UN-Bericht über wirtschaftliche und soziale Entwicklung

Geschrieben von Scorp am 10. Juli 2003 02:21:44:

Als Antwort auf: NACHRICHTEN (owT) geschrieben von Johannes am 10. Juli 2003 00:12:01:

da wird einem warm ums herz

Armutszeugnis

UN-Bericht über wirtschaftliche und soziale Entwicklung räumt mit neoliberaler Heilsideologie auf

Der am Dienstag veröffentlichte, umfassende UN-Bericht über die wirtschaftliche und soziale Entwicklung (U.N. Human Development Report 2003) des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) räumt endgültig mit einem im bürgerlichen Lager weit verbreiteten Dogma des internationalen Kapitals auf. Der detaillierte Bericht belegt, daß aufgrund der Mitte der 90er Jahre geplatzten und von neoliberalen Kräften verursachten Spekulationsblase heute 54 Länder sehr viel ärmer sind, als sie es noch zehn Jahre zuvor waren. Damit zeigt der UN-Bericht ungewollt eine Parallele zwischen nationaler und internationaler Entwicklung auf. Innerhalb der hochentwickelten Industrieländer konnte als Resultat des Vormarschs des von allen sozialen Zwängen befreiten Kapitals beobachtet werden, wie in den zurückliegenden Jahren mit zunehmender Geschwindigkeit die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer geworden sind.

Der UN-Bericht hat nun den Beweis erbracht, daß die wachsende Kluft zwischen Reich und Arm innerhalb der Industrieländer auch auf das Verhältnis zwischen reichen und armen Ländern zutrifft. Zugleich führt der Bericht das inzwischen an allen bürgerlichen Universitäten als alleinige Wahrheit gelehrte neoliberale Wirtschaftsglaubensbekenntnis ad absurdum. Während der vergangenen zwei Jahrzehnte haben insbesondere der Internationale Währungsfonds (IWF) und seine Schwesterorganisation, die Weltbank, den Ländern der sogenannten Dritten Welt mit der Drohung der Verweigerung des Zugangs zu Krediten und Märkten das angeblich heilbringende, neoliberale Wirtschaftskonzept aufgezwungen. Hinter dem IWF und der Weltbank steht die US-Regierung als größter Anteilseigner, gefolgt von den Regierungen der wichtigsten Verbündeten. Hinter den Regierungen stehen die eigentlichen Profiteure der Globalisierung: Die Großkonzerne, die auf den Abbau aller Hindernisse im internationalen Handel und Finanzverkehr drängen, mit denen die ärmeren Länder ihre zerbrechlichen, regionalen wirtschaftlichen Entwicklungen schützen und fördern könnten.

Der UN-Bericht gibt weiterhin darüber Aufschluß, daß auch bei wachsenden Volkswirtschaften die zunehmende Armut breiter Bevölkerungsschichten kaschiert werden kann. Beispiel Polen: Während die polnische Volkswirtschaft im Zeitraum von 1988 bis 1995 kräftig wuchs und das Pro-Kopf-Einkommen im Jahresdurchschnitt um 2,4 Prozent zulegte, ist im gleichen Zeitraum der Anteil der als arm eingestuften polnischen Bürger von sechs auf 20 Prozent gewachsen.

»Am Ende des sogenannten großen Jahrzehnts ist eine sehr bedeutende Zahl von Ländern (wirtschaftlich) noch weiter zurückgefallen, und die Menschen sind ärmer geworden«, kommentierte der UNDP-Mitarbeiter Mark Malloch Brown den Bericht, der die wirtschaftliche Entwicklung von 175 Ländern auf die zur Jahrtausendwende von den hochentwickelten Industrieländern großspurig angekündigten acht UN-Entwicklungsziele bis zum Jahr 2015 untersucht. Viele dieser Länder können diese Ziele inzwischen nicht einmal mehr in 50 Jahren erreichen. Die meisten der afrikanischen Länder südlich der Sahara gehören zu den 54 Staaten, denen es heute schlechter geht als vor zehn Jahren. Bei 20 dieser Länder würde es dem Bericht zufolge bis 2129 dauern, bis für alle Kinder eine allgemeine Grundschulbildung gesichert wäre, bis 2147, um die extreme Armut zu halbieren, und bis 2165, um die Kindersterblichkeit um zwei Drittel zu reduzieren.

Dringend erforderlich sei es, daß die reichen Länder ihre Entwicklungshilfe von derzeit insgesamt etwa 50 Milliarden US-Dollar auf 100 Milliarden Dollar erhöhen, fordert die UN. »Jede europäische Kuh wird derzeit mit durchschnittlich drei Dollar pro Tag subventioniert, während 40 Prozent der in Afrika lebenden Menschen über weniger als einen Dollar pro Tag verfügen«, mahnte Brown. In den USA etwa erhielten Baumwollfarmer Subventionen von 10,7 Millionen Dollar pro Tag, dreimal mehr als die gesamte Region südlich der Sahara an Entwicklungshilfe bekommen würde.

In einer indirekten aber scharfen Kritik am Neoliberalismus fordert der UNDP-Bericht eine umfassende Neubewertung der bisher verfolgten (neoliberalen) Entwicklungsstrategien, die den Entwicklungsländern helfen sollten, der extremen Armut zu entrinnen. Dies sei nicht möglich mit dem sogenannten Washington Consensus der Weltbank und des IWF, der Deregulierung, Liberalisierung von Handel und Finanzen und strikte Haushaltsdisziplin von Entwicklungsländern verlange. IWF und Weltbank müßten dringend ihre Politik ändern, forderte Brown. »Die Statistiken sind beschämend«, heißt es im Bericht, »mehr als 13 Millionen Kinder starben im vergangen Jahrzehnt allein an Durchfallerkrankungen. Jedes Jahr sterben eine halbe Million Frauen – jede Minute eine – im Kindbett. Mehr als 800 Millionen Menschen leiden an Unterernährung. Die Lösungen für diese Probleme sind bekannt... und sie erfordern keine Hochtechnologie.«

"Jede europäische Kuh wird derzeit mit durchschnittlich drei Dollar pro Tag subventioniert, während 40 Prozent der in Afrika lebenden Menschen über weniger als einen Dollar pro Tag verfügen"

man kann diesen satz es gar nicht oft genug lesen

grüsse scorp





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