J.R. Nyquist über Russlands und Chinas Interessen im Nahen Osten (von 2001)

Geschrieben von KLL am 15. Februar 2003 00:56:26:

Habe gerade einen älteren Artikel von J. R. Nyquist entdeckt:

KLL


Wer will Krieg im Nahen Osten? (J.R.Nyquist am 2.4.2001)

Auf dem Gipfeltreffen der arabischen Liga, das Ende März 2001 in Amman stattfand, sah man die Araber in zwei Lager gespalten, eines, das einen regionalen Krieg im Nahen Osten fordert, und eines, das den Frieden will. Die Staaten der Kriegsbefürworter haben eines gemeinsam: Sie werden von den ehemals kommunistischen Großmächten aufgerüstet und unterstützt oder stehen in anderer Hinsicht linientreu zu Moskau und Peking.

Während des Kalten Krieges, der angeblich vor 10 Jahren endete, bildeten Syrien und der Irak die Hauptalliierten der Sowjetunion im Nahen Osten. Von all den arabischen Staaten auf dem Gipfeltreffen waren diese beiden in ihren Äußerungen die heftigsten Kriegsbefürworter.

Der syrische Präsident Bashar Assad behauptete vor seinen arabischen Kollegen wörtlich, die Israelis seien alle Nazis. Er erklärte es sei falsch gewesen Friedensverhandlungen zu führen und, daß man es dem Palästinenserpräsidenten Arafat verzeihen müsse, an erster Stelle mit Israel verhandelt zu haben.
Assad betonte, das israelische Volk und nicht nur seine Führer seien Nazis.

Berichten der internationale Presse zufolge, hätten Assad mit seinen Bemerkungen ausländische Diplomaten schockiert. Aber das hätten sie nicht sein müssen. Syrien selbst ist eine von Psychopathen und Mördern geführte nationalsozialistische Diktatur. Nur eine kindisch naive Person kann an Syriens friedliche Absichten glauben, besonders nachdem Syrien viele Jahre damit verbracht hat, ein Arsenal an Massenvernichtungswaffen zu entwickeln - aufgebaut mit russischer Zustimmung. Durch die Aufstellung von Raketenbrigaden und Einheiten zur chemischen Kriegführung demonstriert Syrien seine militärischen Absichten und nicht seine Bereitschaft für den Frieden. Vor diesem Hintergrund bedeutet der Tod des älteren Assad nicht das Ende einer Ära der Gewalt, sondern vielmehr eine Neubelebung kriegerischer Politik durch Assads Sohn (Bashar).

Die antijüdischen Äußerungen der syrischen Führung wurden durch die Stellungnahme des irakischen Präsidenten Saddam Hussein sekundiert, die von einem irakischen Abgesandten namens Izzet Eddin Ibrahim überbracht wurde. An 22 arabische Staaten adressiert, rief der irakische Vertreter zu einer militärischen Massenmobilmachung auf, mit dem Ziel die Palästinenser zu befreien. Hussein fordert die arabische Welt auf, 'eine Armee von Männern aufzustellen, die so entschlossen sind sich selbst zu opfern wie die Zionisten um ihr Leben besorgt sind'. Er sagte, es gäbe zwischen Jordan und Mittelmeer keinen Platz für das jüdische Volk. Husseins Botschafter betonte "Wir werden bezüglich Palästina keinem Handel zustimmen".

Dem syrischen und irakischen Kriegseifer stand Ägyptens subtile Diplomatie entgegen. Diplomatischen Quellen zufolge, warnte Ägyptens Präsident Hosni Mubarak die Palästinenser im Verborgenen vor Syrien und dem Irak. Laut Mubarak führe die Kooperation mit Leuten vom Schlag eines Bashar Assad oder Saddam Hussein zu einem regionalen Krieg, mit schwerwiegenden weltweiten Folgen. In der Absicht diesen Krieg aufzuhalten bevor er beginnt, drohte Mubarak damit, die finanzielle und politische Unterstützung der Palästinenser abzubrechen, wenn sie sich weiter auf eine Allianz mit Syrien und dem Irak einließen. Mubarak warnte die Palästinenser auch vor einer Einmischung des Iran, der kürzlich erst ein weitreichendes Rüstungsabkommen mit Moskau geschlossen hatte.

Trotz dieser Warnungen aus Ägypten traf sich Palästinenserführer Arafat mit dem syrischen Präsidenten Assad für eine 45minütige Unterredung während einer Pause des Treffens der arabischen Liga. Berichten zufolge wartete er begierig auf ein Treffen mit der neuen syrischen Führung und war erfreut über die Gelegenheit sich besser kennenzulernen. Arafat bekundete außerdem für Saddam Hussein seine Unterstützung nachdem er vor kurzem sein Reservehauptquartier in der irakischen Hauptstadt errichtet hatte. Dieser Zug hatte Verärgerung in Saudi Arabien und Kuwait ausgelöst, welche beide mit der irakischen Regierung im Disput liegen. Zeitgleich zu dieser neuen Ausrichtung überging Arafat den eher gemäßigten König Abdullah von Jordanien, dadurch, daß er Palästinenser und pro-irakische Kräfte in Jordanien direkt ansprach. Der Haschemitische König muß nun zukünftig offensichtlich mit einer inneren Bedrohung rechnen.

Wie man leicht erkennen kann, ist der Kampf im Nahen Osten mehrdimensional. Zum einen gibt es den Konflikt zwischen Israel und der arabischen Welt, zum anderen eine Spaltung innerhalb der arabischen Welt selbst. Diese Teilung besteht zwischen konservativen Regierungen und revolutionären Regimen. Es scheint nicht weiter von Bedeutung zu sein worum es bei der revolutionären Ideologie geht, seien es die arabischen Sozialisten der syrischen und irakischen Ba'ath Parteien oder die islamistische Revolution im Iran und Sudan. Jede Revolution ist eine gewaltsame und zerstörerische Ideologie, welche beständige Unterstützung und Sympathie in Moskau und Peking findet. Daß China ein revolutionärer kommunistischer Staat und ein lang andauernder Vorkämpfer für Revolutionäre in der Dritten Welt ist, ist lange bekannt. Viele Jahrzehnte lang unterstützte auch Rußland die sogenannten 'nationalen Befreiungsbewegungen' in unterentwickelten Staaten.

Besonders bemerkenswert ist, daß zeitgleich mit der Annäherung zwischen arabischen und islamistischen Revolutionsregimen auch eine Annäherung zwischen Rußland und China stattfindet. Zu einer Zeit mangelnder Wachsamkeit in Amerika und falschem Optimismus, ist es genauso bemerkenswert, daß sich Rußland, das ja seine eigene kommunistische Vergangenheit angeblich überwunden hatte, nicht nur mit dem weltweit größten kommunistischen Regime annähert, sondern auch damit fortfährt 'nationale Befreiungsbewegungen' und kommunistische Kräfte weltweit zu unterstützen, wie z.B. in Angola, Kuba, Nordkorea und Vietnam.
Wenn man Syrien und den Irak früher den verlängerten Arm des Warschauer Pakts nannte, dann muß man zu dem Schluß kommen, daß aus irgendeinem Grund dieser Pakt unter Moskaus Führung weiter besteht.

Ägyptens Präsident Mubarak bezeichnet Rußlands Freunde im Nahen Osten zurecht als gefährlich für die ganze Region. Während Syrien, der Irak und Iran die Kriegstrommeln schlagen, indem sie die Palästinenser weiter in die blutige Bresche treiben, wird es deutlich, daß sie tatsächlich versuchen einen Krieg anzuzetteln. Es ist nur schwer vorstellbar, daß ein gewaltsamer Vorstoß dieser Größenordnung nicht von Moskau und Peking abgesegnet wäre.

Aber warum sollten Rußland und China zur jetzigen Zeit einen Krieg im Nahen Osten anstreben?

Zu allererst würde ein solcher Krieg zu einem Ölembargo gegen die Vereinigten Staaten führen, von dem Rußland profitieren würde. Zweitens hätte eine Ölverknappung zu einem Zeitpunkt, an dem die amerikanische Wirtschaft ohnehin schon in die Rezession abrutscht, vernichtende wirtschaftliche Auswirkungen. Das würde von einer Rezession in die Depression führen, westliche Staaten destabilisieren und konservative Politiker und Befürworter der freien Marktwirtschaft in Verruf bringen.

Wenn Amerika in einem Nahostkrieg gebunden ist, besteht außerdem die Möglichkeit, daß diese Gelegenheit vom kommunistischen Nordkorea genutzt wird um einen Angriff auf Südkorea zu starten. Es könnte für China den idealen Zeitpunkt für eine Blockade Taiwans darstellen. Zum selben Zeitpunkt könnte sich auch Serbien auf dem Balkan erneut bemerkbar machen.

Kann Amerika zeitgleich mit 4 regionalen Kriegen fertig werden?

Mit einer durch Energieknappheit versagenden Wirtschaft, mit nicht einsatzbereitem Militär und einer verärgerten Bevölkerung könnte die USA im Gefolge eines Flächenbrandes im Nahen Osten einem eigenen heimischen Zusammenbruch erliegen. Da Amerika jetzt nur von Wohlstand und Komfort zusammengehalten wird, könnte das Schwinden dieses Wohlstands einen gewaltigen inneren Kollaps auslösen. Man sollte die Tatsache nicht verkennen, daß Amerika tief geteilt ist, ideologisch und ethnisch, und, daß der Frieden nur aufrechterhalten bleibt, weil die Spannungen mit Cash beständig ruhiggehalten werden. In diesem Licht betrachtet muß man davon ausgehen, daß der Krieg im Nahen Osten letztendlich darauf abzielt, die USA zu destabilisieren. Man sollte sich ebenso vor Augen halten, daß Rußlands militärische Aufrüstung in den letzten 3 Jahren Teil eines Plans ist, in dem der Nahe Osten als Auslöser dienen könnte.

Man bedenke die kürzliche Verlegung russischer Atomwaffen nach Kaliningrad. Moskau leugnet dies zwar, aber US Nachrichtendienste haben Beweise. Könnte es in diesem Zusammenhang sein, daß Rußland zu diesem Zeitpunkt seine militärische Überlegenheit über Europa sicherstellen will, während China in Asien ganz ähnliche Schachzüge unternimmt.

Alles zusammengezählt ist es völlig sicher, daß der Konflikt im Nahen Osten eine ganze Kette verhängnisvoller Ereignisse nach sich ziehen wird. Der Ägyptische Präsident Mubarak ist daher gut beraten die Palästinenser vor einer Zusammenarbeit mit Moskaus arabischen Stellvertretern Syrien, Irak und Iran zu warnen. Wenn ein Krieg erst einmal entfacht und die Öllieferung in den Westen unterbrochen ist, könnte die ganze Welt auseinanderfallen, angefangen mit den USA.

Es steckt eine bemerkenswerte Logik dahinter, daß Syrien und der Irak gerade zum jetzigen Zeitpunkt, auf dem letzten Treffen der arabischen Liga, zu einem aggressiven Vorgehen gegen Israel aufrufen.



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