N: Spione drohen Blair mit Enthüllungen

Geschrieben von Hubert am 10. Juni 2003 22:33:10:

Als Antwort auf: NACHRICHTEN (o.T.) geschrieben von Scorp am 10. Juni 2003 15:23:22:

Spione drohen Blair mit Enthüllungen

Von Markus Becker

Erst vergangene Woche ließ der Regierungschef seinen Minister für parlamentarische Angelegenheiten, John Reid, einen forschen Angriff auf die Kritiker der Regierung starten. Reid warf "schurkischen Elementen" aus den Geheimdiensten vor, mit gezielt lancierter, auf Falschinformationen beruhender Kritik gegen Downing Street zu arbeiten.

Archivierung zum Selbstschutz

Die so Gescholtenen schlugen mit britischem Sarkasmus zurück. "Was die Massenvernichtungswaffen betrifft, könnte tatsächlich ein 'rauchender Colt' existieren - allerdings keiner, den die Regierung sich wünscht", zitiert die Tageszeitung "The Independent" einen hochrangigen Geheimdienstler. Die Schlapphüte hätten die Anweisungen der Regierung vor dem Irak-Krieg derart befremdlich gefunden, dass sie umfangreiche Protokolle angefertigt hätten. "Die aufgezeichneten Details werden genau zeigen, was da vor sich ging", sagte der Geheimdienstler der Zeitung. "Wegen der Regelmäßigkeit und der manchmal ungewöhnlichen Art der Forderungen haben die Leute die Vorgänge archiviert, nicht zuletzt, um sich selbst zu schützen."

"Operation Rockingham" sollte Bagdad diskreditieren

Von einer völlig neuen Dimension der Geheimdienst-Mauschelei berichtet der "Sunday Herald". Dem Blatt zufolge wurde bereits 1991 eine "Operation Rockingham" vom britischen Verteidigungsministerium ins Leben gerufen. Die primäre Aufgabe des Teams aus Geheimdienstlern sei es gewesen, Spionage-Material zu sammeln, das die irakische Regierung belastet, und gegenteilige Erkenntnisse zu unterdrücken, um einen Krieg zu rechtfertigen.

"Politik der gezielten Auswahl und Übertreibung"

Der ehemalige UN-Waffeninspektor Scott Ritter und ein nicht namentlich genannter Mitarbeiter des US-Militärgeheimdienstes bestätigten dem Blatt zufolge die Existenz von "Operation Rockingham". Letzterer kenne Mitglieder des Teams persönlich und sei der Behauptung Reids entgegengetreten, "schurkische Elemente" der Geheimdienste hätten ihre Finger im Spiel. Die Politik der gezielten Auswahl und Übertreibung sei vielmehr "von höchster Ebene" ausgegangen, so der US-Geheimdienstler. Scott Ritter bot laut "Sunday Herald" sogar an, vor dem britischen Parlament über "Operation Rockingham" auszusagen.

Druck auf Blair könnte sich verschärfen

Die neuen Vorwürfe könnten Blair in schwere Bedrängnis bringen. Zwar kündigte der Premier an, alle Vorwürfe durch das "Intelligence and Security Comittee" untersuchen zu lassen. Die Mitglieder dieses Komitees aber wurden von Blair selbst benannt und tagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Peinliche Befragung vor dem Unterhaus-Ausschuss

Eine unangenehmere Behandlung steht Blair vom Auswärtigen Ausschuss des Unterhauses bevor, dessen Anhörungen ebenso wie die Ergebnisse öffentlich gemacht werden. Der Ausschussvorsitzende, der Labour-Abgeordnete Donald Anderson, gilt als Kritiker Blairs und hat laut "Independent" bereits mehrere hohe Politiker und Beamte darauf hingewiesen, dass sie eventuell noch vor Ende dieses Monats vor dem Ausschuss aussagen müssen.

Vorwurf der Kriegslüge steht im Raum

Auch Tony Blair und einige ranghohe Geheimdienstlern könnten als Zeugen geladen werden. Sollte der Premier ablehnen, könnte der Auswärtige Ausschuss das Unterhaus um Unterstützung bitten. Für Blair hätte das eine hochnotpeinliche Abstimmung im Parlament zur Folge, die er obendrein verlieren könnte. Denn die Empörung über den Vorwurf der Kriegslüge ist auch innerhalb der Labour-Partei so groß, dass der Premier um seine Mehrheit im Unterhaus fürchten müsste. Zudem könnte eine solche Konfrontation im Volk den Eindruck verstärken, Blair habe etwas zu verbergen.


Antworten: