Glücklich in Ombos!

Geschrieben von Epidophekles am 30. Mai 2003 16:49:09:

Komm, Paul, melde dich bei Johannes....

denn deine Einladung würde vielen geben, was sie in ihrem kühnsten Streben
für ihr eignes Leben
zu geben
nicht vermögen !!!



Hier deine Einladung:

Ich denke, dass das Böse keine Eigenwirklichkeit ist,
sondern ein Mangel an Sein, ein Verlust des freien Willens.

Doch ich möchte jetzt nicht philosophieren,
du, ich möchte dich fragen: Kommst du mit nach Ombos? Wollen wir nach Ombos reisen?
Ombos liegt am Nil, etwas höher stromaufwärts von Gebelen, Esne und Edfu.
Du, es wird schön sein in Ombos.
Wir tanzen nachts mit Thebanischen Mädchen,
trinken schweren süssen Wein, lachen und weinen,
erinnern uns an altägyptische Kosmogonien, winken Echnaton zu,
unsere Lokalgöttin wird eine Hure sein,
wir feiern das Fest des Lebens, die Lust des Seins, komm mit mir
nach Ombos,
in Ombos tanzen Mond und Sonne,
tanzen demiurgische Schlangen, memphitische Jünglinge
mit chthonischen Fröschen
in Gärten mit Dattelpalmen, Myrrhenbäumen, Sykomoren, Lotos, Papyrus
und sich im säuselnden Wind wiegendem Schilf,
Bauchnabel werden in Ombos zum Sonnenauge, komm,
gehen wir nach Ombos, rauchen wir die Opiumpfeife,
feiern wir das est der Trunkenheit, der anthrazitfarbene Skarabäus rollt seine Mistkugel
wie ein Weltall vor sich her
(tragen wir den Sonnenkäfer als Kette aus Speckstein und Fayence um den Hals),
tanzen wir mit dem ibisköpfigen Thot, mit der leopardenschlanken (katzenartigen) Göttin Mafdet,
du, Ombos wird uns retten, Ombos muss schön sein,
in Ombos weht mit tausend Wohlgerüchen Schu, der eigentliche Herr der Luft, der alles Seiende erhält,
atmen wir die Welt,
komm, wir reisen nach Ombos
und tanzen nackt in der Nacht,
eschat, die Göttin der Schreibkunst, wartet auf mich,
der Schopfibis wird mit uns tanzen, die Geiergöttin Nechbet zieht sich aus,
tanzt und gibt uns zu trinken,
in Ombos leidet man keine Not,
Ombos beherbergt die Barke der Sonne auch in der Nacht,
die Nilschlange hütet das Tor zum Geheimnis des Lebens,
in der Dunkelheit kommen die Raubtiere
aus ihren Verstecken
hervor und überfallen den Menschen
mit Krankheit und Tod,
doch das Leben geht aus dem Tod hervor, tanzen wir in Ombos
das Leben, umarmen wir uns, tringen wir süssen Dattelwein, rauchen wir die Kräuter der Oase,
Ombos liegt am Nil
in Oberägypten, oberhalb von Abydos, Hu und Dendera,
Ombos ist unvergleichlich schön,
die Nächte in Ombos tanzen
hymnisch, ekstatisch,
das Leben vergeht,
wir leben nur ein paar Augenblicke,
die Tränen des weltbeherrschenden Sonnengotts Re
funkeln verführerisch, die mystischen Nächte in Ombos
kennen keine Zeit,
Nabelschnecken tanzen lasziv,
wir ziehen uns aus
und tanzen eng umschlungen,
der Schakalschrei in der Ferne stört uns nicht, wir tanzen in Ombos
die ganze Nacht,
wir trinken und rauchen,
wir lachen und weinen
und singen und tanzen,
Ombos ist ein Fest der Lust -
Ombos ist die Welt, Ombos ist das Leben.
Es wird schön sein in Ombos.


Du, ich weiss nicht, ob es Ombos gibt."

Paul Gisi


in der heutigen Appenzeller-Tageszeitung






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