Wahhabiten, Irak und die denkbare Neuordnung Saudi Arabiens

Geschrieben von Swissman am 01. Juni 2003 01:30:30:

Als Antwort auf: Wirbel um US-Geständnis: Lügen, Lügen, Lügen geschrieben von Bonnie am 31. Mai 2003 09:43:45:

Hallo Bonnie,

>kann jemand den nun genannten Kriegsgrund der USA "Sie wollten ihre Truppen aus Saudi-Arabien abziehen, um die Gefahr von Terror-Anschlägen zu verringern" verstehen und mir bitte mal erklären ? Ist die Gefahr nun im Irak kleiner ?

Der Abzug der US-Truppen aus Saudi Arabien war stets eine der Hauptforderungen Osama bin Ladens. Hinzu kommt, dass Saudi Arabien (übrigens Osamas Heimatland) von den Wahhabiten der Nedjd-Region beherrscht wird, d. h. die Al-Kaida-Terroristen können sich dort gleichsam wie ein Fisch im Wasser bewegen.

Dazu muss man wissen, dass Osama bin Laden, genauso wie das saudische Herrscherhaus, der Sekte der Wahhabiten angehört - der einzige Unterschied ist der, dass Osama bin Laden den Wahhabismus tatsächlich ernst nimmt, während die Frömmler der Familie Al Saud in erster Linie daran interessiert sind, nach aussen hin den Anschein von Frömmigkeit zu erwecken, während hinter geschlossener Tür Tür die Post abgeht, um es vornehm auszudrücken *g*

Im Irak konnten die Wahhabiten nie Fuss fassen - im Gegenteil: Die grosse Mehrheit der Bevölkerung sind Schiiten, die aus historischen Gründen als Todfeinde der Wahhabiten anzusehen sind: Für die Wahhabiten sind sämtliche Nicht-Wahhabiten (auch Anhänger anderer Richtungen des Islams!!) Satansjünger, die der "fromme" Wahhabit vernichten darf und soll. Der schlimmsten Irrlehre folgen aber, gemäss Mohammed ibn Abdul Wahhab, die Schiiten.

Aus diesem Grund unternahm die damalige Ikhwan-Reiterei 1802, unter Führung von Saud ibn Abdul Asis, einen Vorstoss in den Südirak, der dem einzigen Ziel diente, die den Schiiten heilige Stadt Kerbela dem Erdboden gleichzumachen. Dabei wurden fast alle 40'000 Einwohner Kerbelas massakriert und das Grab von Imam Hussein geschändet.

Allein schon deswegen darf man durchaus davon ausgehen, dass es Al Kaida im Irak auch in Zukunft nicht gelingen wird, Fuss zu fassen.

Hinzukommt, dass Saddam Hussein sich der wahhabitischen Gefahr sehr wohl bewusst war: Seine Geheimpolizei hat den Irak daher, egal mit welchen Mitteln, wahhabitenfrei gehalten.

Ich denke daher schon, dass der Irak das Potential hat, sich zu einem verlässlicheren Partner als Saudi Arabien zu entwickeln. Mittelfristig wird man dann versuchen müssen, die dei korrupte Al-Saud-Clique loszuwerden - am vernünftigsten wäre es wohl, den Kuchen in einen schiitischen Osten mit Schwerpunkt Hasa-Provinz, und einen sunnitischen Westen, der im wesentlichen den Hedjas und Asir umfasst aufzuteilen, wobei der westliche Teil Jordanien zufallen würde, dessen Königshaus bis in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts in Mekka residierte.

Das strategisch und ökonomisch nutzlose Zentrum, die Nedjd -Provinz, die sozusagen rein wahhabitisch bewohnt wird, könnte man sodann sich selbst überlassen - ohne Mittel zur Finanzierung dürfte der wahhabitische Spuk nach und nach, im wahrsten Sinne des Wortes, austrocknen.

Dabei ist es von höchster Wichtigkeit, dass die USA und ihre Verbündeten sich nicht direkt engagieren! Die USA sollten sich daher als Vorbedingung vollständig aus dem Irak zurückgezogen haben - Die eigentliche Neuordnung ist selbstverständlich den Anrainern, vor allem Jordanien, zu überlassen.

Perfekt wäre es, wenn es in Saudi Arabien einen (idealerweise wahhabitischen) Umsturz gäbe (dies sollte sich durch Drücken des Rohölpreises und gleichzeites Anziehen der Zinsschraube für die saudischen Schulden eigentlich durchaus arrangieren lassen), der Jordanien und dem Irak den Aufhänger liefert, einzumarschieren und bei dieser Gelegenheit gleich auch möglichst viele Wahhabiten zu neutralisieren.

Freilich ist mir durchaus bewusst, dass die heutigen USA nicht über den Weitblick verfügen, wie ihn etwa das britische Empire in vergleichbarer Lage einst zweifellos gezeigt hätte, verfügen. So wird man wohl stattdessen mit einer kleinen Lösung, d. h. einem ordinären Staatsstreich, vorliebnehmen.

mfG,

Swissman, der jetzt sicher wieder Prügel kriegt *g*


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