Text zu öffentlichen Gütern

Geschrieben von Bonnie am 05. Juli 2003 14:09:04:

Als Antwort auf: 3. kleine Geschichte geschrieben von Vernon am 05. Juli 2003 13:06:01:

Hallo Vernon, du kommst dir nicht nur so vor, wir SIND ausgenommene Federviecher :-)
Das Schöne an der Wissenschaft ist ja, daß man so dumme Kinderfragen stellen kann. Wie zum Beispiel : Wofür brauchen wir eigentlich einen Staat ?
Einer der Gründe liegt in der Problematik der öffentlichen Güter. Ich habe einen guten Text gefunden, der das wiedergibt, was man uns im Studium erzählt hat. Ich stelle einen Auszug hier rein und unten einen Link zum vollständigen Text.

Es ist anscheinend so, daß der Staat seinen originären Verpflichtungen, nämlich der Bereitstellung öffentlicher Güter, nicht mehr nachkommen kann. Und das bei einem Staatsanteil von 50%. Mir fallen 2 Erklärungen ein.
- wir sind abgebrannt
- das Geld fließt in viele überflüssige Verwendungen, die wir wahrscheinlich gar nicht kennen.
Liebe Grüsse, Bonnie



Öffentliche Güter

von Carsten Both

Obwohl man provokant zunächst einmal in Frage stellen kann, ob denn die Staatstätigkeit wirklich für irgend etwas gut sein kann bzw. gewisse Arbeiten von Staatsseite annähernd so gut erfüllt werden können wie es Private tun, ist eine gewisse Staatstätigkeit markttheoretisch begründet und somit in bestimmten Fällen unabdingbar. Eine dieser Theorien beschäftigt sich mit sog. „öffentlichen Gütern“, die, wenn nicht der Staat einspringen würde, überhaupt nicht bereitgestellt werden würden, da ein Marktversagen vorliegt.

Unter Gütern versteht man allgemein Produkte und Leistungen, mit denen die Menschen ihre Bedürfnisse befriedigen können. Um die Besonderheiten der sog. „öffentlichen Güter“ darzustellen, muß man deren Gegenstück, die „privaten Güter“, mit in die Betrachtung einbeziehen. Die Existenz privater Güter kann man als den Regelfall ansehen, während die öffentlichen Güter einige Besonderheiten aufweisen.

Das Unterscheidungskriterium zwischen diesen beiden Güterarten ist die „Ausschließbarkeit“ und die „Rivalität im Konsum“.
Folgende Ausprägungen dieser zwei Kriterien zeichnen öffentliche Güter in ihrer Reinform aus:

1) Das Versagen des Marktausschlußprinzips (als Merkmal der Angebotsseite) und

2) die Nicht-Rivalität im Konsum (als Merkmal der Nachfrageseite).

Bei den erwähnten privaten Gütern als Gegenpart sind diese beiden Kriterien nicht erfüllt: Es besteht also die Möglichkeit des Marktausschlusses, und es besteht eine Rivalität im Konsum.

Schokoriegel als privates Gut

Was sich als Kriterium so schwierig anhört, ist durch ein Beispiel leicht verständlich:

Rivalität im Konsum bedeutet ganz einfach, daß ein bestimmtes Gut, sagen wir ein bestimmter Schokoriegel, nur von einer Person konsumiert werden kann. Bei der Konsumrivalität hätte Herr Meier um diesen bestimmten Schokoriegel den kürzeren gezogen, wenn Frau Schulze ihn schon gegessen hätte.

Das Marktausschlußprinzip als zweites Kriterium bedeutet, daß der Anbieter der Schokoriegel die Konsumenten vom Genuß dieser Süßigkeit ausschließen bzw. den Konsum von der Entrichtung des Marktpreises abhängig machen kann; wer nicht zahlen will, bekommt dann eben nichts!

Schokoriegel sind so - wie die meisten Güter - als private Güter anzusehen.


„Free-rider-Problematik“

Nun gibt es jedoch auch Güter, bei denen aufgrund ihrer Eigenarten der Marktausschluß nicht funktioniert. Für den potentiellen Anbieter besteht nicht die Möglichkeit der Beschränkung des Konsums des Gutes auf einen bestimmten Personenkreis. Die Konsumenten kommen alle in den Genuß dieses Gutes, ohne dafür zur Zahlung eines Preises herangezogen werden zu können. Und da wir alle schlaue Füchse sind, wenn es ums Geld geht, zahlen wir auch nichts freiwillig. Wenn uns jemand fragt, sagen wir einfach, daß wir überhaupt kein Interesse an der Bereitstellung dieses Gutes hätten. Natürlich haben wir dabei immer im Hinterkopf, daß dieses Gut dennoch - auch ohne unser finanzielles Zutun - bereitgestellt wird, und wir so kostenlos davonkommen.

Diese wenig schmeichelhafte Einstellung wird oft als „Trittbrett-fahrerverhalten“ oder in englisch als „free-rider-Verhalten“ bezeichnet. Aus finanzieller Sicht ist es natürlich strategisch geschickt, seine in Wahrheit bestehenden Präferenzen zu verheimlichen. Auf den Markt hat diese „free-rider-Problematik“ aber die Auswirkung, daß kein Privater so dumm sein wird, dieses Gut bereitzustellen, denn ihm fehlt die Möglichkeit, das Geld hierfür einzutreiben. Es kommt also verständlicherweise gar kein Angebot zustande. Deshalb wird das „Versagen des Marktausschlußprinzips“ auch als „angebotsseitiges Merkmal“ bezeichnet.

Beleuchtete Straße als öffentliches Gut

Ein Beispiel soll diesen Aspekt verdeutlichen: Eine neue Straße soll nachts beleuchtet werden. Dazu ist das Aufstellen von Straßenlaternen erforderlich, was eine ganze Menge Geld kostet, das von den Anwohnern dieser Straße aufgebracht werden soll. Wenn nun ein Anwohner darauf spekuliert, daß die restlichen schon für die Beleuchtung -auch ohne den eigenen finanziellen Beitrag- sorgen werden, von der man dann natürlich (kostenlos) auch auf dem abendlichen Heimweg profitieren würde, dann gibt man einfach vor, überhaupt kein Interesse an einer beleuchteten Straße zu haben. Vielleicht verweist man darauf, auch im Dunkeln gut sehen zu können oder immer eine Taschenlampe dabeizuhaben.

Der Ausschluß von dem Gut „beleuchtete Straße“ gelingt den anderen alleinigen Zahlern aber nicht, da man z.B. nicht immer die Beleuchtung abschalten kann, wenn der ungeliebte „nichtzahlende Mitbenutzer“ („free-rider“) abends nach Hause kommt. Wenn die anderen Bewohner auch diesem strategischen Verhalten dieses einen Anwohners folgen, so wird es im Endeffekt bei einer unbeleuchteten Straße bleiben. Keine private Firma wird Laternen anbieten, denn niemand in der Straße wäre bereit, den Preis hierfür zu entrichten, in der Hoffnung, der Rest wird es dummerweise schon tun.

Auch das zweite Merkmal - die Nicht-Rivalität im Konsum - trifft auf unser Beispiel zu:
Bei einer beleuchteten Straße besteht keine Konsumrivalität wie bei einem bestimmten Schokoriegel. Wäre es der Fall, könnte nur eine Person dieses Gut konsumieren und für die anderen bestände diese Möglichkeit nicht mehr. Von einer beleuchteten Straße profitieren jedoch immer mehrere Personen, oft auch gleichzeitig. Die „Nicht-Rivalität im Konsum“ wird, da sie von den Nachfragern ausgeht, auch als das „nachfrageseitige Merkmal“ der beiden Kriterien für öffentliche Güter bezeichnet.

Insgesamt kann man das Gut „beleuchtete Straße“ also zu den öffentlichen Gütern zählen.

Versagen des Marktes

Allgemein spricht man bei der Erfüllung der Kriterien der öffentlichen Güter auch vom Marktversagen, denn das Grundprinzip „Nachfrage und Angebot treffen aufeinander, woraus eine Preisbildung resultiert“ funktioniert nicht. Der Markt allein bringt es in diesen Fällen nicht. Ein Aspekt, den gewisse Marktfetischisten gern unter den Tisch fallenlassen.

Die Konsequenz aus der Existenz von öffentlichen Gütern bzw. der Inexistenz eines Marktes ist, daß der Staat in diesen Fällen einspringen sollte, um diese sicherlich i.d.R. notwendigen Güter bereitzustellen. Andere Beispiele für öffentliche Güter sind nämlich Leuchttürme zum Nutzen der Schiffahrt, die Beschilderung der Straßen zur Regelung des Verkehrs oder der Deichbau zum Küstenschutz [zu Übungszwecken kann man an diesen Beispielen ja einmal die beiden Kriterien durchspielen!].

Der Staat besitzt auch, im Gegensatz zu den Privaten, die Möglichkeit die Kosten durch Zwangseinnahmen zu decken. Hierbei kann er, in Kopplung an die jeweiligen Nutzer des bereitgestellten Gutes, Beiträge erheben oder auch die Finanzierung über die allgemeinen Steuern, also durch Belastung der Allgemeinheit, betreiben.




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