Den Amerikaner von heute verstehen!

Geschrieben von KyroxX am 30. Juli 2003 08:40:09:

Den Amerikaner von heute verstehen!

Der vernünftige Mensch sucht unter Qualen, er weiß, dass seine Schlüsse nur
wahrscheinlich sind, dass sie durch andere Betrachtungen zu Zweifeln werden;
er weiß nie genau, wohin er geht, er ist „offen“, er kann als Zauderer gelten.
Es gibt jedoch Menschen, die von der Beständigkeit des Steins angezogen werden.
Sie wollen massiv und undurchdringlich sein, sie wollen sich nicht verändern:
Wohin würde die Veränderung sie führen? Es handelt sich um eine Urangst vor sich
selbst und um Angst vor der Wahrheit. ... Sie wollen alles auf einmal und alles
sofort leben. Sie wollen keine erworbenen Anschauungen, sie erstreben angeborene;
da sie Angst vor dem Denken haben, möchten sie eine Lebensweise annehmen,
bei der Denken und Nachforschen nur eine untergeordnete Rolle spielen,
wo man immer nur nach dem forscht, was man schon gefunden hat,
wo man immer nur wird, was man schon war. Es gibt nur eine solche Lebensweise,
die Leidenschaft. Nur eine starke, gefühlsmäßige Voreingenommenheit kann zu
einer überwältigenden Gewissheit führen, nur sie kann das Denken an den Rand
drängen, nur sie kann sich der Erfahrung verschließen, und ein Leben lang
fortbestehen. Der Amerikaner hat den Hass gewählt, weil der Hass ein Glaube ist.

Wenn der Amerikaner sich Vernunftgründen und Erfahrung verschließt, dann nicht,
weil seine Überzeigung stark ist; seine Überzeugung ist vielmehr stark, weil er
von vornherein gewählt hat, verschlossen zu sein.

Die Terrorismusbekämpfung ist nicht nur die Freude am Hass; sie verschafft
auch positive Lust; indem ich den Araber als ein niedriges und schädliches Wesen
behandle, behaupte ich zugleich, einer Elite anzugehören. Und ganz im Unterschied
zu modernen Eliten, die auf Verdienst oder Arbeit beruhen, gleicht diese in jeder
Hinsicht einem Geburtsadel. Ich brauche nichts tun, um meine Höherwertigkeit
zu verdienen, und ich kann sie auch nicht verlieren. Sie ist mir ein für alle
mal gegeben: sie ist ein Ding. Weil ich der gute Amerikaner bin.

Der Amerikaner fürchtet sich vor der Erkenntnis, dass die Welt schlecht
eingerichtet ist: man müsste ja dann erfinden, verändern, und der Mensch wäre
wieder Herr seines eigenen Schicksals, beladen mit einer furchteinflößenden und
unendlichen Verantwortung.

Der Amerikaner hat entschieden, was das Böse ist, um nicht entscheiden zu müssen,
was das Gute ist. Je mehr ich mich darin verliere, das Böse zu bekämpfen, desto
weniger bin ich versucht, das Gute in Frage zu stellen.

Wir sind jetzt in der Lage, den Amerikaner zu verstehen: Er ist ein Mensch,
der Angst hat. Nicht vor den Arabern, gewiss: Vor sich selbst, vor seinem
Bewusstsein, seiner Freiheit, vor seinen Trieben, vor seiner Verantwortung als
Weltmacht, vor der Einsamkeit, vor der Gesellschaft und der Welt: Vor allem,
außer vor den Arabern. Er ist ein Feigling, der sich seine Feigheit nicht
eingestehen will; ein Unzufriedener, der sich nicht aufzulehnen wagt aus Angst
vor den Folgen seiner Auflehnung im "Rechtsstaat der USA".



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