Re: Zukunft der USA bei Yolandita

Geschrieben von JeFra am 17. März 2003 21:37:14:

Als Antwort auf: Re: Zukunft der USA bei Yolandita geschrieben von katzenhai2 am 17. März 2003 06:14:36:


Hm, also ich wüßte nicht wieso "schwerwiegende" Ereignisse einen Propheten glaubhafter machen sollten als bei "leichten" Ereignissen.

Die Rede war von schwierig. Es geht also darum, dass es schwierig gewesen sein muss, eine richtige Prognose fuer das betreffende Ereignis abzugeben. Ob das Ereignis gravierende Folgen hat oder nicht, ist mir grundsaetzlich egal. Es muss sich aber um ein Ereignis handeln, das Spuren in den Geschichtsbuechern hinterlaesst und von dessen Eintreffen sich auf diese Weise im nachhinein jeder leicht ueberzeugen kann (also nicht: im Dorfteich von Kleinkleckersdorf wird am 3. Mai 1950 ein Kaninchen ertrinken). Ausserdem sollte die Vorhersage vor dem Eintreffen des Ereignisses publiziert sein (in mehreren voneinander unabhaenigigen Bibliotheken abrufbar sein, mit Katalogdatum vor dem Eintreten der Prophezeiung).


Es gibt eigentlich nur sehr wenig Material, das diese Bedingungen erfuellt. Ich habe diese Frage ja schon einmal mit BB besprochen. Die Vorhersage des Zerfalls der SU im Jahre 1991 durch BB (und wohl auch durch Allgaier, falls ich mich richtig erinnere) ist ein solches Beispiel, ebenso die Vorhersage der Rueckkehr der Juden nach Israel bei Daniel. Im letzteren Fall ist aber schon eine Ansichtssache, ob sich die Prophezeiung ueberhaupt auf die heutige Zeit bezieht. Atheistische Bibelforscher werden wohl den Standpunkt annehmen, dass das Buch Daniel in der Makkabaerzeit abgefasst wurde & und dass die Vorhersage sich auf die Rueckkehr aus dem babylonischen Exil bezieht, also ex eventu abgegeben wurde. Die Feldpostbriefe sind nicht im obigen, strengen Sinne vor 1948 publiziert. Wenn Sie die Feldpostbriefe als erfolgreiche Proph werten wollen, muessen Sie an die Gruendlichkeit bestimmter kriminaltechnischer Untersuchungen glauben und darueber hinwegsehen, dass die Vorhersage des WK3 fuer 1948 sich als Fehlschlag erwiesen hat. Bei Johannson haben Sie ein aehnliches Problem: Franke43 hat sich dankenswerterweise der Muehe unterzogen, die angegebenen Quellen in der Stockholmer Bibliothek nachzuschlagen. Er ist nicht fuendig geworden, so dass nicht klar ist, ob die erstaunlichen Vorhersagen des Johannson ueber WK1 wirklich vor 1914 publiziert wurden.


Das Problem mit zu einfachen Prophezeiungen ist folgendes: Morde an amerikanischen Praesidenten sind z. B. relativ haeufig. Wenn ich die Ermordung des gegenwaertigen Praesidenten vorhersage, habe ich rein statistisch eine Chance von 15-20%, mit dieser Vorhersage Recht zu bekommen. Es gibt hunderttausende professionelle Wahrsager in den USA, wenn nicht mehr. Einige von ihnen werden sicher auf die Idee kommen, die Ermordung des jetzigen Praesidenten vorherzusagen (es sei denn, die Umwandlung der USA zu einem Polizeistaat schreitet so zuegig voran, dass man mit derartigen Vorhersagen Kopf und Kragen riskiert). Wenn Bush wirklich ermordet wird, werden wir also zehntausende Wahrsager in den USA haben, die das richtig 'vorhergesehen' haben. Handelt es sich bei ihnen allen um Propheten?


Angenommen, Sie haben unter den zur Zeit in den USA und Westeuropa lebenden Menschen 100000 Wahrsager, die ihre Vorhersagen schriftlich fixieren. Darunter sollen 10 wirkliche Propheten sein. Jeder sagt irgendetwas voraus, was nur eine geringe Wahrscheinlichkeit des Eintreffens hat (sagen wir: 1/1000), falls es nicht durch Praekognition erfahren wurde. Die Vorhersagen sollen voneinander statistisch unabhaengig sein. Dann sollten knapp 110 (genauer: 109.99) Wahrsager uebrig bleiben, die eine ziemlich schwierige Prophezeiug (0.1% Erfolgsaussicht) richtig abgegeben haben. Unter diesen 110 sind natuerlich die 10 Propheten. Waehrend der Anteil der Propheten an den Moechtegern-Wahrsagern extrem klein war (0.01%), ist er unter den erfolgreichen Wahrsagern viel groesser (naemlich 9.09%), aber immer noch zu klein, um das Feld zu dominieren. Wer statistische Auswertungen der Vorhersagen der erfolgreichen Wahrsager mit aehnlichen Methoden wie S. Berndt vornimmt, wird immer noch Ergebnisse erhalten, die durch den Muell der Moechtgern-Propheten determiniert sind.


Mir ist klar, dass die Anwendung der Wahrscheinlichkeitsrechnung auf diese Frage nicht unproblematisch ist. Es ging mir nicht um eine Mathematisierung der Prophetologie (vergleichbar etwa mit der Versicherungsmathematik, fuer die es ja solide Grundlagen gibt). Ich wollte nur durch ein paar einfache Betrachtungen klarstellen, wie wichtig es ist, eine Auslesemethode zu haben, wenn man sich mit den Prophs befassen moechte.


MfG
JeFra


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