Re: Ihr müßt das lesen - da schnallt ihr ab

Geschrieben von Johannes am 08. Juli 2003 15:12:28:

Als Antwort auf: Re: Ihr müßt das lesen - da schnallt ihr ab geschrieben von Schiller am 08. Juli 2003 14:06:45:

Hallo Schiller,

so sehr ich Dir in vielen Punkten recht geben kann, eines sollte man jedoch trennen:

> Seltsamerweise machen sich die wenigsten Neonazis, Skins und sonstige Indi-
> viduen mit nationalsozialistischem Gedankengut zwischen den Ohren keinerlei
> Gedanken darüber, inwieweit genau diejenigen damals bei Adolf die Ersten
> gewesen wären, die "trocken geduscht" hätten - Arbeitsverweigerer ("...macht
> irgendwie keinen Bock, der Job..." ,o.ä.) kamen in sogenannte "Arbeitslager"
> und wurden z.B. zu Zwangsarbeit verpflichtet...

Gerade die, die vom Fortbestand des deutschen Reichs reden, legen nahezu immer Wert darauf, sich auf die Weimarer Verfassung und keinesfalls auf Hitler zu beziehen, und sie lehnen nicht nur die Taten des Östereichers ab, sondern halten auch die Gesetzgebung für ungültig. Für sie bildet die ursprüngliche Weimarer Verfassung die Grundlage.

Bei aller sachlich berechtigt Kritik (ich halte vieles für eine Form religiöser Hoffnung), soviel Fairniß sollte schon sein, diese Leute nicht einfach mit Nazis in einen Topf zu schmeißen. Oder, wenn Du alles zusammenschmeißen willst, dann müßtest Du im linken Spektrum auch jeden PDS-Wähler als Stalin-Sympathisanten bezeichnen. Da gibt es sicher in beiden Fällen Verbindungen, aber ich bin da gegen solche Pauschalurteile.

> Argumente hinsichtlich einer rechtlichen Gültigkeit des sogenannten "Deut-
> schen Reiches" sind absoluter Humbug - die Kapitulation wurde unterschrieben,
> der Unterzeichner war rechtlich bevollmächtigt, damit hat diese Kapitulation
> seine Gültigkeit.

Das "sogenannte" (warum in Anführungszeichen?) Deutsche Reich besteht z.B. auch nach Ansicht des Verfassungsrechtsgericht (1973?, müßte ich raussuchen) dort. Die Bundesrepublik sah sich nach ihrer Gründung immer nur als Sprecher des freien Teils Deutschlands mit dem Ziel, Gesamtdeutschland (West, Mittel- und Ostdeutschland) wieder zusammenzuführen, woraufhin dann dass gesamte deutsche Volk (wieder West, Mittel- und Ostdeutsche) in freier Selbstbestimmung über eine Verfassung entscheiden sollten.

Aus der politischen Wertung halte ich mich jetzt raus, außer daß ich natürlich anerkenne, daß ich froh bin, hier und nicht z.B. im Osten zu leben, aber es ist dennoch Fakt, daß im Gegensatz zu Jahrzehnten politischer Forderung in der Bundesrepublik das Wiederveinigungsgebot mit Gesamtdeutschland einfach aufgegeben wurde, obwohl es immer als unverzichtbare Forderung des Grundgesetzes und Aufgabe der Bundesregierung galt.

Ich weiß, daß unser Denken inzwischen schon sehr weit vom politischen Bewußtsein der Nachkriegsjahre(jahrzehnte) entfernt ist, so daß sich vielleicht sogar mancher wundert, wenn ich von Mittel- und Ostdeutschland rede. Aber nur, weil es sinnvoll war, auf Ostdeutschland zu verzichten, heißt das noch lange nicht, daß man so tun muß, als ob genau diese Forderung nach einer Gesamtvereinigung nicht immer jahrelang Ziel der Politik und Inhalt des Grundgesetzes gewesen wäre. Was politisch sinnvoll ist, das mag sich ändern, aber deswegen vereinfachend die, die an den politischen Vorgaben des ursprünglichen Grundgesetzes festhalten, pauschal mit Nazis gleichzusetzen und zu sagen, ihre Forderderung sei rechtlich absurd und unsinnig, das kann es ja auch nicht sein.

> die Kapitulation wurde unterschrieben, der Unterzeichner war rechtlich
> bevollmächtigt, damit hat diese Kapitulation seine Gültigkeit.

Kapituliert hat die deutsche Wehrmacht und leider nicht die politische Führung, das hätte sicher einiges leichter gemacht.

Gruß

Johannes


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