Persönliches Zwischenfazit

Geschrieben von Andreas am 29. März 2003 12:06:10:

Als Antwort auf: Militärische Lehren für Russland aus dem Irak-Konflikt geschrieben von Andreas am 29. März 2003 09:39:06:

Es ist schwer, sich als Aussenstehender, dazu noch als Laie weitergehende Schlüsse aus den bisherigen Geschehnissen im Irak zu ziehen. Dennoch möchte ich es versuchen.

- Als erstes ist festzuhalten, dass die Alliierten dank der überlegenen Feuerkraft und Mobilität ihrer Truppen grosse Geländegewinne erzielt und geostrategische Erfolge gesichtert haben: Wichtige Brücken wurden intakt erobert, die Ölfelder im Süden weitgehend unversehrt eingenommen, der Hafen um Umm Qasr scheint nun unter alliierter Kontrolle zu sein.

- Trotz aller gegenteiliger Beteuerungen scheint ein Grossteil der Probleme, welche die alliierten Kräfte zur Zeit haben auf einer allzu optimistischen Planung zu beruhen. Zahlenmässig schwache Landstreitkräfte sind über eine Front von 400 Kilometern entlang der Linie Al Najaf, Al Nasirya, Al Basra verstreut, was der Guerrilakriegsführung und blitzartigen Angriffen kleinerer irakischer Kampfgruppen gewisse Möglichkeiten bietet. Ebenfalls erschwert wird durch diese Strategie die grossräumige Besetzung von Städten und die Markierung der alliierten Präsenz in der irakischen Zivilbevölkerung sowie die Sicherung des Nachschubs.

- Die alliierte Luftüberlegenheit ist unangefochten, jedoch hat die grossmäulig angekündigte "Shock and Awe"-Kampagne ihre psychologische Wirkung verfehlt. Es ist noch unklar, wie verheerend sich die Wirkung der nachhaltigen Bombardierung irkascher Führungs- und Kommunikationszentren auf die Kampfkraft der irakischen Streitkräfte auswirkt.

- Einflüsse von Wind und Wetter sind nach wie vor nicht zu unterschätzen. Ob die Ausfälle von irakischer Gegenwehr oder von der Witterung herrühren, es scheint für mich klar zu sein, dass es sich bei den alliierten Verlusten nicht nur um eine Handvoll Soldaten und einige Fahrzeuge handeln kann, wenn nun zehntausende weitere Truppen an den Golf beordert werden.

Insgesamt bin nach wie vor von der hohen Leistungsfähigkeit der amerikanischen Streitkräfte überzeugt. Es dünkt mich, dass diese infolge fragwürdiger Planungen und einseitiger Berichterstattung, welche sich auf isolierte Vorfälle konzentriert zur Zeit in unzulässiger Weise in Frage gestellt wird. Allerdings ist auch offenkundig geworden, dass ein technisch und bezüglich der Feuerkraft unterlegener Gegner der alliierten Streitmacht Mittel entgegenzusetzen hat, um diese von der sofortiger Erreichung ihrer Hauptziele, in diesem Falle der Einnahme Bagdads, abzuhalten. Es ist angesichts des Zustandes der irakischen Streitkräfte leicht denkbar, dass die Amerikaner gegen andere, stärkere Gegner - zumindest in einer Auseinandersetzung mit Landstreitkräften - in erhebliche Schwierigkeiten geraten könnten. Weiter ist festzuhalten, dass die amerikanische Überlegenheit in hohem Masse mit ihrer Lufthoheit steht und fällt. Wem es gelingt, diese zu brechen, kann sich Chancen ausrechnen, die Amerikaner auch im Felde zu besiegen.

Gruss
Andreas


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