "Das sind Personen mit einer antidemokratischen, repressiven Mentalität, die nicht daran gewöhnt sind, ihr Vorgehen mit dem Gesetz in Einklang zu bringen, jedoch an ihre Allmacht und Gesetzlosigkeit gewöhnt sind. Sie haben eine tiefe Abneigung gegen demokratische Verfahren, bürgerliche Freiheiten und die so genannten Menschenrechte."
Anzeichen eines "geheimen Staatsstreiches"
Iljutschenko ortet Anzeichen für einen "geheimen Staatsstreich". In seiner verwegenen Analyse, der das Moskauer "Büro für Menschenrechte" ausdrücklich zustimmt, prophezeit er: "Wir befinden uns bereits in einer autoritären Situation und könnten demnächst in etwas Faschistoides geraten, das aller Wahrscheinlichkeit nach in eine Katastrophe münden wird." Schwarzmalerei? "Noch gibt es die Zeit und die Möglichkeit", so warnt er, "diese Katastrophe zu verhindern."
Wenn sie aus ihren Fenstern schauen, blicken die Geheimen in der Lubjanka auf einen leeren, vom Verkehr umrundeten Platz. Dort stand früher das bronzene Denkmal des Gründers ihrer Organisation, damals, noch unter Lenin, "Tscheka" geheißen, wonach sie sich, Putin inklusive, denn auch heute noch gern "Tschekisten" nennen. Der Mann hieß Felix Dserschinski, der "blutige Felix". Sein Konterfei hängt auf den Fluren der Lubjanka. Zu gern hätten sie auch sein Standbild wieder zur schönen Aussicht. Die Moskauer, die 1991 die Figur stürzten, haben das verhindert, als vor Monaten die Forderung nach seiner Wiederaufstellung laut wurde. Das Verlangen, an derselben Stelle ein Denkmal für die Opfer Stalins zu errichten, lehnte die Stadtverwaltung allerdings ebenfalls ab.
- Unterwanderung nicht nur im Kreml, auch bei uns Brunnenbauer 29.8.2003 16:06 (0)
- Re: Ho Ho Putins Mafia...Staatsstreich im kreml... Spiegel Bericht Ruhrgebietler 25.8.2003 20:00 (0)