Wieso wird Günther Wallraff wieder abgehört ? zugleich Fernsehtipp für 1. Mai
Geschrieben von Bonnie am 29. April 2003 12:58:12:
Als Antwort auf: NACHRICHTEN (owT) geschrieben von Johannes am 29. April 2003 00:37:32:
Günter Wallraff: «Ich werde wieder abgehört»
Köln (AP) Günter Wallraff ist sicher: «Ich werde wieder abgehört.» Der 60-jährige Schriftsteller hat nach eigenen Worten «typische Fehlschaltungen» beim Telefonieren festgestellt. Er kenne solche Überwachungen etwa aus der Zeit, als der Liedermacher Wolf Biermann nach seiner Ausbürgerung 1976 aus der DDR bei ihm in Köln wohnte, erklärte Wallraff am Montagabend in Köln.Vielleicht hänge es diesmal mit seinem Versuch zusammen, gemeinsam mit Rupert Neudeck, Ex-Chef der Hilfsorganisation Cap Anamur, ANZEIGE
und Norbert Blüm die Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien zu untersuchen. Oder mit einer anderen Aktion, die er gerade vorbereitet, über die er aber noch nicht sprechen wolle, spekulierte Wallraff.Der Bestsellerautor, der mehrmals zur Recherche eine andere Identität angenommen hat, stellte ein Fernsehporträt vor, das der deutsch-französische Kultursender Arte am 1. Mai um 23.35 Uhr zeigen wird. Arte widmet dem Schriftsteller gleich einen ganzen Themenabend: eine seltene Auszeichnung für einen lebenden Schriftsteller. Neben dem Porträt zeigt der Sender eine Adaption des Wallraff-Bestsellers «Der Aufmacher» (1977) über die Praktiken der «Bild-Zeitung» mit Schauspieler Jürgen Prochnow als Wallraff. Außerdem ist eine TV-Dokumentation zu sehen, die Wallraff in den 60er Jahren über drei Straßenmusiker drehte.
In ruhigen Bildern zeigen die Filmemacher Udo Prenzel und Martin Hilbert in ihrem Wallraff-Porträt «Rollenspiele» einen Mann, der ganz eigene Akzente im deutschen Nachkriegsjournalismus setzte. Er schrieb aus eigenem Erleben über Industrie-Arbeiter, die Erfahrungen eines Obdachlosen in Asylunterkünften oder als türkischer Arbeiter Ali. Auch um Vorgänge aufzudecken, die er als Journalist nicht erfahren hätte, schlüpfte er in Rollen. So erhielt er als «Ministerialrat Kröver» erhielt er telefonische Auskünfte über den illegalen Aufbau von bewaffneten Werkschutztruppen. Das TV-Porträt zeigt, dass Wallraff die dunklen Seiten einer satten deutschen Wirtschaftswundergesellschaft aufdeckte.
Furore machte er, als er sich als «Hans Esser» für mehrere Wochen bei der «Bild-Zeitung» in Hannover einschlich, eine Vorgehensweise, die später vom Bundesverfassungsgericht gebilligt wurde.
In der 52 Minuten langen Dokumentation wird Wallraffs Leben und Arbeit nachgezeichnet. Zu Wort kommen Weggefährten wie Heinrich Böll oder Gegner wie der damalige «Bild»-Chefredakteur Hans-Hermann Tiedje oder TV-Journalist Heinz Klaus Mertes, Erfinder des Wortes «wallraffen» für diese spezielle Art journalistischer Recherche.
Seine (dritte) Ehefrau Barbara und seine Töchter erzählen von den Schwierigkeiten des Zusammenlebens mit einem Mann, der seine Verwandlungskünste an ihnen testete, nur selten zu Hause war, aber das Familienleben dominiert durch seine öffentliche Präsenz wie auch seine Leidenschaft, Steine zu sammeln, mit denen er sogar das Badezimmer vollstopft.
Es entsteht das Bild eines Mannes, der sich für Minderheiten stark macht und für den diese Art des Enthüllungsjournalismus lebenswichtig ist. «Vielleicht habe ich mir dadurch eine Psychotherapie erspart», meint Wallraff. Denn durch das Verwandeln in eine andere Person erkenne er auch sich selbst besser und taste sich an seine Grenzen heran. Gleiches gilt auch für die Sportarten, die er betreibt: Langstreckenschwimmen, Marathonlauf und Kanufahren. Dabei stellte er nie sich selber in den Mittelpunkt, sondern immer die Menschen, über und für die er berichtet.
Nach langer schwerer Krankheit hatte sich Wallraff in den letzten Jahren etwas aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Eher privat kümmerte er sich - wieder zusammen mit Neudeck - zurzeit um den Aufbau einer Schule für 450 Mädchen in Nordafghanistan. Rund 40.000 Euro aus einer Lebensversicherung hat er in das Projekt gesteckt.
Er braucht noch Lehrmaterial, außerdem sucht er eine Lehrerin. Und Tschetschenien hat er auch noch nicht aufgegeben: «Vielleicht haben wir im Vorfeld zu viel darüber geredet», gibt er selbstkritisch zu. Doch vom Einreiseverbot will er sich nicht abschrecken lassen. Jetzt setzt er auf die Hilfe von Außenminister Joschka Fischer. Und wenn es offiziell nicht klappt, «kenne ich auch andere Wege, dorthin zu kommen.»
- Re: Wieso wird Günther Wallraff wieder abgehört ? zugleich Fernsehtipp für 1. Mai katzenhai2 29.4.2003 15:45 (0)
- Re: Wieso wird Günther Wallraff wieder abgehört ? zugleich Fernsehtipp für 1. Mai BBouvier 29.4.2003 13:10 (12)
- Re: Wieso wird Günther Wallraff wieder abgehört ? zugleich Fernsehtipp für 1. Mai katzenhai2 29.4.2003 15:27 (0)
- Re: Wieso wird Günther Wallraff - Echo-Effekt?? franz_liszt 29.4.2003 13:56 (4)
- Re: Wieso wird Günther Wallraff - Echo-Effekt?? katzenhai2 29.4.2003 15:46 (0)
- Re: Wieso wird Günther Wallraff - Echo-Effekt?? Hubert 29.4.2003 14:06 (2)
- Re: Wieso wird Günther Wallraff - Echo-Effekt?? BBouvier 29.4.2003 19:15 (0)
- Re: Wieso wird Günther Wallraff - Echo-Effekt?? katzenhai2 29.4.2003 15:30 (0)
- Re: Wieso wird Günther Wallraff wieder abgehört ? zugleich Fernsehtipp für 1. Mai Hubert 29.4.2003 13:25 (5)
- Re: Wieso wird Günther Wallraff wieder abgehört ? zugleich Fernsehtipp für 1. Mai BBouvier 29.4.2003 15:29 (4)
- Re: Wieso wird Günther Wallraff wieder abgehört ? zugleich Fernsehtipp für 1. Mai Hubert 29.4.2003 15:48 (3)
- Re: Wieso wird Günther Wallraff wieder abgehört ? zugleich Fernsehtipp für 1. Mai BBouvier 29.4.2003 19:27 (0)
- Re: Wieso wird Günther Wallraff wieder abgehört ? zugleich Fernsehtipp für 1. Mai Freiwild 29.4.2003 17:27 (1)
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