Bauernpräsident fordert von Künast Soforthilfe
Geschrieben von KyroxX am 23. Juli 2003 10:30:14:
Als Antwort auf: NACHRICHTEN (owT) geschrieben von Johannes am 23. Juli 2003 00:39:28:
Berlin. Das Gespräch war schon vor zwei Wochen verabredet worden. Eigentlich wollten Renate Künast und Gerd Sonnleitner am Montagabend über die EU-Agrarreform reden. Doch dem Bauernpräsidenten und Kritiker der Landwirtschaftsreform brannte gestern noch ein anderes, wichtigeres Thema unter den Nägeln: Die extreme Trockenheit sorgt für dramatische Ernteausfälle und bei vielen Bauern für Existenznöte.
Im Osten sei in den ersten sechs Monaten gerade einmal halb so viel Regen gefallen wie im langjährigen Durchschnitt, schildert Sonnleitner der grünen Ministerin die dramatische Lage in den neuen Ländern. Die Dürre-Schäden seien sogar größer als die Flutfolgen im letzten Jahr, forderte er von Künast Soforthilfen für die Bauern. Auf bis zu einer Milliarde Euro addieren sich nach Berechnungen des Bauernverbandes die Ernteausfälle. Künast freilich hält diese Zahl für „sehr hoch gegriffen“. Sie will zunächst einmal abwarten, wie groß die Schäden tatsächlich sind.
Das steht jedoch frühestens in zwei bis drei Wochen fest. Dann liegen die amtlichen Ernteergebnisse vor. Nur wenn die Existenz bedroht ist, will Künast den Bauern mit Geld aus ihrem Etat unter die Arme greifen. Zunächst seien die Länder und die EU zuständig, erwartet die Ministerin wenigstens aus Brüssel finanzielle Unterstützung. Die meisten Bundesländer winken ab. Sie wollen keine neuen Programme auflegen. Es fehlt das Geld. Die Ostländer hoffen daher vor allem auf die Hilfe aus Brüssel und Berlin. Die EU-Agrarminister trafen sich gestern, um zu beraten, wie Brüssel den Landwirten helfen kann. Denn auch Künasts Kollegen aus Paris, Wien und Rom machen Druck und fordern frisches Geld aus dem Gemeinschaftstopf. Doch bevor die Finanzmittel bei den Bauern ankommen, könnte es Herbst werden, fürchtet der Bauernverband.
Dass Brüssel zusätzliche Mittel, etwa aus dem Katastrophenfonds, bereit stellt, damit rechnet Künast zunächst einmal nicht. „So weit sind wir noch nicht“, bremst die Ministerin. Brüssel könnte jedoch die Direkt-Beihilfen an die Landwirte um ein halbes Jahr auf August vorziehen. Das planen auch die Bundesländer. Sobald feststehe, wie hoch die Ernteausfälle wirklich seien, könnten einzelne Beihilfen früher ausgezahlt werden, damit es keine Liquiditätsengpässe gibt, überlegt man im Mainzer Landwirtschaftsministerium.
Günstige Darlehen wie Baden-Württemberg will Rheinland-Pfalz jedoch nicht auflegen. Die Landwirtschaftliche Rentenbank in Frankfurt vergebe bereits Kredite mit einem Zinssatz von drei Prozent. Das könne kaum unterboten werden, so Ministeriums-Sprecher Jörg Wagner. Der Vorsitzende des Landwirtschafts-Ausschusses im Europaparlament, Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, kann die Aufregung um die Dürre und die Ernteausfälle ohnehin nicht nachvollziehen. Für ihn gehört das zum „Berufsrisiko“. Es gebe eben trockene oder nasse Jahre. Den Landwirten hilft diese Bauern-Regel kaum weiter.